Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
Lichtschimmer zu erkennen, und die Helden auf ihrer Höhe ragten feierlich schwarz empor. Der Wind frischte auf, fuhr ins wogende Getreide, trieb den Nieselregen in Calders Augen und ließ ihn die Arme um den Körper schlingen. Nahe dem Haus tanzte eine Vogelscheuche auf ihrem Stecken einen wilden Tanz, die zerfetzten Handschuhe ausgestreckt, als ob sie einen Partner suchte. Clails Mauer ringelte sich als brusthoher, bemooster Steinhaufen von einer kleinen Anhöhe zu ihrer Rechten ein gutes Stück die Flanke des Heldenberges hinauf. Scales Männer hatten sich in ihrem Windschatten zusammengekauert. Die meisten lagen noch unter ihren Decken, und Calder wünschte sich, er täte dasselbe. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er sich zum letzten Mal zu einer derart frühen Stunde der Welt gestellt hatte, und sie erschien ihm sogar noch hässlicher als sonst.
    Scale deutete durch eine Lücke in der Mauer nach Süden, einen unbefestigten Weg entlang, der voller Pfützen stand. »Die Hälfte der Männer hat sich in Sichtweite der Alten Brücke versteckt. Wenn die Union hier den Fluss überqueren will, werden wir sie aufhalten.«
    Calder wollte eigentlich keine Widerworte geben, aber eine Frage brannte dennoch auf seinen Lippen. »Wie viele Unionisten sind jetzt auf dem anderen Ufer?«
    »Eine Menge.« Scale sah ihn herausfordernd an, aber Calder kratzte sich nur am Kopf. »Du bleibst hier zurück, mit Schneebleich und dem Rest meiner Männer, hinter Clails Mauer.« Calder nickte. Hinter einer Mauer zurückbleiben klang ganz nach seiner Vorstellung von Kampf. »Früher oder später werde ich aber vielleicht deine Hilfe brauchen. Wenn ich nach dir schicke, dann rückst du vor. Wir kämpfen zusammen.« Calder verzog das Gesicht im Wind. Das wiederum entsprach seiner Vorstellung schon viel weniger. »Ich kann mich doch darauf verlassen, dass du das tust, nicht wahr?«
    Calder schnitt eine Grimasse, guckte aber zur Seite. »Natürlich.« Prinz Calder, der Name stand für Vertrauen. »Ich werde dich nicht im Stich lassen.« Tapferer, kühner, guter Prinz Calder.
    »Was auch immer wir verloren haben mögen, noch haben wir uns.« Scale legte Calder die große Hand auf die Schulter. »Es ist nicht so einfach, nicht wahr? Der Sohn eines großen Mannes zu sein. Man sollte ja meinen, dass man dadurch jede Menge Vorteile hätte – einen Vorschuss an Bewunderung und Respekt gewissermaßen. Stattdessen hat man es so leicht wie ein Setzling, der im erdrückenden Schatten eines großen Baums irgendwie groß werden muss. Nicht viele schaffen es, selbst bis zur Sonne vorzudringen.«
    »Joh.« Calder unterdrückte die Bemerkung, dass es doppelt so schwer war, auch noch der jüngere Sohn eines großen Mannes zu sein. Denn als solcher wurde man von zwei Bäumen überragt, an die man die Axt legen musste, bevor die eigenen Blätter ans Licht gelangten.
    Scale nickte zu Skarlings Finger empor. Ein paar Feuer flackerten an der Bergflanke, dort, wo Zehnwegs Männer lagerten. »Wenn wir die Stellung nicht halten können, soll Brodd Zehnweg uns zu Hilfe eilen.«
    Calder hob die Augenbrauen. »Eher würde ich erwarten, dass mir Skarling selbst zu Hilfe käme, bevor ich mich auf diesen alten Drecksack verließe.«
    »Dann bleiben noch du und ich. Wir mögen uns ja nicht immer einig sein, aber wir sind eine Familie.« Scale streckte die Hand aus, und Calder schlug ein.
    »Familie.« Zur Hälfte jedenfalls.
    »Viel Glück, Bruder.«
    »Dir auch.« Halbbruder. Calder sah Scale nach, wie der auf sein Pferd stieg und dann im Galopp zur Alten Brücke hinunterpreschte.
    »Ich habe das Gefühl, dass Ihr heute mehr als nur ein bisschen Glück brauchen werdet, Euer Hoheit.« Foss Gründig stand unter den tropfenden Überresten eines Vordachs vor dem Haus. Seine wettergegerbte Kleidung und sein wettergegerbtes Gesicht hoben sich kaum vor der wettergegerbten Wand dahinter ab.
    »Ich weiß nicht.« Hohl saß in eine graue Decke gehüllt da, so dass nur sein grinsender, körperloser Kopf zu sehen war. »Mit einem riesigen Berg von bestem Glück könnte es vielleicht gehen.«
    Calder wandte sich missmutig schweigend von ihnen ab und warf einen grimmigen Blick zu den Feldern im Süden hinüber. Er hatte das Gefühl, dass die beiden Mörder Recht haben mochten.
    Ihr Erdhaufen war nicht die einzige Stelle, an der frisch gegraben worden war. Offenbar waren noch weitere Verwundete in der Nacht gestorben. Man sah die kleinen Grüppchen im Nieselregen

Weitere Kostenlose Bücher