Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
unterbieten. Ich kann von einem Moment zum anderen eine große Auswahl an Goldgegenständen produzieren.«
»Aber …« Piper schüttelte verwirrt den Kopf. »Eure Majestät, Ihr habt das mit der goldenen Berührung doch aufgegeben?«
Der König machte ein überraschtes Gesicht. »Ach ja?«
»Ja«, sagte Piper. »Ihr hattet diese Gabe von irgendeinem Gott bekommen …«
»Dionysos«, sagte der König fröhlich. »Ich hatte einen seiner Satyrn gerettet und als Gegenleistung versprach der Gott, mir einen Wunsch zu erfüllen. Ich habe mich für die Fähigkeit entschieden, durch meine Berührung Dinge zu Gold machen zu können.«
»Aber ihr habt aus Versehen Eure eigene Tochter in Gold verwandelt«, sagte Piper. »Und Ihr saht ein, wie gierig Ihr gewesen wart. Also habt Ihr bereut.«
»Bereut!« König Midas sah Lit ungläubig an. »Siehst du, mein Sohn? Man braucht ihnen nur für ein paar Tausend Jahre den Rücken zu kehren, und schon wird die Geschichte auf den Kopf gestellt. Meine Liebe, behaupten diese Geschichten wirklich, ich hätte meine magische Fähigkeit wieder verloren?«
»Na ja, das nicht. Es heißt nur, Ihr hättet gelernt, wie ihr die Sache mit fließendem Wasser umkehren könnt, und Ihr hättet Eure Tochter ins Leben zurückgeholt.«
»Das stimmt ja auch. Manchmal muss ich meine Berührung noch immer umkehren. Es gibt hier im Haus kein fließend Wasser, weil ich keine Unfälle riskieren will« – er zeigte auf seine Statuen –, »aber für alle Fälle wohnen wir an einem Fluss. Manchmal vergesse ich die Sache und klopfe Lit auf die Schulter …«
Lit wich einige Schritte zurück. »Das finde ich schrecklich.«
»Ich hab dir doch gesagt, dass es mir leidtut, mein Sohn. Wie auch immer, Gold ist jedenfalls wundervoll. Warum sollte ich das aufgeben?«
»Na ja …« Piper wusste nicht mehr weiter. »Ist das denn nicht die Moral von der Geschichte? Dass Ihr Eure Lektion gelernt hattet?«
Midas lachte. »Meine Liebe, darf ich mal kurz in deinen Rucksack schauen? Wirf ihn doch mal her.«
Piper zögerte, wollte den König aber nicht verärgern. Sie leerte den Rucksack aus und warf ihn Midas zu. Sowie er den Rucksack auffing, verwandelte der sich in Gold, es sah aus, als bilde sich Reif auf dem Stoff. Der Rucksack sah noch immer flexibel und weich aus, war aber eindeutig aus Gold. Der König warf ihn zurück.
»Wie du siehst, kann ich noch immer alles in Gold verwandeln«, sagte Midas. »Außerdem ist der Rucksack jetzt magisch. Na, mach schon – steck eure kleinen bösen Sturmgeister da rein.«
»Echt?« Plötzlich war Leos Interesse geweckt. Er nahm Piper den Rucksack ab und hielt ihn vor den Käfig. Kaum hatte er den Reißverschluss geöffnet, da zitterten und heulten die Winde empört. Die Gitterstäbe bebten. Die Tür des Käfigs sprang auf und die Winde wurden in den Rucksack gesaugt. Leo zog den Reißverschluss zu und grinste. »Ganz schön cool. Muss ich zugeben.«
»Seht ihr«, sagte Midas. »Meine goldene Berührung ein Fluch? Also bitte. Ich habe meine Lektion nicht gelernt und das Leben ist keine Sage, Mädchen. Ehrlich gesagt war meine Tochter Zoe als Goldstatue viel angenehmer.«
»Sie hat sehr viel geredet«, sagte Lit zustimmend.
»Genau. Also habe ich sie wieder in Gold verwandelt.« Midas zeigte in eine Ecke. Dort stand die goldene Statue eines Mädchens mit schockierter Miene, als dächte sie: Aber Dad!
»Das ist doch schrecklich!«, sagte Piper.
»Unsinn. Ihr macht das nichts aus. Und außerdem, wenn ich meine Lektion gelernt hätte, hätte ich dann die hier?«
Midas zog seine überdimensionale Nachtmütze vom Kopf und Jason wusste nicht, ob er lachen oder sich übergeben sollte. Aus Midas’ weißen Haaren ragten lange graue Ohren hervor – wie Hasenohren, aber es waren keine. Es waren Eselsohren.
»Oh, Mann«, sagte Leo. »Das musste ich nicht unbedingt sehen.«
»Schrecklich, was?« Midas seufzte. »Einige Jahre nach der Sache mit dem Gold war ich Richter bei einem Wettsingen zwischen Apollo und Pan und ich habe Pan zum Sieger erklärt. Apollo, dieser schlechte Verlierer, sagte, ich hätte ja wohl Eselsohren, und voilà. Das war die Belohnung für meine Ehrlichkeit. Ich habe versucht, sie geheim zu halten. Nur mein Barbier wusste davon, aber der konnte den Mund nicht halten.« Midas zeigte auf eine andere goldene Statue – ein Mann in einer Toga mit einer Schere in der Hand. »Das ist er. Der verrät kein Geheimnis mehr.«
Der König lächelte. Plötzlich
Weitere Kostenlose Bücher