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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ihm mitteilen!«
    »Oh, das werde ich ihm schon sagen, keine Sorge!«
    Mitterick hatte sich allerdings schon wieder abgewandt und brüllte in die Nacht: »Wo sind die Kundschafter? Ich habe doch wohl befohlen, Kundschafter auszusenden, oder vielleicht nicht? Dimbik! Wo ist Dimbik? Wir müssen über das Gelände Bescheid wissen, Mann!«
    »Ich?«, stammelte ein blasser, junger Offizier. »Also, ja, natürlich, aber, äh …«
    »Sind sie schon zurück? Ich muss sichergehen können, dass das Gelände geeignet ist! Sagen Sie mir, dass es so ist, verdammt!«
    Die Augen des jungen Mannes glitten nervös hin und her, dann schien er sich zusammenzureißen und nahm zackig Haltung an. »Jawohl, Herr General, die Kundschafter wurden ausgeschickt, und sie sind auch schon zurück, jawohl, und das Gelände ist … das Gelände ist perfekt. Wie ein Kartentisch, Herr General. Ein Kartentisch … mit Getreide drauf.«
    »Hervorragend! Ich will keine verdammten Überraschungen mehr erleben!« Mitterick stampfte davon, und die Schöße seines losen Hemdes flatterten hinter ihm her. »Wo zur Hölle ist der verdammte Major Hockelmann? Die Berittenen sollen sich zum Angriff bereitmachen, sobald wir genug Licht zum Pissen haben! Haben Sie mich verstanden? Zum Pissen !«
    Seine Stimme wurde nun vom Wind verschluckt, wie auch Felniggs Genörgel, und die Laternen des Stabs verschwanden mit ihnen. Gorst blieb mit finsterem Gesicht in der Dunkelheit zurück und erstickte beinahe an seiner Enttäuschung wie ein sitzengelassener Bräutigam.
    Ein Überfall also. Ein opportunistischer kleiner Überfall war der Auslöser für die ganze Panik gewesen, provoziert von Mittericks kleinlicher Zurschaustellung seiner Standarten. Und hier sind nun kein Ruhm und keine Wiedergutmachung mehr zu holen. Hier gibt es nur noch Dummheit, Feigheit und Verschwendung. Gorst fragte sich nebenbei, wie viele Männer in dem Durcheinander ihr Leben verloren hatten. Zehnmal so viele, wie von den Nordmännern getötet wurden? Es ist wahrlich nicht der Feind, von dem im Krieg die größte Gefahr ausgeht.
    Wie konnten wir nur so schrecklich unvorbereitet sein? Weil wir uns nicht vorstellen konnten, dass sie einen Angriff riskieren würden. Hätten die Nordmänner uns nur ein wenig mehr bedrängt, sie hätten uns hinter die Brücke zurücktreiben und noch dazu zwei ganze Kavallerieregimenter gefangen nehmen können, anstatt nur ihre Standarten zu stehlen. Fünf Männer und ein Hund hätten dafür ausgereicht. Aber sie wiederum konnten sich nicht vorstellen, dass wir so schrecklich unvorbereitet sein würden. Da haben wir alle versagt. Vor allem ich.
    Er wandte sich um und stellte fest, dass sich hinter seinem Rücken eine kleine Gruppe Soldaten und Diener mit zusammengesuchter Ausrüstung eingefunden hatte. Jene, die ihm zur Brücke hinunter und noch darüber hinaus gefolgt waren. Erstaunlich viele. Schafe. Und was bin dann ich? Der Schäferhund? Wuff, wuff, ihr Narren.
    »Was sollen wir machen, Herr Oberst?«, fragte der Mann, der ihm am nächsten stand.
    Gorst konnte nur die Achseln zucken. Dann stapfte er langsam zur Brücke zurück, ganz ähnlich wie am vorigen Nachmittag, und drängte sich durch die Menge, die sich allmählich auflöste. Der Morgen kündigte sich noch nicht an, konnte aber nicht mehr fern sein.
    Zeit, die Rüstung anzulegen.

SCHÜTZENDE FITTICHE
    K ropf tastete sich vorsichtig den Abhang hinunter, spähte in die Dunkelheit, um nicht zu stolpern, und verzog immer wieder das Gesicht, wenn er sein wehes Knie unglücklich belastete. Zuckte zusammen, wenn sein verletzter Arm, seine verletzte Wange oder sein verletzter Kiefer sich irgendwie bewegten. Mehr noch schmerzte ihn allerdings die Frage, die er sich selbst in dieser kalten, steifen, durchwachten Nacht immer wieder stellte, eine Nacht, erfüllt von Sorgen und Bedauern, vom leisen Wimmern der Sterbenden und dem weniger leisen Schnarchen des verdammten Whirrun von Blei.
    Sollte er dem Schwarzen Dow berichten, was Calder gesagt hatte, oder aber nicht? Kropf fragte sich, ob Calder schon geflohen war. Er kannte den Burschen seit dessen Kindheit, und ein Übermaß an Mut hatte man ihm niemals vorwerfen können. Gestern Abend jedoch, als sie miteinander gesprochen hatten, war etwas an ihm anders gewesen als sonst. Etwas, das Kropf nicht wiedererkannt hatte. Oder vielmehr doch, aber er kannte es nicht von Calder, sondern von seinem Vater. Und Bethod war kein Mann gewesen, der flüchtete. Das hatte ihn am Ende

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