Heisskaltes Verlangen: Team Zero 02
selbst Entscheidungen zu treffen. Züchtigung? Mit diesem Begriff hatte sie erstmals Bekanntschaft gemacht, als sie anderen Familien begegnet war. Bei Annie hatte ein Blick genügt und Cass wusste, Mist gebaut zu haben. Dieser strafende Blick hatte mehr wehgetan, als es eine Ohrfeige getan hätte. Manchmal wäre ihr eine Ohrfeige lieber gewesen als der verletzte Ausdruck auf Annies Gesicht, weil Cass mit ihrem kindlichen Übermut zu weit gegangen war. Annie war der gütigste und warmherzigste Mensch, den sie kannte. Ohne sie gäbe es Cass heute vermutlich nicht.
Was jetzt geschehen war, war ihre Schuld, denn diese Bastarde wollten sie haben und nicht Annie. Cass musste sie finden. Sie musste alles wieder gutmachen. Sollte Annie etwas angetan worden sein … Ein Klumpen bildete sich in ihrem Magen, schnürte ihr die Kehle zu.
Jeff wartete an der Tür und beobachtete Cass, die auf den Stufen zum Garten saß. Ihre sonst so leuchtenden Augen waren matt und traurig. Ihre Schultern eingeknickt, ihre Arme umfassten die Knie, als würde sie sich an sich selbst festhalten, während sie Annies wunderschönen, aber leeren Garten betrachtete.
Er konnte ihre Pein körperlich spüren. Es machte ihn derart rasend, Cass so bekümmert zu sehen, dass er nur schwer an sich halten konnte. Er fühlte sich wie damals, als sie diese Bande erwischten, die für den Anschlag auf das Team und damit für den Tod zwei ihrer Freunde verantwortlich gewesen waren. Blanker Zorn und unbändiger Hass, die den Killer in ihm wachrüttelten und ihn jegliche Moral vergessen ließen. Er weiß noch, wie ihn der Wahnsinn gepackt hatte und er in diesen Rohbau gestürmt war. Dann war da nur noch Wills Blick, als Jeff blutüberströmt dagestanden hatte, noch immer nicht bereit, aus dem Delirium zu erwachen. Wenn Annie etwas zustieße und Cass deshalb abstürzte, würde er für nichts mehr garantieren können.
Das Haus war in einem schlimmen Zustand. Die oberen Räume waren nicht verbrannt, jedoch hatten sich auch dort Ruß und Rauch festgesetzt, sodass nichts übrig geblieben war, was nicht ruiniert wäre. Annie sagte, in ihr Haus könne nichts Schlechtes eindringen. Jemand war clever gewesen und hatte Feuer benutzt, um ihre Festung zu stürmen. Auch Will war überzeugt, jemand wusste über Annies Fähigkeiten Bescheid. Nun war davon auszugehen, dass Annie als Druckmittel gebraucht wurde, um an Cass heranzukommen. Nach dem Zusammenstoß im Wald sah Dan scheinbar keine andere Möglichkeit, als eine alte Frau zu entführen. Somit war anzunehmen, dass Dan Kontakt mit ihnen aufnehmen würde, um seine Forderungen zu stellen.
Annie gegen Cass? Keine Chance. Aber wenn Dan sie damit aus der Reserve hatte locken wollen, war ihm das gelungen. Damit war er zu weit gegangen.
„Der Helikopter steht bereit. Ray wartet auf uns. Wo ist Cass?“, fragte Will.
Jeff deutete in den Garten hinaus. Sein Freund machte ein mitfühlendes Gesicht.
„Konnte Josy schon in Annies Verstand eindringen?“, wollte Jeff wissen.
„Nein. Es klappt nicht. Entweder sie schottet sich ab oder sie befindet sich in einem schalldichten Raum.“
Oder sie war bereits tot. Das sprach jedoch niemand aus.
„Hol Cass. Wir treffen uns zu Hause“, drängte Will abermals.
„Gib mir zehn Minuten.“
Will nickte.
Wenigstens mussten sie, bis Dan sich bei ihnen meldete oder bis Josy in Annies Verstand vordringen konnte, nicht Däumchen drehen.
Die Informationen, die sie von Chad Moore erhalten hatten, brachten zwar nicht viel. Es war offensichtlich, dass er ihnen nicht traute. Gerechtfertigterweise. Jedoch konnte Ray mit den Zahlen, die Josy ihm geschickt hatte, etwas anfangen. Wenn er richtig lag, handelte es sich bei der Zahlenreihenfolge um einen Code. Die ersten Zahlen gaben ein Koordinatensystem an, die restlichen Datum und Uhrzeit. Es stand zu vermuten, dass Chad Moore und Dan sich in drei Wochen in einem alten Stollen, einem früheren Kohlebergwerk, treffen würden. Vermutlich um den Bordellbesitzer in den Plan einzuweihen. Wie die Dinge nun standen, würde das Team nicht so lange warten. Ray würde sie noch heute zu dem Stollen bringen, damit sie nach Hinweisen suchen konnten. Vorausgesetzt Dan wählte jedes Mal denselben Ort, seine geheimen Treffen abzuhalten, würden sie vielleicht auf Anhaltspunkte stoßen.
„Cass.“ Er machte einen Schritt auf sie zu, als Achak sich zu ihren Füßen niederließ.
„Wo ist sie?“, fragte Cass den Raben, der daraufhin den Kopf beugte und näher
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