Helden-Maus
keine Möglichkeit, sich nachts anzuschleichen; Fremden würde man das Boot nicht schicken. Er konnte von Glück sagen, dass er sich mit den Mädchen angefreundet hatte.
Die Matrone führte ihn eine Treppe hinauf in ein karges Büro. Dort saß der Magistrat und blickte ihn hinter seinem Schreibtisch finster an. »Was fällt Ihnen ein, hier einzudringen, obwohl Sie nicht willkommen sind?« wollte der Mann wissen.
Esk war versucht zu erwidern, dass die Mädchen ihn sehr wohl willkommen geheißen hätten, hegte aber den Verdacht, dass dies nicht sonderlich klug wäre. »Meine Großmutter war ein Fluchungeheuer«, erklärte er. »Ich bin gekommen, um meine Verwandten um einen Gefallen zu bitten.«
»Um einen Gefallen? Einen Gefallen?« wiederholte der Mann und lief rot an. »Wir tun niemandem einen Gefallen; wir verfluchen nur.«
»Nicht einmal Verwandten?«
Der Magistrat räusperte sich indigniert, fühlte sich aber anscheinend durch sein Amt verpflichtet, der Sache nachzugehen. »Wer war denn Ihre Großmutter?«
»Nun, ich weiß zwar nicht, wie sie hier genannt wurde, weil sie diesen Namen aufgab, als sie meinen Großvater heiratete. Aber vielleicht wissen Sie von dem Fall. Sie war eine ausgezeichnete Schauspielerin…«
»Bei uns sind alle ausgezeichnete Theaterleute«, erwiderte er steif. »Das Theater ist unsere Berufung.«
»… die eine Ogerin nachmachte«, beendete Esk seinen Satz. »Mein Großvater ist ein Oger.«
»Ein Oger?« wiederholte der Mann empört. »Keiner von unseren Bürgern würde ein derart brutales Tier auch nur anfassen!«
»Ich habe gehört, dass er sie von der Truppe entführte. Aber geheiratet hat sie ihn freiwillig.«
Der Mann drehte sich einem hinter ihm stehenden Regal zu und holte einen dicken Wälzer herunter. Den legte er auf den Tisch, öffnete ihn und blätterte darin, wobei er mit dem Zeigefinger die Spalten hinabfuhr. »Oger, Oger«, murmelte er beim Suchen.
»Knacks Oger«, warf Esk hilfsbereit ein.
Der Magistrat schnitt eine Grimasse. »Ja, da steht es. ›Hilflose Damsell, von bösartigem Oger entführt.‹ Wir haben ihm einen massiven Fluch nachgeschickt, der den gesamten Baumbestand der Gegend vernichtete, aber anscheinend ist das Untier entkommen.«
»Er war Vegetarier geworden«, warf Esk ein. »Der Fluch konnte ihm nichts anhaben, weil er nach einem Knochenzermalmer Ausschau hielt.«
»Auch noch ein Schlupfloch!« sagte der Magistrat mit vernichtendem Ekel.
»Sie bekamen einen Sohn namens Krach, der eine Nymphe namens Tandy heiratete, und ich bin ihr Sohn«, fuhr Esk fort. »Daher bin ich mit den Fluchungeheuern verwandt, und nun bin ich gekommen, um meine Verwandten um einen Gefallen zu bitten.«
»Sie mögen vielleicht verwandt sein, ganz entfernt, auf eine widerwärtige Weise, aber das gibt Ihnen allenfalls das Recht, uns zu besuchen, nicht aber, Forderungen an uns zu stellen. Ich gewähre Ihnen ein Visum für zwei Tage; danach werden Sie verbannt.«
»Oh, länger wollte ich auch gar nicht bleiben. Ich wollte ja nur um Hilfe bitten, damit…«
»Erzählen Sie mir nur nichts von Ihren Geschäften!« rief der Mann. »Sie haben nicht einmal das Recht zu bitten, bevor Sie es sich nicht verdient haben.«
»Verdient? Wie soll ich es mir denn verdienen?«
»Indem Sie etwas beschaffen, was wir brauchen. Was können Sie?«
Esk überlegte. Höchstwahrscheinlich würde er die Fluchungeheuer mit seinem Ogeraspekt kaum beeindrucken, selbst wenn er ihn auf Wunsch hätte abrufen können, und er bezweifelte auch, dass sein gelegentlich durchaus vorhandenes Schauspieltalent hier als sonderlich bemerkenswert gelten würde. Doch dann fiel ihm etwas ein, was ihm seine Großmutter einmal erzählt hatte und das ihm wie ein Witz erschienen war. »Ich könnte ein Publikum abgeben«, meinte er.
»Das muss Ihnen irgend jemand verraten hatten«, knurrte der Magistrat.
»Meine Fluchungeheuer-Oma«, bestätigte Esk hämisch, obwohl er überrascht war, dass die Sache funktioniert hatte. »Sie haben doch alles, was Sie brauchen, außer Publikum, nicht wahr? Sie müssen Ihre Theaterstücke vor der Saison an gewöhnlichen Zuschauern ausprobieren, um sicher zu gehen, dass sie auch entsprechend ankommen. Nun, ich bin so gewöhnlich, wie man nur sein kann.«
»Das will ich Ihnen gerne zugestehen, junger Mann. Also gut, es ist offensichtlich, dass Sie tatsächlich von Fluchungeheuern abstammen, auch wenn Sie ein schlechter Schauspieler sind. Hier ist Ihr Visum; Sie haben zwei Tage
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