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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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zu sein, in der mir zugeteilten Zeit zu kommen. Die meisten Männer sind zumindest zu dieser Form der zwischenmenschlichen Beziehung fähig, selbst wenn ihnen sonst nichts möglich ist, oder? Was bin ich, dass ich die einzig anständige Empfindung, die in mir ist, derart herabwürdigen und zerstören muss? Wenn man es denn anständig nennen kann, dass man auf absolut ungesunde Weise von der Frau eines anderen besessen ist. Wahrscheinlich nicht. Obwohl es für den da vielleicht kein Problem wäre.
    Gorst sah den Mann an. Sah ihm wirklich direkt in die Augen. Durch das leere Lächeln hindurch bis zu der Gier, der Rücksichtslosigkeit und der grenzenlosen Langeweile, die darunter schlummerten.
    Zu meiner Zufriedenheit? Sollte ich jetzt in lautes Gelächter ausbrechen und dich wie einen Bruder in die Arme schließen? Dich umarmen und umarmen und dir den Kopf mitsamt dem lächerlichen Hut darauf vom Hals drehen? Wenn ich auf dein Gesicht einschlüge, bis kein Knochen mehr heil bliebe, wenn ich deine magere Kehle mit meinen Händen zerdrückte, meinst du, dass das für die Welt ein Verlust wäre? Würde es jemandem auffallen? Würde ich es überhaupt bemerken? Wäre es eine böse oder eine gute Tat? Ein Wurm weniger, der durch die Scheiße der glorreichen Truppen Seiner Majestät kriecht und davon fett wird?
    Kurz hatte Gorst wohl seine Maske fallen lassen, oder aber der Mann war im Gegensatz zu den kultivierten Herren in Jalenhorms Stab oder in Kroys Hauptquartier aufgrund von jahrelanger Erfahrung daran gewöhnt, im Gesicht seines Gegenübers nach ersten Anzeichen von Gewaltbereitschaft zu suchen. Seine Augen verengten sich, er trat vorsichtig einen Schritt zurück und bewegte eine Hand zum Gürtel.
    Gorst merkte, dass er geradezu darauf hoffte, der Mann würde eine Klinge ziehen, und bei dem Gedanken an blanken Stahl durchfuhr ihn kurz ein erregendes Kribbeln. Ist das alles, was mich jetzt noch in Wallung bringt? Tod? Ihm gegenüberzustehen oder ihn zu bringen? Rührte sich da etwa sogar etwas in seinem Schritt, wenn er an eine gewalttätige Auseinandersetzung dachte? Aber der Lude stand nur da und beobachtete ihn.
    »Alles in Ordnung.« Damit drängte sich Gorst an ihm vorüber. Die Stiefel sanken schmatzend in den weichen Boden, und er tauchte wieder ein in den verrückten Karneval, der hinter den Linien stets wie durch Zauberkraft entstand, sobald das Heer länger als ein paar Stunden irgendwo Rast machte. Das rege Treiben und das breit gefächerte, grellbunte Angebot hätte auf keinem Markt der Tausendinseln schöner sein können, dazu roch es so intensiv und atemberaubend wie auf einem Basar in Dagoska, und jedes Bedürfnis, jeder Geschmack und jede Laune wurden hier bedient.
    Kriecherische Händler hielten Offizieren, die vor Trunkenheit kaum mehr aufrecht stehen konnten, leuchtende Stoffe entgegen. Waffenschmiede schlugen ohrenbetäubende Ambossmusik, während Verkäufer die Stärke, Schärfe oder Schönheit ihrer Waren demonstrierten und die exquisiten Stücke sofort gegen billigen Schund austauschten, sobald das Geld über den Tresen gewandert war. Ein Major mit gesträubtem Schnurrbart saß wie angenagelt in kriegerischer Pose da, das Kinn in gleich mehrere Falten geworfen, während ein Maler bei Kerzenlicht eine grobe Entsprechung dieses Anblicks auf eine Leinwand pinselte. Freudloses Lachen und sinnloses Geschwätz hämmerten gegen Gorsts schmerzenden Kopf. Überall nur das Beste, Berühmteste und Schönste, maßgeschneidert und von höchster Qualität.
    »Die neue selbstschärfende Scheide!«, brüllte jemand. »Schärft beim Reinschieben!«
    »Vorschuss für Offiziere! Kredit zu besten Konditionen!«
    »Hier gibt’s die Mädchen aus Suljuk! Besser wird nirgendwo gefickt!«
    »Blumen!«, in einer Stimme zwischen Gesang und Geschrei. »Für Ihre Frau! Für Ihre Tochter! Für Ihre Geliebte! Für Ihre Hure!«
    »Zum Streicheln oder Kochen!«, kreischte eine Frau, die ein verwirrtes Hündchen hochhielt. »Zum Streicheln oder Kochen!«
    Kinder, vor ihrer Zeit schon alt geworden, flitzten durch die Menge und boten ihre Dienste an, Schuhe putzen oder weissagen, Waffen schärfen oder rasieren, kämmen oder Gräber ausheben. Alles, was man kaufen oder verkaufen konnte. Ein Mädchen unbestimmbaren Alters tanzte hüpfend um Gorst herum, die nackten Füße und Wadenbeine dick mit Schlamm überzogen. Eine Suljuka, Gurkhisin oder Styrerin, wer konnte sagen, welches Völkergemisch in ihr stecken mochte. »Schön?

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