Heisskaltes Verlangen: Team Zero 02
zirpen. Die Sonne bahnte sich einen Weg durch die dichten Baumwipfel. Jeff hob einen Zapfen auf. Warf ihn zwischen den Händen hin und her. Es war Zeit, die Sache mit Melinda anzuschneiden, ehe sie es vergaß.
„Ähm, Melinda, eine Freundin von mir, hat mich für nächsten Freitag eingeladen. Ihr Sohn hat einen Platz in der privaten integrativen Sonderschule bekommen. Ich glaube, sie möchte das gern feiern. Bevor ich ihr zusage, wollte ich fragen, ob es dir recht ist, wenn ich …“
„Ihr Sohn ist behindert?“, fragte Jeff dazwischen und warf den Zapfen ins Gehölz.
„Er leidet unter spastischen Lähmungen.“
„Das tut mir leid.“ Er steckte die Hände in die Hosentaschen und verlangsamte die Schritte, bis sie auf gleicher Höhe waren.
„Bei der Geburt hatte sich die Nabelschnur um seinen Hals gelegt, dadurch war die Sauerstoffzufuhr unterbrochen, was eine Schädigung des zentralen Nervensystems verursacht hat. Seither ist Stephan körperlich schwerbehindert.“
Geistig war das zehnjährige Kind gesund. Nur seine Arme und Beine waren stark deformiert. Er saß im Rollstuhl und war ständig auf seine Eltern angewiesen. Melinda und Mark mussten regelmäßig zur Therapie gehen, damit seine Muskeln nicht verkümmerten. Operationen, in denen Sehnen verlängert und Knochen eingestellt wurden, unterstützten das Wachstum des Jungen. Melinda war eine starke Frau, aber manchmal bemerkte Cass, wie sie tief Luft holte und sich wünschte, es wäre in ihrem Leben anders gelaufen. Für ihr Kind. Melinda litt darunter, dass Stephan nicht wie andere Kinder draußen spielen und Rad fahren konnte. Cass konnte den Kummer verstehen und auch die Wut, die ihre Freundin deswegen oft auf Gott und die Welt hatte. Es war nicht fair.
Auf Jeffs Gesicht lag ein Ausdruck des Mitgefühls. „Deine Freundin muss ein starker Mensch sein.“
„Sie ist eine außergewöhnliche Frau.“
Gedankenverloren nickte er. Versuchte wohl, die Folgen einer solchen Behinderung abzumessen. „Nächsten Freitag sagtest du. Morgen in einer Woche. Ich begleite dich.“
„Jeff, danke. Das musst du nicht machen. Es ist okay, allein zu fahren.“ Sie wollte nicht aufdringlich sein und seinen Tagesablauf noch mehr durcheinanderbringen. Es genügte, was er für sie getan hatte und weiterhin tun würde. Tagsüber, mitten auf den Straßen unter anderen Menschen, würde wohl niemand auf sie lauern. Bis dahin war außerdem noch lange hin. Jeff hielt ihren Arm fest. Zwang sie, stehen zu bleiben.
„Ich begleite dich.“
Es sah ganz so aus, als würde er sie nicht davonkommen lassen, wie bei dem Thema mit ihren Verletzungen und der Heilerin des Teams. „Ich möchte dich nicht von deiner Arbeit abhalten.“ Sie wollte sich wenigstens erklären. Sein Gesichtsausdruck wurde weicher.
„Das tust du nicht.“
„Ach nein?“
„Nein. Wie lange kennst du Melinda schon?“
Es schien ihm zu gefallen, barfuß über den weichen Waldboden zu laufen. Ihr gefiel es, ihn unter gesenkten Lidern zu beobachten.
„Seit der High-School. Wir waren unzertrennlich, vom ersten Moment an.“
Jeff lächelte. „Will, Ray und ich kennen uns von der Militärschule. Es war auch Liebe auf den ersten Blick.“
„Du bist auf eine Militärschule gegangen?“
„Ja, mein Vater war Berufssoldat. Er wollte, dass ich in seine Fußstapfen trete. Am liebsten wäre ihm gewesen, mich bei den Marines zu wissen.“
Die Marines. Die Besten unter den Besten. Ja, dort konnte sie sich Jeff gut vorstellen. „Warum hast du ihm seinen Wunsch nicht erfüllt?“
„Weil Will Team Zero gegründet hat. Es schien mir besser unter ihm zu arbeiten, als für immer zu den Marines zu gehen. ‚Bis dass der Tod uns scheidet‘ ist dort nicht weit hergeholt. Irgendwie hatte ich mir immer gewünscht, sesshaft zu werden. Meine Mutter litt schrecklich, wenn ihr Mann für Monate im Einsatz war.“ Er zuckte mit den Schultern. „Das wollte ich meiner zukünftigen Frau nicht antun. Ich dachte immer, auch mit Team Zero Gutes bewirken zu können. Und siehe da, auch in diesem Job haben wir bisher mehr als ein Mal unseren Arsch aufs Spiel gesetzt, um anderen zu helfen. Aber die Zeitspanne, bis wir uns wieder hier im Haus einfinden, beträgt keine Monate.“
„Dein Vater ist bestimmt auch so sehr stolz auf dich.“
Jeff verzog das Gesicht. Wirkte wehmütig. Inzwischen waren sie auf einer Lichtung angekommen. Er setzte sich ins Gras. Sie ließ sich ihm gegenüber nieder. „Wir haben so gut wie keinen Kontakt
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