Heisskalte Glut
beschützte
und beruhigte.
Ein Licht jedoch drang durch die Dunkelheit. Bei Jimmy Jo, der
örtlichen Kneipe, war noch schwer was los. Der Schotterparkplatz war mit Autos
und Lastwagen besetzt, die Wände vibrierten von der lauten Musik. Als Gray sich
mit seiner schwarzen, schnellen Corvette näherte, schoß ein zerbeulter Jeep vom
Parkplatz auf die Straße. Quietschend gewannen die Reifen auf der
Straßenoberfläche Halt.
Gray trat voll auf die Bremse und kam
schlingernd zum Stehen. Der Jeep schleuderte zur Seite, hätte sich fast
überschlagen, dann fing er sich wieder. Grays Scheinwerfer beleuchtete die
Insassen, die sich vor Lachen den Bauch hielten. Einer fuchtelte mit einer
Bierflasche in der Hand herum, lehnte sich aus dem Fenster und schrie etwas zu
Gray hinüber.
Gray erstarrte. Er hatte die Worte nicht verstehen können, aber
die waren auch gleichgültig. Nicht gleichgültig war ihm, daß es sich bei den
Passagieren um Russ und Nicky Devlin handelte und daß sie in dieselbe Richtung
wie er fuhren, nämlich zum Landbesitz der Rouillards.
Die elenden Kerle hatten sich nicht aus dem Staub gemacht. Sie
saßen immer noch auf seinem Land.
Langsam staute sich in ihm Wut an, eine kalte, aber unbändige Wut.
Kühl beobachtete er, wie sie, an seinen Füßen beginnend, seinen Körper
hinaufwanderte und jede einzelne Faser seines Körpers zu durchdringen schien.
Sie erreichte seinen Magen, der sich zusammenzog, dann breitete sie sich in
seiner Brust aus und explodierte schließlich in seinem Kopf. Fast empfand er
diesen Zustand nach der Müdigkeit und dem seelischen Nebel als eine
Erleichterung. Seine Gedanken blieben ganz sachlich und kühl, während sein
Körper zum Bersten gespannt war.
Er wendete die Corvette und fuhr nach Prescott
zurück. Sheriff Deese würde die nächtliche Ruhestörung sicherlich nicht
gefallen. Aber Gray war ein Rouillard, und der Sheriff würde das tun, was Gray
ihm zu tun befahl. Himmel, es würde ihm sogar noch Spaß machen. Die Devlins
loszuwerden würde die Kriminalitätsrate der Gemeinde glatt halbieren.
Den ganzen Tag
über hatte Faith innerlich nicht zur Ruhe finden können. Eine unbestimmte
Vorahnung von Grauen und Verlust hatte ihr auf den Magen geschlagen, und sie
war unfähig gewesen, etwas zu essen. Scottie, der ihre Stimmung spürte, war
ängstlich und weinerlich, hielt sich ständig an ihrem Bein fest und hinderte
sie so am mechanischen Abwickeln ihrer Pflichten.
Nachdem Gray am Morgen abgefahren war, hatte sie wie betäubt zu
packen angefangen. Amos jedoch hatte ihr eine Kopfnuß verpaßt und ihr gesagt,
sie solle sich nicht so kindisch benehmen. Renee mochte wohl für ein paar Tage
verschwunden sein, aber sie würde zurückkommen. Außerdem würde der alte
Rouillard es dem jungen Sohn nicht gestatten, sie aus ihrem Haus zu vertreiben.
Trotz ihrer verzweifelten Lage wunderte sich Faith darüber, daß
ihr Vater, der ein Jahr älter als Guy war, diesen als einen alten Mann
bezeichnete.
Amos war kurze Zeit später auf der Suche nach Alkohol in seinen
Wagen gestiegen. Sowie er außer Sichtweite war, rannte Jodie in das Schlafzimmer
und durchwühlte Renees Kleiderschrank. Faith folgte ihr und beobachtete
entsetzt, wie Jodie Renees Kleider auf das Bett warf. »Was machst du denn da?«
»Mama braucht sie nicht mehr«, erwiderte
Jodie vergnügt. »Guy wird ihr lauter neue Sachen kaufen. Warum glaubst du wohl,
daß sie das alles hier zurückgelassen hat? Ich dagegen kann es sehr wohl
gebrauchen. Nie wollte sie mir eines ihrer Kleider borgen.« In dem letzten Satz
schwang Bitterkeit mit. Sie hielt ein enganliegendes gelbes Kleid hoch, das am
Halsausschnitt mit Pailletten besetzt war. An Renee hatte es dank ihrer
dunkelroten Haare sehr gut ausgesehen, zu Jodies hellorangen Locken jedoch
paßte es überhaupt nicht. »Letzte Woche hatte ich eine heiße Verabredung mit
Lane Foster und wollte das hier anziehen, aber sie hat es mir nicht gegeben«,
sagte sie vorwurfsvoll. »Ich mußte in meinem alten blauen losgehen, und das
kannte er schon.«
»Du kannst doch nicht Mamas Kleider nehmen«, protestierte Faith,
und Tränen stiegen ihr in die Augen.
Jodie warf ihr einen entnervten Blick zu. »Warum denn nicht? Sie
wird sie nicht mehr brauchen.«
»Papa meint, daß sie zurückkommt.«
Jodie bekam einen Lachanfall. »Papa kann
seinen Hintern nicht von einem Loch im Boden unterscheiden. Gray hatte schon
recht. Warum in aller Welt sollte sie zurückkommen? Nee, nee, selbst wenn
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