Held von Garathorm
sympathisch finden konnte.
Einer der Hüter winkte ihnen oben vom Turm zu. Sein Reitflamingo stand neben ihm, und sein roter Mantel flatterte im Wind, daß Hawkmoon Mann und Tier flüchtig ein Wesen zu sein schienen. Der Hüter hob salutierend seine lange Flammenlanze, als er den Herzog beim Näherkommen erkannte, während Hawkmoon es nur mühsam fertig brachte, zurückzuwinken.
Dann blieb der Turm zurück, und sie erreichten die Straße nach Lyonesse, von der aus sie einen Blick auf die Schweizerberge hatten, von denen man behauptete, das Gift des Tragischen Jahrtausends hafte ihnen immer noch an. Diese Berge waren unpassierbar, aber ganz abgesehen davon, wollte Katinka van Bak ohnehin nach Lyonesse. Sie hatte dort Bekannte, die ihr die nötige Ausrüstung und ausreichend Proviant für den Rest der Reise besorgen konnten.
Ihr Nachtlager schlugen sie am Straßenrand auf, und als sie am frühen Morgen erwachten, war Hawkmoon von seinem nahen Tod überzeugt. Die Schmerzen des vergangenen Tages waren nichts gegen die unerträglichen Qualen, unter denen er nun litt. Katinka van Bak zeigte jedoch auch jetzt kein Erbarmen mit ihm. Sie half ihm auf sein geduldiges Pferd, ehe sie sich selbst auf ihren Hengst schwang. Dann griff sie nach dem Zügel des seinen und führte Pferd und schwankenden Reiter hinter sich her.
So ritten sie drei Tage mit kaum einer Rast, bis Hawkmoon die Kräfte völlig verließen und er ohnmächtig aus dem Sattel glitt. Es war ihm jetzt völlig gleichgültig, ob er Yisselda finden würde oder nicht. Er war auch Katinka van Bak ihres herzlosen Benehmens wegen nicht mehr böse, denn selbst dazu wäre er zu schwach gewesen. Sein ganzer Körper war ein einziger Schmerz. Wenn das Pferd sich bewegte, ließ er sich dahintragen, hielt es an, rutschte er auf den Boden. Er aß, was Katinka van Bak ihm hin und wieder zuschob. Und er schlief die paar Stunden, die sie ihm gestattete. Und dann verlor er die Besinnung.
Er erwachte einmal flüchtig, und als er die Augen öffnete, sah er seine Beine auf der anderen Seite des Pferdebauchs herunterbaumeln. Da wurde ihm klar, daß die Frau die Reise fortgesetzt und ihn über dem Sattel festgebunden hatte.
Und auf diese Weise hielt Dorian Hawkmoon, Herzog von Köln, Diener des Runenstabs und Held von Londra, Einzug in das uralte Lyon, die Hauptstadt von Lyonesse.
Als er das nächstemal erwachte, lag er in einem weichen Bett. Junge Mädchen beugten sich lächelnd über ihn und boten ihm zu essen an. Sein Verstand weigerte sich eine Weile, ihre Wirklichkeit anzuerkennen. Aber sie waren tatsächlich echt, das Essen schmeckte, und die Rast tat ihm gut.
Zwei Tage später verließ Hawkmoon unwillig, aber in bedeutend besserer Verfassung, mit Katinka van Bak die Stadt, um sich weiter auf den Weg zu den Bulgarbergen und dem Geheimnis der Vagabundenarmee zu machen.
„Langsam setzt Ihr wieder ein wenig Fleisch an, Freund", brummte Katinka van Bak eines Morgens, als sie durch ein sanftes Hügelland ritten, das die strahlende Sonne in ein leuchtendes Grün tauchte. Sie ritt nun neben ihm, da es nicht länger nötig war, sein Pferd am Zügel zu führen. Sie schlug ihm kräftig auf die Schulter. „Ihr habt stabile Knochen. Euch fehlte nichts, was nicht wieder aufgepäppelt werden konnte, wie Ihr zugeben müßt."
„Die Gesundheit durch solche Torturen wiederzuerlangen, Madam", sagte Hawkmoon stöhnend, „ist nicht sehr erstrebenswert."
„Ihr werdet mir noch dankbar sein."
„Ich muß Euch ehrlich gestehen, Katinka van Bak, daß ich mir da nicht so sicher bin."
Da erschallte Katinka van Baks herzhaftes Lachen, und sie gab ihrem Hengst die Sporen, damit er sich auf dem schmalen Feldweg ein bißchen beeile.
Aber Hawkmoon mußte insgeheim selbst zugeben, daß seine Knochen bei weitem nicht mehr so schmerzten, und daß er bereits die ausgedehntesten Tagesritte ohne größere Schwierigkeiten durchstand. Hin und wieder machte sein Magen ihm noch zu schaffen, und er war bei weitem nicht so kräftig und ausdauernd wie früher, aber er begann bereits, Freude an seiner Umgebung, ihrer Schönheit, dem würzigen Duft und dem Gesang der Vögel zu empfinden. Er staunte, wie wenig Schlaf Katinka van Bak zu brauchen schien. Sie ritt gewöhnlich bis in die tiefe Nacht hinein, bis sie sich endlich entschloß, ihr Nachtlager aufzuschlagen. Sie kamen infolgedessen zwar schnell voran, aber Hawkmoon überwand nie ganz seine Müdigkeit.
Der zweite, größere Abschnitt ihrer Reise begann,
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