Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
einfach ein Springbrunnen, aber er kam ihm unangenehm bekannt vor. Zwei Monolithe erhoben sich an beiden Enden eines länglichen Wasserbeckens aus Granit. Die Monolithe schienen aus Videoschirmen gebaut zu sein und zeigten zusammen ein riesiges Gesicht, das Wasser in das Becken spie.
Vielleicht war es ja nur ein Zufall, aber das Ganze sah aus wie eine High-Tech-XXL-Version des zerstörten Wasserbeckens, das Jason in seinen Träumen gesehen hatte, das Becken, aus dem an beiden Enden diese zwei dunklen Objekte aufgeragt hatten. Vor Jasons Augen verwandelte sich das Bild auf den Schirmen jetzt in das Gesicht einer Frau mit geschlossenen Augen.
»Leo …«, sagte er nervös.
»Ich sehe sie«, sagte Leo. »Es passt mir rein gar nicht, aber ich sehe sie.«
Dann wurden die Bildschirme schwarz. Die Venti schlossen sich zu einer einzigen Windhose zusammen, schossen über den Springbrunnen hinweg und ließen das Wasser zu den Monolithen aufstieben. Dann rissen sie einen Gullydeckel in der Mitte des Brunnens hoch und verschwanden im Boden.
»Sind sie einfach in einen Abwasserkanal geflogen?«, fragte Piper. »Wie sollen wir ihnen denn dann folgen?«
»Vielleicht sollen wir das gar nicht«, sagte Leo. »Dieses Brunnendings macht mir eine ganz schöne Gänsehaut. Und sollen wir uns nicht, na ja, vor der Erde hüten?«
Jason ging es genauso, aber sie mussten den Sturmgeistern folgen. Das war ihre einzige Möglichkeit. Sie mussten Hera finden, und jetzt waren es nur noch zwei Tage bis zur Sonnenwende.
»Setz uns im Park ab«, sagte er. »Wir sehen mal zu Fuß nach.«
Festus landete auf einem offenen Gelände zwischen dem See und der Stadt. Auf Schildern stand »Grand Park« und Jason stellte sich vor, dass es hier im Sommer schön sein könnte. Jetzt aber war der Park ein Feld aus Eis, Schnee und mit Salz bestreuten Gehwegen. Das heiße Metall des Drachen zischte, als sie den Boden berührten. Festus schlug unglücklich mit den Flügeln und spie Feuer in den Himmel, aber niemand war in der Nähe, der das hätte beobachten können. Der Wind, der vom See kam, war bitterkalt. Jeder vernünftige Mensch wäre im Haus geblieben. Jasons Augen brannten so sehr, dass er kaum sehen konnte.
Sie stiegen ab und Festus der Drache stampfte mit den Füßen auf. Eines seiner Rubinaugen flackerte und er sah aus, als ob er zwinkerte.
»Ist das normal?«, fragte Jason.
Leo zog einen Gummihammer aus seinem Werkzeuggürtel. Er schlug damit auf das flackernde Auge des Drachen und das Licht wurde wieder normal. »Ja«, sagte Leo. »Festus kann nicht hierbleiben, mitten im Park. Er würde wegen Herumlungerns verhaftet werden. Vielleicht, wenn ich eine Hundepfeife hätte …«
Er wühlte in seinem Werkzeuggürtel, fand aber nichts.
»Zu speziell?«, fragte er. »Na gut, dann gib mir eine Trillerpfeife. Die gibt es doch in vielen Werkzeugläden.«
Diesmal zog Leo eine große orangefarbene Trillerpfeife aus Kunststoff hervor. »Trainer Hedge wäre neidisch! Also, Festus, hör zu.« Leo stieß einen Pfiff aus. Das schrille Geräusch war vermutlich überall am Michigansee zu hören. »Wenn du das hörst, dann kommt zu mir, okay? Bis dahin kannst du fliegen, wohin du willst, versuch nur, keine Fußgänger zu grillen.«
Der Drache schnaubte – hoffentlich zustimmend. Dann breitete er die Flügel aus und hob ab.
Piper machte einen Schritt und jammerte: »Ah!«
»Dein Knöchel?« Jason hatte ein schlechtes Gewissen, weil er vergessen hatte, dass sie sich in der Fabrik der Zyklopen verletzt hatte. »Vielleicht lässt die Wirkung des Nektars nach.«
»Ist schon gut.« Sie zitterte und Jason dachte an sein Versprechen, ihr eine neue Snowboardingjacke zu besorgen. Er hoffte, er würde dafür noch lange genug leben. Sie machte noch ein paar Schritte und humpelte dabei nur leicht, aber Jason sah genau, dass sie sich alle Mühe gab, keine Grimassen zu schneiden.
»Lass uns aus dem Wind weggehen«, schlug er vor.
»In die Abwässerkanäle?« Piper schüttelte sich. »Klingt gemütlich.«
Sie wickelten sich so gut ein, wie sie konnten, und steuerten den Springbrunnen an.
Auf einer Tafel stand, dass der Springbrunnen »Kronbrunnen« hieß. Alles Wasser war abgepumpt worden, bis auf einige kleine Lachen, auf denen sich eine dünne Eisschicht bildete. Jason kam es ohnehin nicht richtig vor, im Winter Wasser im Brunnen zu lassen. Aber diese riesigen Bildschirme hatten doch das Gesicht ihrer mysteriösen Feindin, der Erdfrau, gezeigt! Nichts hier war
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