Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
verdutzt auf. Dann lachte er so plötzlich auf, dass Jason fast in den Abgrund gestolpert wäre. »Soll das heißen, du bist diesmal auf Wunsch deines Vaters gekommen? Na endlich! Ich wusste doch, dass sie jemanden schicken würden, um meine Verträge neu zu verhandeln.«
»Äh, was?«, fragte Jason.
»Den Göttern sei Dank!« Aeolus seufzte vor Erleichterung. »Es ist jetzt – wie lange? Dreitausend Jahre her, dass Zeus mich zum Herrn der Winde gemacht hat. Nicht, dass ich undankbar wäre, das natürlich nicht. Aber mal im Ernst, mein Vertrag ist so vage. Offenbar bin ich unsterblich, aber Herr der Winde? Was bedeutet das? Bin ich ein Naturgeist? Ein Halbgott? Ein Gott? Ich wäre gern der Gott der Winde, denn die Vorteile sind so viel größer. Können wir damit anfangen?«
Jason sah seine Freunde verwirrt an.
»He«, sagte Leo, »Ihr glaubt, wir seien hier, um Euch zu befördern?«
»Es stimmt also?« Aeolus grinste. Sein Anzug wurde tiefblau – nicht eine einzige Wolke war zu sehen. »Wunderbar! Ich glaub, ich war ganz schön innovativ mit dem Wetterkanal, oder? Und dann werde ich natürlich dauernd in den Medien erwähnt. Und alle diese Bücher, die über mich geschrieben worden sind: Denn der Wind kann nicht lesen, Wind im Mond, Der Wind in den Weiden, Vom Winde verweht …«
»Äh, ich glaube, die handeln nicht von Euch«, sagte Jason, ehe er sah, dass Mellie den Kopf schüttelte.
»Unsinn«, sagte Aeolus. »Mellie, das sind doch Biografien über mich, oder?«
»Aber sicher doch, Sir«, sagte sie mit brüchiger Stimme.
»Da habt ihr es. Ich selbst lese ja nicht. Wer hat schon die Zeit dazu? Aber die Sterblichen lieben mich offenbar. Also ändern wir meinen offiziellen Titel zu ›Gott der Winde‹. Und was mein Gehalt und die Angestellten angeht …«
»Sir«, sagte Jason. »Wir kommen nicht vom Olymp.«
Aeolus blinzelte. »Aber …«
»Ich bin der Sohn des Zeus, das schon«, sagte Jason, »aber wir sind nicht hier, um über Euren Vertrag zu verhandeln. Wir haben einen Auftrag zu erledigen und brauchen Eure Hilfe.« Das Gesicht des Aeolus verhärtete sich. »Wie beim letzten Mal? Wie jeder Held, der herkommt? Halbgötter! Ihr denkt auch nur an euch selbst, oder?«
»Sir, bitte, ich kann mich an das letzte Mal nicht erinnern, aber wenn Ihr mir schon einmal geholfen habt …«
»Ich helfe immer. Na ja, manchmal zerstöre ich auch, aber meistens helfe ich und manchmal soll ich beides gleichzeitig machen. Wie bei Aeneas, dem ersten von deiner Sorte …«
»Von meiner Sorte?« fragte Jason. »Ihr meint, Halbgötter?«
»Also bitte!«, sagte Aeolus. »Ich meine deinen Zweig der Halbgötter. Du weißt schon. Aeneas, Sohn der Venus – einziger überlebender Held von Troja. Als die Griechen seine Stadt abgefackelt haben, floh er nach Italien und gründete dort das Königreich, aus dem dann später Rom wurde, bla, bla, bla. Das habe ich gemeint.«
»Ich kapier das nicht«, gab Jason zu.
Aeolus verdrehte die Augen. »Es geht darum, dass ich auch in diesen Konflikt hineingezogen wurde. Juno sagt: ›Ach, Aeolus, mach doch bitte mir zuliebe die Schiffe des Aeneas kaputt. Ich kann den Kerl nicht leiden.‹ Dann sagt Neptun: ›Oh nein, das lässt du lieber. Das ist meine Baustelle. Beruhige du die Winde.‹ Und dann schreit Juno: ›Nein, lass seine Schiffe zerschellen, oder ich sag Jupiter, dass du nicht helfen willst.‹ Meinst du, es ist leicht, da einen goldenen Mittelweg zu finden?«
»Nein«, sagte Jason. »Das wohl eher nicht.«
»Und komm mir bloß nicht mit Amelia Earhart! Ich werde immer noch vom Olymp heruntergeputzt, weil ich sie vom Himmel geschüttelt habe.«
»Wir hätten nur gern eine Auskunft«, sagte Piper mit ihrer beruhigendsten Stimme. »Wir haben gehört, dass Ihr alles wisst.«
Aeolus strich sich das Revers glatt und sah gleich ein wenig besänftigt aus. »Na ja … das stimmt natürlich. Zum Beispiel weiß ich, dass diese Sache hier« – er zeigte mit wackelndem Finger auf seine drei Gäste –, »dieser hirnrissige Plan der Juno, euch alle zusammenzubringen, vermutlich mit einem Blutbad enden wird. Und was dich angeht, Piper McLean, da weiß ich, dass dein Vater ziemlich in Schwierigkeiten steckt.« Er streckte die Hand aus und ein Papierfetzen flatterte hinein. Es war ein Foto von Piper mit einem Typen, der ihr Dad sein musste. Sein Gesicht kam Jason tatsächlich bekannt vor. Er war ziemlich sicher, dass er ihn im Kino gesehen hatte.
Piper nahm das Foto. Ihre
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