Held von Garathorm
als sie das Territorium des Herzogs Mikael von Bazhel erreichten. Herzog Mikael war ein entfernter Verwandter von Hawkmoon, und Katinka van Bak hatte während einer Auseinandersetzung seinerseits mit einem anderen Verwandten, dem jetzt lange toten Thronschleicher von Straßburg, für ihn gekämpft. Während der Besetzung seiner Gebiete durch das Dunkle Imperium war Herzog Mikael den schlimmsten Demütigungen ausgesetzt gewesen, von denen er sich bis jetzt noch nicht erholt hatte. Er war dadurch ausgesprochen menschenfeindlich geworden, so daß jetzt seine Frau die Regierungsobliegenheiten für ihn übernommen hatte. Sie hieß Julia von Padova und war die Tochter des Verräters von Italien, Enric, der einen Pakt mit dem Dunklen Imperium gegen seine Landsleute geschlossen hatte und trotzdem von den Tierlords niedergemetzelt worden war. Vielleicht gerade weil ihr der gemeine Verrat ihres Vaters bewußt war, herrschte Julia von Padova gut und mit relativer Gerechtigkeit über die Provinz. Hawkmoon machte zu Katinka van Bak einige Bemerkungen über die offensichtliche Wohlhabenheit des Landes. Guternährte Rinder grasten auf den saftigen Weiden. Die Bauernhäuser waren sauber und weiß getüncht und hatten die in diesem Landstrich üblichen holzverkleideten Giebel, die zum Teil kunstvoll geschnitzt waren.
Aber als sie nach Bazhel, der Hauptstadt, kamen, empfing Julia von Padova sie nur mit mäßiger Freundlichkeit, und ihre Gastlichkeit hielt sich in Maßen. Sie schien offensichtlich nicht gern an die alten finsteren Tage erinnert zu werden, als das Dunkle Imperium über ganz Europa geherrscht hatte. Deshalb war sie nicht erfreut, Hawkmoon zu sehen, denn gerade er hatte ja eine so bedeutende Rolle als Feind des Imperiums gespielt, daß seine Anwesenheit unvermeidbar böse Erinnerungen heraufbeschwor - an die Demütigung ihres Gatten und den Verrat ihres Vaters.
Deshalb blieben Katinka van Bak und Hawkmoon auch nicht lange in Bazhel, sondern ritten weiter nach Munchein, wo der alte Prinz sie mit Geschenken schier überschüttete und sie anflehte, ein wenig länger zu bleiben und ihm von ihren Abenteuern zu erzählen. Abgesehen von ihrer Warnung vor der Vagabundenarmee und einem Bericht der Greuel, die von den Bulgarbergen ausgingen (den der Prinz mit Skepsis aufnahm), erwähnten sie nichts von ihren Absichten. Jedenfalls trennten sie sich nur ungern von ihm. Mit besseren Waffen als ihren alten und auch besserer Kleidung zogen sie weiter. Hawkmoon hatte allerdings seinen schweren Lederumhang behalten, denn der nahende Winter machte sich immer bemerkbarer.
Als Dorian Hawkmoon und Katinka van Bak in Linz ankamen, das jetzt eine Republik war, sanken bereits die ersten Schneeflocken auf die Straßen der kleinen hölzernen Stadt herab, die statt der alten, völlig von den Armeen Granbretaniens vernichteten aufgebaut worden war.
„Wir müssen unbedingt schneller vorankommen", mahnte Katinka van Bak, während sie in der Wirtstube eines sauberen Gasthauses nahe des Hauptplatzes ein Mahl zu sich nahmen. „Sonst kommen wir nicht mehr über die Pässe, und unsere ganze Reise war umsonst."
„Ich weiß nicht, ob sie nicht ohnehin umsonst war", murmelte Hawkmoon und nippte genußvoll an seinem dampfenden Glühwein. Er erinnerte nun in nichts mehr an jene Kreatur, die er auf Burg Brass geworden war, und sah nun wieder so aus wie vor dieser Zeit, so daß alle seine alten Freunde ihn sofort erkannt hätten. Sein Gesicht war stark und fest. Die Muskeln zeichneten sich unter seinem Seidenhemd ab. Seine Augen glänzten nicht weniger als sein langes helles Haar.
„Ihr meint, Ihr zweifelt jetzt daran, daß Ihr Yisselda finden werdet?"
„Das auch. Aber ich frage mich, ob diese Vagabundenarmee wirklich so stark ist, wie Ihr glaubt. Vielleicht war es reines Glück und purer Zufall, daß sie Eure Truppen so schnell und vollkommen niedermachen konnten."
„Wie kommt Ihr plötzlich darauf?"
„Weil wir überhaupt nichts davon gehört haben, nicht einmal einen Hauch von Gerüchten, daß eine solche Armee von den Bulgarbergen aus operiert."
„Ich habe sie gesehen", erinnerte ihn Katinka van Bak. „Sie ist gewaltig! Das müßt Ihr mir glauben! Und sie ist mächtig - unaufhaltbar, fürchte ich, wenn sie es vorhaben sollte, die ganze Welt zu erobern. Auch das dürft Ihr mir glauben."
Hawkmoon zuckte die Schultern. „Ich glaube Euch ja, Katinka van Bak. Aber ich finde es merkwürdig, daß man nicht das geringste über sie hört. Wenn wir
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