Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
sollte, aber der Grund fiel ihm nicht ein. Bis er sich an das dreckige Wasser erinnerte, wie es sich über Kliges Kopf schloss, und er kickte Dotters peinlichen Feuermachversuch mit Wucht ins tropfende Gebüsch.
    »Oberst Vallimir war vor einiger Zeit hier«, murmelte Dotter, als ob diese Nachricht Tunnys Laune hätte verbessern können.
    »Großartig«, zischte Tunny. »Vielleicht können wir ja den in die Pfanne hauen.«
    »Vielleicht hat er Verpflegung mitgebracht.«
    Tunny schnaubte. »Offiziere bringen lediglich Ärger mit, und unser Kumpel Vallimir ist in dieser Hinsicht einer der Schlimmsten.«
    »Weil er blöd ist?«, versuchte es Werth leise.
    »Nein, weil er schlau ist«, fauchte Tunny. »Und ehrgeizig. Diese Sorte Offizier steigt über die Leichen der gemeinen Soldaten in höhere Ränge auf.«
    »Sind wir die gemeinen Soldaten?«, fragte Dotter.
    Tunny starrte ihn an. »Sie sind das verdammte Paradebeispiel.« Dotter sah angesichts dieser Eröffnung sogar begeistert aus. »Immer noch kein Zeichen von Laberleber?«
    »Lederlingen, Korporal Tunny.«
    »Ich weiß, wie er heißt, Werth. Ich sage seinen Namen mit Absicht falsch, weil ich das lustig finde.« Er blies die Backen auf. Die Messlatte dessen, was er lustig fand, war auf diesem Feldzug im Eiltempo so tief gerutscht wie nie zuvor.
    »Hab ich nicht gesehen«, sagte Dotter, der traurig die einsame Schinkenscheibe betrachtete.
    »Das ist ja zumindest was.« Als ihn die beiden jungen Leute mit leerem Blick ansahen, fügte er hinzu: »Lepralieber sollte schließlich zu denen gehen, die bei den Zinnsoldaten die Fäden ziehen, und ihnen verraten, wo wir sind. Die Chancen stehen gut, dass er, wenn er zurückkommt, neue Befehle mitbringt.«
    »Was für Befehle?«, fragte Dotter.
    »Woher soll ich das wissen, verdammt noch mal? Aber alle Befehle, egal welche, sind erst mal schlecht.« Tunny wandte seinen finsteren Blick nun zum Waldrand. Zwar konnte er nicht weit in das Dickicht aus Stämmen, Ästen, Schatten und Nebel hineinsehen, aber er hörte ganz schwach das Murmeln des entfernten Baches, angeschwollen von dem leichten, aber beständigen Regen, der in der Nacht gefallen war. Davon abgesehen hatte Tunny das unangenehme Gefühl, dass sich die Hälfte dieser Niederschlagsmenge in seinen Unterhosen gesammelt hatte. »Vielleicht wäre es sogar der Befehl zum Angriff. Den Fluss überqueren und den Nordmännern in die Flanke fallen.«
    Werth setzte sein Kochgeschirr vorsichtig hin und hielt sich den Bauch. »Korporal, ich glaube, ich müsste mal …«
    »Nun, ich würde wohl kaum wollen, dass Sie das hier erledigen, oder was glauben Sie?«
    Werth rannte hinter einen Busch in Deckung und machte sich schon auf dem Weg an seinem Gürtel zu schaffen. Tunny lehnte sich wieder gegen seinen Baumstamm, zog Dotters Flachmann aus der Tasche und genehmigte sich einen winzigen Schluck.
    Dotter fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Könnte ich vielleicht …«
    »Nein.« Tunny betrachtete den Rekruten durch die zusammengekniffenen Augen, während er einen zweiten Schluck nahm. »Es sei denn, Sie haben etwas als Gegenwert anzubieten.« Schweigen. »Nun, dann hätten wir das ja geklärt.«
    »Ein Zelt wäre schön«, flüsterte Dotter mit so leiser Stimme, dass sie kaum zu hören war.
    »In der Tat, aber die Zelte sind bei den Pferden, und der König hat außerdem seine treuen Soldaten mit einem neuen und besonders untauglichen Modell versorgt, das an jeder Naht durchleckt.« Das wiederum hatte dazu geführt, dass es einen schwunghaften Handel mit den alten Zelten gab und Tunny bereits zweimal ein gutes Geschäft gemacht hatte. »Wie würden Sie hier überhaupt eins aufbauen wollen?« Und er rieb den Rücken gegen seinen Baumstamm und kratzte sich an der Borke die juckenden Schulterblätter.
    »Was machen wir denn jetzt?«, fragte Dotter.
    »Gar nichts, Soldat. Solange es keine anderslautenden, genauen und präzisen Befehle gibt, tut ein guter Soldat nichts.« In einem schmalen Dreieck zwischen schwarzen Ästen zeigte sich am Himmel ein leiser, kränklicher Lichtschimmer. Tunny verzog das Gesicht und schloss die Augen. »Eins können sich die Leute zu Hause immer nicht so richtig vorstellen, was den Krieg angeht – wie verdammt langweilig er ist.«
    Und damit war er schon wieder eingeschlafen.
    Calder träumte dasselbe wie immer.
    Skarlings Halle in Carleon, schattenverhangen, draußen vor den hohen Fenstern das Rauschen des Flusses. Vor langen, langen Jahren, als sein

Weitere Kostenlose Bücher