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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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vorbereitet?«
    »Ach was, überhaupt nicht.« Das Grinsen des Mannes klaffte wie ein blasses Halbrund in seinem geschwärzten Gesicht. »Die meisten haben gepennt.«
    »Die beste Zeit, jemanden umzubringen.« Obwohl Calder sich fragte, ob die Toten das genauso sahen. Der alte Krieger hob die Hand. »Sollten wir?«
    »Wir sollten.« Calder verzog leicht gequält das Gesicht, als er sich daranmachte, durch das Kornfeld zu kriechen. Die Halme stachen und schmerzten mehr, als man hätte glauben sollen. Es dauerte nicht lange, und seine Hände waren völlig wund. Die Tatsache, dass er nun direkt dem Feind entgegenkroch, machte die Sache auch nicht besser. Er war ein Mann, dem die entgegengesetzte Richtung viel lieber war. »Verdammtes Korn.« Wenn die Kette seines Vaters endlich wieder auf seinen Schultern läge, würde er ein Gesetz erlassen, dass den Anbau von diesem Scheißzeug verbieten würde. Dann würden nur noch weiche Pflanzen erlaubt sein, nachdem er – Calder riss zwei störrische Halme ab, die ihm im Weg standen, und erstarrte.
    Die Standarten befanden sich direkt vor ihm, keine zwanzig Schritt entfernt, und flatterten heftig an den Stangen. Sie waren mit einer goldenen Sonne bestickt, die im Licht der zahlreichen Laternen schimmerte. Dahinter fiel das kahle, matschige Stück Land, dessen Verteidigung Scale gestern mit dem Tod bezahlt hatte, zum Fluss hin ab, und dort wimmelte es vor Unionspferden. Tonnenweise gestriegeltes, glänzendes, gefährlich aussehendes Pferdefleisch, und soweit er im flackernden Fackellicht erkennen konnte, wurden noch zahllose weitere Tiere über den Fluss gebracht. Hufe trommelten auf der Brücke, panisches Wiehern war zu hören, als sich die Pferde in der Dunkelheit gegenseitig behinderten. Davon abgesehen waren auch reichlich viele Soldaten unterwegs; sie versuchten, ihre Gäule unter großem Geschrei an die richtige Stelle zu bugsieren, und ihre lauten Befehle trug der Wind davon. Sie alle bereiteten sich darauf vor, Calder und seine Jungs in nur wenigen Stunden in den Schlamm zu trampeln. Kein besonders beruhigender Gedanke, das musste man schon sagen. Calder hatte nichts gegen ein bisschen Getrampel, aber er saß lieber im Sattel, als unter die Hufe zu geraten.
    Zwei Wächter flankierten die Standarten. Einer hatte sich die Arme um den Körper geschlungen und die Hellebarde unter den Ellenborgen geklemmt, der andere stampfte mit den Füßen, um sich zu wärmen, hatte das Schwert noch in der Scheide stecken und nutzte seinen Schild als Windschutz.
    »Schlagen wir los?«, flüsterte Schneebleich.
    Calder sah zu den Wächtern hinüber und dachte an Großmut. Keiner von denen dort drüben schien im Geringsten auf das vorbereitet, was gleich über sie hereinbrechen würde. Sie machten sogar den Eindruck, als seien sie noch unglücklicher darüber, dass sie hier waren, als er selbst, und das wollte etwas heißen. Er fragte sich, ob auch sie Frauen zu Hause hatten. Frauen mit Kindern in ihren weichen Bäuchen, die sich unter Fellen zum Schlafen eingerollt hatten, während ein warmer Platz neben ihnen leer blieb. Er seufzte. Es war eine verdammte Schande, dass sie nicht bei ihren Frauen waren, aber mit Großmut würde er weder die Union aus dem Norden vertreiben noch den Schwarzen Dow vom Thron seines Vaters.
    »Wir schlagen los«, sagte er.
    Schneebleich hob die Hand und machte ein paar Bewegungen. Dann tat er dasselbe noch einmal auf der anderen Seite und hockte sich wieder hin. Calder war sich nicht sicher, wem er da gewunken hatte, oder was die Gesten bedeuteten, aber sie funktionierten wie Zauberei.
    Der Wächter mit dem Schild kippte plötzlich nach hinten. Der andere wandte den Kopf, um zu sehen, was geschah, und sofort ihm ging es genauso. Calder erkannte, dass man ihnen die Kehlen durchgeschnitten hatte. Zwei schwarze Schatten betteten die Toten vorsichtig auf den Boden. Ein dritter hielt die Hellebarde fest, die zu Boden zu fallen drohte, klemmte sie sich nun selbst in die Armbeuge und grinste zahnlückig zu ihnen herüber, während er den Unionswachmann nachahmte.
    Weitere Nordmänner waren aus dem Kornfeld gekommen und hasteten voran, weit vornübergebeugt, und ihre Waffen blitzten kurz auf, als der Mond wieder hinter einer Wolke hervorkam. Keine zwanzig Schritte von ihnen entfernt kämpften drei Unionssoldaten mit einem Zelt, dessen Stoff ihnen der Wind immer wieder aus den Händen zu reißen drohte. Calder nagte an seiner Unterlippe. Er konnte kaum glauben, dass niemand

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