Heldenklingen
Finger krummzumachen die Lorbeeren für solche Taten einzuheimsen.
»Prinz Calder?« Wieder hielt ihm der Mann die Flagge hin.
Nun gut. Wenn sie jemanden brauchten, den sie bewundern konnten, dann wollte Calder sie nicht enttäuschen. »Ich bin kein Prinz.« Damit nahm er die Standarte an sich, schwang ein Bein über die Stange und hielt sie so fest, dass sie leicht nach oben zeigte. Dann zog er sein Schwert, zum ersten Mal in jener Nacht, und stieß es in den dunklen Himmel. »Ich bin der König der Scheiß-Union!«
Es war kein besonders guter Witz, aber nach der anstrengenden Nacht und dem harten gestrigen Tag war den Männern nach etwas Spaß zumute. Lautes Gelächter brandete auf, Calders Leute johlten und klopften sich gegenseitig auf den Rücken.
»Ein Hoch auf Seine Verfickte Majestät!«, brüllte Schneebleich und hielt die andere Flagge hoch, bis der Wind den Stoff zu fassen bekam und der Goldfaden blitzte. »Der verdammte König Calder!«
Calder konnte nicht aufhören zu grinsen. Das gefiel ihm einfach zu gut.
SCHATTEN
Euer Erhabenes Riesenarschloch,
wollen Sie die Wahrheit hören? Unter der schlechten Führung der halsstarrigen alten Schurken aus Ihrem Geschlossenen Rat geht Ihr Heer vor die Hunde. Es wird in hochfahrender Großmannssucht verschwendet, wie ein gewissenloser Adelssprössling das Vermögen seines Vaters durchbringt. Diese Leute könnten den Interessen Eures Erhabenen Riesenarschlochs im Norden kaum mehr schaden, wenn sie die Berater des Feindes wären. Sie selbst würden an ihrer Stelle Besseres leisten, und das ist die wohl vernichtendste Feststellung, die ich an dieser Stelle machen kann. Es wäre ehrenhafter gewesen, die Männer in Adua an Bord der Schiffe gehen zu lassen, ihnen mit einer Träne im Knopfloch zuzuwinken, die Schiffe dann in Brand zu stecken und sie mit Mann und Maus untergehen zu lassen.
Wollen Sie die Wahrheit hören? Marschall Kroy ist kompetent, seine Soldaten liegen ihm sehr am Herzen, und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als endlich seine Tochter zu vögeln, aber der Einfluss eines Einzelnen ist eben begrenzt. Seine Untergebenen Jalenhorm, Mitterick und Meed haben sich alle drei größte Mühe gegeben, als unfähigster General aller Zeiten in die Geschichte einzugehen. Ich kann nicht sagen, wer die größte Verachtung verdient: der freundliche, aber völlig unfähige Dummbeutel, der hinterhältige, gewissenlose Ehrgeizling oder der unentschiedene, kriegslüsterne Pedant. Zumindest hat der Letztgenannte für seine Narretei bereits mit dem Leben bezahlt. Mit etwas Glück wird der Rest von uns ihm bald folgen.
Wollen Sie die Wahrheit hören? Wieso sollten Sie sich dafür interessieren? Wir sind doch alte Freunde, Sie und ich, wir müssen uns doch nichts vormachen. Ich weiß besser als die meisten anderen, dass Sie nichts weiter sind als eine zitternde Null, ein rückgratloses Aushängeschild, ein selbstmitleidiger, selbstverliebter Kindmann voller Selbsthass, der über nichts herrscht außer über seine Eitelkeit. Der wahre Regent ist Bayaz, und er besitzt keinerlei Gewissen, Skrupel oder Großmut. Der Mann ist ein Ungeheuer. Das schlimmste Ungeheuer, das ich je gesehen habe, seit ich das letzte Mal in den Spiegel blickte.
Wollen Sie die Wahrheit hören? Ich gehe ebenfalls vor die Hunde. Wenn ich kein solcher Feigling wäre, würde ich mich umbringen, aber ich bin es nun einmal, und so muss ich mich damit zufriedengeben, andere zu töten, immer in der Hoffnung, dass ich, wenn ich nur tief genug in Blut wate, eines Tages meinen Namen reinwaschen kann. Während ich händeringend auf die Rehabilitierung warte, die niemals kommen wird, fresse ich natürlich glücklich jede Scheiße, die Sie freundlicherweise aus den königlichen Arschbacken auf meinen Kopf kacken.
Ich verbleibe der verratene und in Misskredit gebrachte Sündenbock Eures Erhabenen Riesenarschlochs,
Bremer dan Gorst, königlicher Berichterstatter aus der Nordkriegkatastrophe
Gorst legte die Feder beiseite und betrachtete grimmig einen winzigen Schnitt, den er sich ausgerechnet auf der Spitze seines Zeigefingers zugezogen hatte und der nun selbst bei den kleinsten Griffen störte. Vorsichtig blies er über den Brief, bis auch das letzte Schimmern feuchter Tinte schwarz und trocken geworden war, faltete das Papier und fuhr dann zusätzlich mit dem einzigen Nagel, der nicht abgebrochen war, langsam über den Falz, um ihn so scharf und fest wie möglich zu knicken. Während er das Siegelwachs zur
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