Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
gefiel ihm besser – eine, mit der er rumhängen konnte. Aber das Komische war, dass er sich dieses andere Bild von ihr nie ganz aus dem Kopf schlagen konnte. Es war keine Illusion gewesen. Auch diese Seite von Piper war vorhanden. Sie gab sich nur alle Mühe, sie zu verbergen.
»In der Fabrik«, sagte Jason, »da wolltest du gerade etwas über deinen Dad sagen.«
Sie ließ einen Finger über die Klinker wandern, fast, als ob sie einen Schrei aufschrieb, den sie nicht rauslassen wollte. »Wirklich?«
»Piper«, sagte er. »Er steckt irgendwie in Schwierigkeiten, oder?«
Über dem Feuer rührte Leo zischende Paprika und Fleischstücke in einer Pfanne um. »Jawohl, Baby. Fast fertig.«
Piper schien mit den Tränen zu kämpfen. »Jason … ich kann nicht darüber reden.«
»Wir sind deine Freunde. Lass uns helfen.«
Bei diesen Worten schien sie sich noch elender zu fühlen. Sie holte zitternd Atem. »Ich wünschte, das wäre möglich, aber …«
»Und bingo!«, verkündete Leo.
Er brachte drei Teller, die er wie ein Kellner auf seinen Arm gestapelt hatte. Jason hatte keine Ahnung, woher er so viel Essen nahm und wie er so schnell diese Mahlzeit zu Stande gebracht hatte, aber es sah umwerfend aus: Paprika-Rindfleisch-Tacos mit Pommes und Salsa.
»Leo«, sagte Piper überrascht. »Wie hast du …«
»Spitzenkoch Leos Taco-Garage hat genau das Richtige für Sie!«, sagte er stolz. »Und ganz nebenbei, das ist Tofu, kein Rindfleisch, Schönheitskönigin, also krieg keinen hysterischen Anfall. Hau einfach rein.«
Jason wusste nicht so recht, was er von Tofu halten sollte, aber die Tacos schmeckten so gut, wie sie rochen. Beim Essen versuchte Leo, die Stimmung ein wenig aufzulockern und Witze zu reißen. Jason war dankbar, dass Leo bei ihnen war. Das machte das Zusammensein mit Piper ein bisschen weniger angespannt und unbehaglich. Zugleich wünschte er sich auch, mit ihr allein zu sein, aber er machte sich Vorwürfe, weil er so empfand.
Nach dem Essen riet Jason Piper, eine Runde zu schlafen. Ohne ein weiteres Wort rollte sie sich zusammen und legte ihren Kopf in seinen Schoß. Zwei Sekunden später schnarchte sie schon.
Jason schaute zu Leo hoch, der sich offensichtlich bemühte, sich das Lachen zu verkneifen.
Sie schwiegen einige Minuten und tranken Limonade, die Leo aus Wasser aus dem Kanister und einem Pulver hergestellt hatte.
»Gut, was?« Leo grinste.
»Du solltest einen Kiosk aufmachen«, sagte Jason. »Da könntest du echt Geld verdienen.«
Aber als er in die schwelende Asche starrte, fingen seine Gedanken wieder an zu kreisen. »Leo … das mit dem Feuer, das du machen kannst … stimmt das?«
Leos Lächeln verflog. »Na ja, schon …« Er öffnete die Hand. Eine kleine Feuerkugel erwachte zum Leben und tanzte über seine Handfläche.
»Das ist einfach super«, sagte Jason. »Warum hast du nichts davon gesagt?«
Leo schloss die Hand und das Feuer erlosch. »Ich wollte nicht wie ein Freak wirken.«
»Ich habe Macht über Blitze und Winde«, erinnerte ihn Jason. »Piper kann von einem Moment auf den anderen schön werden und Leute dazu überreden, ihr BMWs zu schenken. Du bist kein größerer Freak als wir. Und he, vielleicht kannst du ja auch fliegen. Von einem Gebäude springen und rufen: ›Feurio, es brennt!‹«
Leo schnaubte. »Wenn ich das machte, würdest du einen flammenden Typen sehen, der in den Tod stürzt, und ich würde etwas Heftigeres rufen als ›Feurio!‹. Glaub mir, in der Hephaistos-Hütte gelten Feuerkräfte als ziemlich uncool. Nyssa hat mir gesagt, dass sie ungeheuer selten sind. Wenn ein Halbgott wie ich auftaucht, passieren schlimme Dinge. Wirklich schlimme Dinge.«
»Vielleicht ist es andersrum«, überlegte Jason. »Vielleicht tauchen Leute mit besonderen Begabungen immer dann auf, wenn schlimme Dinge passieren, weil sie dann besonders gebraucht werden.«
Leo räumte die Teller weg. »Vielleicht. Aber ich kann dir sagen … es ist nicht immer ein Geschenk.«
Jason verstummte. Dann fragte er: »Du redest von deiner Mom, oder? Von der Nacht, als sie gestorben ist.«
Leo gab keine Antwort. Aber das war auch nicht nötig. Die Tatsache, dass er schwieg und keine Witze riss – die sagte Jason genug.
»Leo, ihr Tod war nicht deine Schuld. Was immer in dieser Nacht passiert ist – es hat nicht daran gelegen, dass du Feuer heraufbeschwören kannst. Diese Erdfrau, wer immer sie sein mag, versucht seit Jahren, dich kaputtzumachen, dein Selbstvertrauen zu
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