Heldenklingen
seinen Namen verdient.«
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte Kropf.
Der Junge sagte nichts. Er gab nicht mit seinen Taten an, wie es wohl viele andere an einem solchen Tag getan hätten. Wie Kropf es getan hatte, als er seinen Namen bekam. Das gefiel ihm recht gut. Er hatte wenig übrig für Hitzköpfe, die alle anderen in die Scheiße ritten. So wie er es vor langer Zeit selbst getan hatte, als er sein heißes Blut nicht zu zügeln wusste.
»Was meinst du dazu?«, fragte Flut. »Hast du noch Platz für uns?«
»Platz? Ich kann mich nicht entsinnen, je mehr als zehn Leute in meinem Dutzend gehabt zu haben, und jetzt sind es nur noch sechs.«
»Sechs? Was ist mit dem Rest passiert?«
Kropf verzog das Gesicht. »So ungefähr dasselbe wie mit deinen Jungs. Was eben immer passiert. Athroc ist vorgestern oben auf dem Heldenberg gefallen, Agrick einen Tag später. Brack ist heute Morgen gestorben.«
Eine kleine Stille breitete sich aus. »Brack ist gestorben?«
»Im Schlaf«, sagte Kropf. »Er hatte ein böses Bein.«
»Brack ist wieder zu Schlamm geworden.« Flut schüttelte den Kopf. »Das muss man erst mal verdauen. Ich dachte immer, der stirbt nie.«
»Ich auch. Der große Gleichmacher wartet auf uns alle, daran besteht kein Zweifel, er lässt keine Entschuldigungen gelten, und er macht keine Ausnahmen.«
»Keine«, flüsterte Espe.
»Deswegen könnten wir euch beide bestimmt gut brauchen, falls Reichel euch ziehen lässt.«
Flut nickte. »Er hat gesagt, das würde er.«
»Dann ist gut. Du musst aber wissen, dass Herrlich jetzt das Dutzend für mich führt.«
»Ehrlich?«
»Joh. Dow hat mir angeboten, die Führung seiner Carls zu übernehmen.«
»Du bist der Stellvertreter vom Schwarzen Dow?«
»Nur, bis die Schlacht vorüber ist.«
Flut blies die Backen auf. »Hast du nicht immer gesagt, man sollte den Kopf nie zu weit rausstrecken?«
»Hab eben nicht auf meinen eigenen Rat gehört. Willst du immer noch dabei sein?«
»Wieso nicht?«
»Dann freue ich mich, dich zurückzuhaben. Und den Jungen auch, wenn du sagst, dass er dem gewachsen ist.«
»Oh, das ist er, oder nicht, mein Junge?«
Der Junge sagte nichts.
»Wie heißt du?«, fragte Kropf.
»Beck.«
Flut stieß ihn an. »Der Rote Beck. Gewöhn dich besser gleich daran, den ganzen Namen zu sagen!«
Der Junge sah ein bisschen aus, als ob ihm schlecht sei, dachte Kropf. Kein Wunder, wenn man daran dachte, in welchem Zustand sich die Stadt befand. Er musste ganz schön was mitgemacht haben. Eine ziemlich harte Einführung in ihr blutiges Geschäft. »Du bist wohl keiner, der viel redet, was? Nun, das macht nichts. Wir haben mit Herrlich und Whirrun genug Leute, die viel quatschen.«
»Whirrun von Blei?«, fragte der Junge.
»Ganz genau. Er gehört zu unserem Dutzend. Oder zu unserem halben Dutzend, wenn man so will. Meinst du, ich muss ihm den ganzen großen Vortrag halten?« Kropf wandte sich wieder an Flut. »Du weißt schon, den ich auch dir gehalten habe, als du zu uns gestoßen bist, dass du dich um deine Leute kümmern musst und um deinen Häuptling, dass du dich nicht umbringen lassen und immer das Rechte tun sollst und so?«
Flut sah den Jungen an und schüttelte den Kopf. »Weißt du, ich glaube, das hat er heute auf die harte Tour gelernt.«
»Joh«, brummte Kropf. »Das haben wir letzten Endes wohl alle. Dann willkommen bei unserem Dutzend, Roter Beck.«
Der Junge blinzelte nur.
NUR EIN WEITERER TAG
E s war derselbe Weg, den sie in der Nacht zuvor schon einmal entlanggeritten war. Dieselbe gewundene Strecke über die windzerzausten Hügel zu der Scheune, in der ihr Vater sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Derselbe Blick über das dunkelnde Tal, in dem die Lichtpünktchen der Feuer, Lampen und Fackeln blinkten, die nun in der Feuchtigkeit schillerten, die sich in den Winkeln ihrer brennenden Augen gesammelt hatte. Aber alles fühlte sich anders an. Obwohl Hal neben ihr ritt, so nahe, dass sie ihn hätte berühren können, und er die ganze Zeit über unablässig redete, um die Stille zu vertreiben, fühlte sie sich einsam.
»… verdammt gut, dass dann der Hundsmann auftauchte, sonst wäre vielleicht unsere ganze Division draufgegangen. So haben wir zwar den nördlichen Teil von Osrung verloren, aber wir haben die Wilden wieder in die Wälder getrieben. Oberst Brint war ein Fels in der Brandung. Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft. Er wird dich fragen … fragen nach …«
»Später.« Dieser Frage konnte sie sich
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