Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
zu belästigen. Nein, er würde auch nicht früher nach Hause kommen.
In der dritten Nacht brannte Annabeth durch.
Später, im Camp Half-Blood, erfuhr sie, dass alle Kinder der Athene sich vor Spinnen fürchten. Vor langer Zeit hatte Athene der sterblichen Weberin Arachne eine gemeine Lehre erteilt – sie hatte sie in die erste Spinne aller Zeiten verwandelt, um sie für ihren Stolz zu strafen. Und seither hassten die Spinnen die Kinder der Athene.
Aber das machte es Annabeth nicht leichter, mit ihrer Angst umzugehen. Einmal hätte sie Connor Stoll im Camp fast umgebracht, weil er eine Tarantel in ihr Bett gesetzt hatte. Jahre später hatte sie in einem Wasserpark in Denver fast einen Panikanfall erlitten, als sie und Percy von mechanischen Spinnen angegriffen worden waren. Und in den vergangenen Wochen hatte Annabeth fast jede Nacht von Spinnen geträumt – die auf ihr herumkrochen, sie erstickten, sie in ihre Netze wickelten.
Und jetzt, in den Kasernen von Fort Sumter, war sie umzingelt. Ihre Albträume waren wahr geworden.
Eine schläfrige Stimme murmelte in ihrem Kopf: Bald, meine Liebe. Bald wirst du der Weberin begegnen.
»Gaia?«, murmelte Annabeth. Sie fürchtete sich vor der Antwort, fragte jedoch: »Wer … Wer ist die Weberin?«
Die Spinnen gerieten in Erregung, schwärmten über die Wände, wirbelten um Annabeths Füße wie ein glitzernder schwarzer Strudel. Nur die Hoffnung, es könnte eine Illusion sein, verhinderte, dass Annabeth vor Angst in Ohnmacht fiel.
Ich hoffe, du überlebst, Kind, sagte die Frauenstimme. Ich hätte lieber dich als mein Opfer. Aber die Weberin muss ja schließlich Rache nehmen dürfen …
Gaias Stimme verklang. Ganz hinten an der Wand, im Zentrum des Spinnenschwarms, leuchtete ein rotes Symbol auf: Eine Eule, wie die auf den Silberdrachmen, starrte Annabeth ins Gesicht. Dann, genau wie in ihren Albträumen, brannte sich das Zeichen der Athene durch die Mauer und verwandelte die Spinnen in Asche, bis es im Raum nichts mehr gab außer dem widerlich süßen Gestank der verbrannten Körper.
Geh, sagte eine neue Stimme – die von Annabeths Mutter. Räche mich. Folge dem Zeichen.
Das lodernde Symbol der Eule verblasste. Die Tür sprang auf. Annabeth stand verwirrt mitten in der Kammer und wusste nicht, ob sie etwas Wirkliches oder nur eine Vision gesehen hatte.
Eine Explosion ließ das Gebäude erbeben. Annabeth fiel ein, dass ihre Freunde in Gefahr waren. Sie war schon viel zu lange hier.
Sie riss sich los. Noch immer zitternd stolperte sie hinaus. Die Meeresluft half ihr, klarer zu denken. Sie schaute über den Hof, vorbei an den verängstigten Besuchern und den kämpfenden Halbgöttern, zum Ende der Befestigungsmauern, wo eine riesige Kanone aufs Meer wies.
Es mochte Einbildung sein, aber Annabeth hatte den Eindruck, dass die alte Artilleriewaffe rot glühte. Annabeth rannte darauf zu. Ein Adler stieß auf sie herab, aber sie wich aus und rannte weiter. Nichts konnte ihr größere Angst machen als die Spinnen.
Römische Halbgötter waren in Stellung gegangen und rückten auf die Argo II zu, aber ein Miniatursturm braute sich über ihren Köpfen zusammen. Obwohl es ein klarer Tag war, grollte Donner und Blitze jagten über die Römer hinweg. Regen und Wind trieben sie zurück.
Annabeth ließ sich keine Zeit, darüber nachzudenken.
Sie war bei der Kanone angekommen und legte die Hand auf die Mündung. Auf dem Metallstück, das die Öffnung versperrte, leuchtete das Zeichen der Athene auf – die roten Umrisse einer Eule.
»In der Kanone«, sagte Annabeth. »Natürlich.«
Sie betastete den Verschluss. Kein Glück. Fluchend zog sie den Dolch. Sowie die Himmlische Bronze den Verschluss berührte, schrumpfte er und lockerte sich. Annabeth zog ihn heraus und schob die Hand in die Kanone.
Ihre Finger berührten etwas Kaltes, Glattes und Metallisches. Sie zog eine kleine Bronzescheibe von der Größe einer Untertasse heraus, in die feine Buchstaben und Zeichen eingeätzt waren. Sie beschloss, sich das alles später anzusehen, steckte die Scheibe in den Rucksack und drehte sich um.
»Hast du es eilig?«, fragte Reyna.
Die Prätorin stand nur drei Meter von ihr entfernt, in voller Kampfmontur, mit einem goldenen Wurfspeer in der Hand. Ihre beiden Metallhunde knurrten neben ihr.
Annabeth sah sich um. Sie waren mehr oder weniger allein. Der Kampf hatte sich in Richtung Hafenanlagen verlagert. Sie hoffte, dass ihre Freunde an Bord gelangt waren, aber sie würden
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