Held von Garathorm
wie an eine solche Menge derartiger Waffen heranzukommen?"
„Dazu müßten wir nach Virinthorm hineingelangen", murmelte Ilian. Sie erhob sich, streckte, vor Schmerz leicht zusammenzuckend, ihre mit Blutergüssen überzogenen Glieder aus. Sie hatte ihren Kettenpanzer gegen einen grünen Kittel ausgetauscht, wie ihn die anderen trugen. Sie hatte alles getan, um ihren früheren Freunden zu zeigen, daß sie nichts mehr begehrte, denn als eine von ihnen anerkannt zu werden. „Dort können wir solche Waffen finden."
„Und den Tod!" warf Lyfeth ein. „Zweifellos wartet dort der Tod auf uns."
„Wir müßten natürlich alles tun, daß man uns nicht entdeckt!" Katinka van Bak strich sich über die Lippen.
„Besser noch", meinte Jhary-a-Conel, „wir schaffen die Waffen zu uns."
„Was soll das heißen?" fragte ihn Ilian erstaunt.
5.
EINBRUCH IN VIRINTHORM
Sie waren acht. Ilian schritt den anderen voraus. Sie trug nun wieder ihren glänzenden Kettenpanzer und den Helm über dem goldenen Haar, dazu das schmale Schwert in den behandschuhten Fingern.
Über die breiten Äste der hohen Bäume führte sie die sieben, als befände sie sich auf festem Boden, denn die Baumwege waren ihr von Kindheit an vertraut.
Virinthorm lag vor ihnen.
Über den Rücken hatte sie sich eine der beiden Flammenlanzen geschlungen. Die andere war mit Katinka van Bak im Lager zurückgeblieben.
Ilian hielt an, als sie den Außenbezirk von Virinthorm erreichten und sie die Eroberer auf den Straßen der Stadt sehen konnten.
Virinthorm war seit der Übernahme durch Ymryls Armee in verschiedene Lager aufgegliedert, und in jedem Lager hatte sich eine bestimmte Gruppe von Menschen und anderen Kreaturen aus ähnlichen Ären oder Welten, oder solche Wesen, die sich körperlich ähnlich waren, zusammengefunden.
Das Lager, das Ilian und ihre kleine Gruppe jetzt auskundschafteten, war von ihr extra dafür ausgewählt worden. In ihm hausten Krieger, die in vielerlei Hinsicht den Menschen ähnlich, aber doch keine Menschen waren.
Die Züge dieser Geschöpfe - die aus verschiedenen Raumzeitgefügen gerissen und hierher versetzt worden waren - waren Ilian vertraut. Und nun, da sie sie näher betrachtete und beobachtete, fiel es ihr schwer, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Sie waren alle groß und schlank und gut gewachsen, hatten schillernde, mandelförmige Augen mit gelber oder blauer Pupille und purpurner oder silberner Iris, breite, volle Lippen, und eine intensiv rosige, seltsam goldgesprenkelte Haut. Sie bewegten sich mit einer Grazie, die den menschlichen Gang wie das Watscheln einer Ente erscheinen ließ. Zweifellos entstammten sie einer stolzen und intelligenten Rasse, und es war offenkundig, daß sie nichts mit den anderen zu tun haben wollten. Ilian wußte aber auch, daß gerade sie von allen Invasoren am grausamsten vorgehen konnten.
„Nennt sie die Älteren, oder Vadhagh, oder Melniboneaner", hatte Jhary-a-Conel zu ihr gesagt, „aber vergeßt nicht, daß sie alle von Grund auf verderbt sind, sonst hätten sie sich nicht mit Ymryl zusammengetan, und daß sie dem Chaos aus freiem Willen dienen, genau wie Ymryl. Gestattet Euch kein Bedauern für sie."
Ilian zog die Flammenlanze von ihrem Rücken und bahnte sich einen Weg zur gegenüberliegenden Seite der Enklave dieser Nichtmenschen. Auf dieser Seite hatte sich nämlich ein Trupp von Kriegern zusammengetan, die alle gegen Ende des Tragischen Jahrtausends oder unmittelbar danach geboren waren. Als Gruppe waren sie eine der bestbewaffneten. Jeder von ihnen hatte zumindest eine Flammenlanze.
Bis zur Abenddämmerung war noch etwa eine Stunde. Ilian hatte die Zeit richtig ausgesucht. Aufs Geratewohl richtete sie ihre Flammenlanze auf einen der nichtmenschlichen Krieger mit einer Sicherheit und Geschicklichkeit, die sie eigentlich gar nicht haben durfte, und drückte auf den Juwelenknopf. Sofort schoß ein Strahl roten Lichtes aus der Rubinspitze und brannte ein Loch durch Harnisch, Brust und Rücken des Getroffenen. Dann nahm Ilian den Finger vom Knopf und zog sich zwischen das dichtere Laubwerk zurück, um zu beobachten, was nun geschehen würde.
Schon hatte sich eine große Menge der Krieger um den Toten versammelt. Viele der fremdartigen Männer deuteten auf das anschließende Lager.
Schwerter glitten aus ihren Hüllen. Ilian hörte Flüche, ein wütendes Durcheinanderrufen. Bis jetzt ging alles nach Plan. Die Nichtmenschlichen waren offenbar zu dem Schluß gekommen, daß einer von den
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