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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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als er den angefangenen Brief mit der Faust zerknüllte, waren seine Knöchel weiß vor Anstrengung. »Ich gehorche den Wünschen Seiner Majestät.«
    »Das tun wir alle«, sagte Jalenhorm. »Und meine Männer stehen bereit, ihre Pflicht zu tun! Ich möchte in aller Bescheidenheit um das Vorrecht bitten, einen Angriff gegen den Heldenberg zu führen, um meine Ehre auf dem Schlachtfeld wiederherzustellen.« Als ob auf dem Schlachtfeld irgendetwas wiederherzustellen war. Man konnte dort sterben, dachte sich Finree, aber das war auch schon alles. Ihre Beine schienen jedes für sich eine Tonne zu wiegen, als sie zu der Tür auf der anderen Seite des Raumes hinüberging.
    Mitterick war schon wieder damit beschäftigt, seine üblichen militärischen Binsenweisheiten von sich zu geben. »Meine Division hat Blut geleckt, da braucht sich Marschall Kroy keine Sorgen zu machen. Darüber müssen Sie sich ebenfalls nicht sorgen, Lord Bayaz!«
    »Das tue ich auch nicht.«
    »Wir haben die Brücke. Morgen werden wir diese Dreckskerle vor uns hertreiben. Sie werden sehen. Nur noch ein Tag …«
    Finree schloss die Tür vor dem Gehabe der Männer und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Holz. Vielleicht hatte der Viehbesitzer, der diese Scheune gebaut hatte, in diesem Raum gewohnt. Nun schlief ihr Vater hier, hatte sein Lager vor einer unverputzten Wand aufgeschlagen, und seine Reisetruhen standen so ordentlich in Reih und Glied da wie die Soldaten auf dem Paradeplatz.
    Plötzlich tat alles weh. Sie zog den Ärmel des Mantels zurück und betrachtete mit verkrampftem Gesicht den langen Schnitt an ihrem Unterarm. Die Wunde war auf beiden Seiten stark gerötet und würde vermutlich genäht werden müssen, aber sie brachte es nicht über sich, noch einmal hinauszugehen. Sie konnte sich den mitleidigen Blicken und dem patriotischen Geschwätz kein zweites Mal stellen. Es war, als ob zehn Schmerzstränge durch ihren Hals liefen, und egal, wie sie den Kopf hielt, einer von ihnen tat immer weh. Sie berührte ihre brennende Kopfhaut mit den Fingerspitzen. Unter dem fettigen Haar ertastete sie jede Menge Schorf. Als sie die Hand zurückzog, fing sie an zu zittern, und sie konnte nichts dagegen tun. Beinahe musste sie lachen, so heftig bewegte sie sich, aber es wurde ein hässliches Geräusch zwischen Schnauben und Schluchzen daraus. Würde ihr Haar je wieder nachwachsen? Sie schnaubte noch einmal. Was spielte das schon für eine Rolle, nach dem, was sie gesehen hatte? Sie merkte, dass sie mit dem Schnauben nicht aufhören konnte. Ihr Atem ging schneller, kam in kurzen Stößen, und kurz darauf erzitterte ihr Brustkorb unter heftigen Schluchzern, die Luft brannte in ihrer Kehle, ihr Gesicht verzog sich und ihr Mund krampfte sich zusammen, die aufgeschlagene Lippe pochte. Sie fühlte sich schrecklich närrisch, aber sie bekam ihren Körper nicht unter Kontrolle. Langsam glitt sie an der Tür hinunter, bis ihr Hintern auf Stein traf, und sie biss sich auf die Knöchel, um ihr Weinen zu unterdrücken.
    Es war lächerlich. Schlimmer noch, undankbar. Verräterisch. Sie hätte vor Freude heulen sollen. Immerhin war sie diejenige gewesen, die heute Glück gehabt hatte.

MARK IN DEN KNOCHEN
    W o versteckt sich dieser alte schorfgesichtige Sack?«
    Ein Mann, der sich gerade mit einem Becher Wasser aus einem Fass schöpfen wollte, hielt in der Bewegung inne und sah sich unsicher um. »Zehnweg ist oben mit Dow und den anderen bei den Helden, aber wenn d …«
    »Mach Platz, du Arsch!« Calder schob sich an ihm vorbei, bahnte sich herrisch einen Weg durch Zehnwegs verblüffte Carls und marschierte von Skarlings Finger zu der Bergkuppe mit den stehenden Steinen hinüber, die vom Licht der Lagerfeuer erhellt wurden.
    »Wir kommen nicht mit«, hörte er Gründigs Stimme an seinem Ohr. »Wir können dir ohnehin nicht den Hals retten, wenn du die Absicht hast, deinen Kopf in den Rachen eines Wolfs zu stecken.«
    »Kein Geld in der Welt ist es wert, dass man dafür wieder zu Schlamm wird«, pflichtete Hohl ihm bei. »Gar nichts ist das wert, wenn man mich mal fragt.«
    »Das ist ein spannendes, wie sagt man, philosophisches Thema, das du da gerade ansprichst«, sagte Gründig. »Wofür lohnt es sich zu sterben, und wofür nicht? Nicht, dass wir das rausfinden würden …«
    »Dann bleibt halt hier und redet Scheiße.« Calder schritt den Hang hinauf. Die kalte Luft brannte in seinen Lungen und die vielen Schlucke aus Hohls Feldflasche in seinem Bauch. Die

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