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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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unmöglich stellen. »Ich muss mit meinem Vater reden.«
    »Solltest du dich nicht erst waschen? Dich umziehen? Zumindest solltest du dich einen Augenblick ausruhen, um … «
    »Meine Kleidung kann warten«, fuhr sie ihm über den Mund. »Ich habe eine Botschaft vom Schwarzen Dow, verstehst du?«
    »Natürlich. Das war dumm von mir. Tut mir leid.« Ständig wechselte er von väterlicher Strenge zu weicher Nachgiebigkeit, und sie wusste nicht zu sagen, was ihr mehr auf die Nerven ging. Dabei hatte sie den Eindruck, als sei er zornig, konnte aber nicht den Mut aufbringen, ihr das zu sagen. Vielleicht darüber, dass sie mit in den Norden gereist war, obwohl er es lieber gesehen hätte, wenn sie zu Hause geblieben wäre. Vielleicht, weil er nicht in der Nähe gewesen war, als die Nordmänner kamen. Vielleicht auch auf sie beide, weil sie nicht wussten, wie ihr jetzt zu helfen war. Wahrscheinlich war er zornig, weil er zornig war, statt sich über ihre sichere Rückkehr zu freuen.
    Sie zügelten ihre Pferde, und er bestand darauf, ihr beim Absteigen behilflich zu sein. Sie standen unbeholfen schweigend da, zwischen sich eine eigentümliche Distanz, und er hatte ihr linkisch die Hand auf die Schulter gelegt, die ihr jedoch überhaupt keinen Trost spendete. Sie wünschte sich unbändig, dass er irgendetwas sagen mochte, das ihr half, einen Sinn in dem zu erkennen, was ihr an diesem Tag zugestoßen war. Aber es war kein Sinn darin, und es gab keine Worte, die darüber hinweghelfen würden.
    »Ich liebe dich«, sagte er schließlich lahm, und ihr schien, als hätte es nur wenig Wörter geben können, die in dieser Situation weniger angebracht geklungen hätten.
    »Ich liebe dich auch.« Aber sie fühlte lediglich ein nahendes Grauen. Als ob in ihr eine schwere Last lauerte, die sie unbedingt vergessen wollte, die aber jeden Augenblick auf sie stürzen und sie zermalmen konnte. »Du solltest wieder zurückreiten.«
    »Nein! Auf keinen Fall! Ich sollte bei …«
    Sie legte ihm die Hand entschieden gegen die Brust und war selbst erstaunt, wie entschieden diese Geste war. »Ich bin jetzt in Sicherheit.« Sie nickte zum Tal hinunter, zu den Feuern, die in der Nacht funkelten. »Sie brauchen dich dort mehr als ich.«
    Er vermittelte ein so starkes Gefühl der Erleichterung, dass sie es beinahe körperlich spürte. Dass er sich nicht länger seinem Unvermögen stellen musste, die Dinge für sie zu richten. »Nun ja, wenn du ganz sicher bist …«
    »Das bin ich.«
    Sie sah ihm zu, wie er wieder aufstieg, und er lächelte sie kurz, unsicher und besorgt an, bevor er in die Dunkelheit ritt. Ein Teil von ihr wünschte sich, mehr darum gekämpft zu haben, dass er blieb. Ein anderer Teil war froh, ihn von hinten zu sehen.
    Sie ging zur Scheune hinüber. Hal hatte ihr seinen Mantel gegeben, den sie nun eng um sich schlang. Der Wachmann starrte sie an, als sie an ihm vorüberschritt und den niedrigen Raum betrat. Es war eine wesentlich kleinere Zusammenkunft als am Vorabend: die Generäle Mitterick und Jalenhorm, Oberst Felnigg und ihr Vater. Kurz durchfuhr sie ein erschöpfend starkes Gefühl der Erleichterung, als sie ihn sah. Dann bemerkte sie Bayaz, der etwas abseits von den anderen saß, während sein Diener sich in den Schatten hinter ihm hielt, den Hauch eines Lächelns auf den Lippen, und alle Erleichterung war wie weggeblasen.
    Mitterick hielt Vorträge wie immer, und Felnigg machte beim Zuhören wie immer ein Gesicht, als müsste er etwas aus einer Latrine herausfischen. »Die Brücke ist in unseren Händen, und meine Männer überqueren in diesem Augenblick den Fluss. Noch vor Morgengrauen werde ich frische Truppen am Nordufer abgestellt haben, darunter einige Kavallerieregimenter, denn dafür eignet sich das Gelände dort vorzüglich. Die Standarten des Zweiten und Dritten Regiments wehen bereits in den Gräben der Nordmänner. Und morgen werde ich endlich Vallimir von seinem Arsch hochbekommen, und wenn ich ihn selbst über diesen Bach prügeln muss. Diese dreckigen Nordmänner werden in die Flucht geschlagen, noch bevor …«
    Unwillkürlich fiel sein Blick auf Finree, und er räusperte sich unbehaglich und verstummte. Ein Offizier nach dem anderen folgte seinem Blick, und sie konnte ihren Gesichtern ansehen, was für einen Anblick sie vermutlich bot. Sie hätten nicht schockierter dreinblicken können, hätten sie miterlebt, wie sich ein Leichnam aus dem Grab erhob. Außer Bayaz natürlich, dessen Blick so berechnend war wie

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