Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
ihnen vorüber und wedelte mit einem gebogenen Säbel. »Aufstellung! In Reih und Glied ! Sie da! Wo zur Hölle …«
    »Herr Marschall.« Eine hohe, unverkennbare Stimme. Gorst stand leicht schwankend vor einer Gruppe mitgenommener Soldaten und salutierte leicht erschöpft vor Finrees Vater. Er hatte zweifelsohne einiges hinter sich. Seine Rüstung war zerbeult und fleckig. Seine Scheide war leer und bot, wie sie so schlaff an seinem Bein herunterhing, einen Anblick, über den man in einer anderen Lage vielleicht hätte lachen können. Unter einem Auge hatte er einen langen, schwarz geränderten Schnitt, und eine Wange, sein Kiefer und sein dicker Hals waren auf dieser Seite mit allmählich trocknendem Blut verklebt. Als er den Kopf wandte, sah Finree, dass das Weiße seines anderen Auges rot verlaufen war; sein Kopfverband wies feuchte Flecken auf.
    »Oberst Gorst, was ist geschehen?«
    »Wir haben den Angriff geführt.« Gorst blinzelte, entdeckte Finree und schien ins Stocken zu kommen, dann hob er die Hände und senkte sie wieder. »Wir haben verloren.«
    »Die Nordmänner halten die Helden weiterhin?«
    Er nickte langsam.
    »Wo ist General Jalenhorm?«, fragte ihr Vater.
    »Tot«, piepste Gorst.
    »Oberst Vinkler?«
    »Tot.«
    »Wer führt das Kommando?«
    Gorst stand schweigend da. Finrees Vater wandte sich ab und sah grimmig zum Gipfel hinüber. Der Regen ließ nach, und der lange Hang, der zu den Helden hinaufführte, tauchte allmählich aus den grauen Schleiern wieder auf. Mit jedem Schritt niedergetrampelten Grases, der sichtbar wurde, waren auch immer mehr Leichen zu erkennen. Tote beider Seiten, kaputte Waffen und Rüstungen, geborstene Speerschäfte, verschossene Pfeile. Dahinter lag die Mauer, die den Gipfel umschloss, roh behauene Steine, die der Sturm geschwärzt hatte. Unterhalb der Mauer lagen noch mehr Leichen, über ihr ragten die Speere der Nordmänner auf. Sie hielten immer noch die Stellung. Und warteten.
    »Marschall Kroy!« Der Erste der Magi hatte sich nicht die Mühe gemacht, abzusteigen. Er saß noch im Sattel, hatte die Hände über dem Knauf gekreuzt und ließ die dicken Finger locker hängen. Während er die vielen Opfer in Augenschein nahm, vermittelte er den kritischen, leicht enttäuschten Eindruck eines Mannes, der dafür bezahlt hat, dass in seinem Garten Unkraut gejätet wird, und der bei der anschließenden Inspektion feststellen muss, dass noch ein oder zwei Brennnesseln in den Beeten wuchern. »Ein kleiner Rückschlag, aber die Verstärkung rückt ja ständig nach, und das Wetter klart auf. Darf ich vorschlagen, dass Sie Ihre Männer sammeln und auf den nächsten Angriff vorbereiten? Offenbar hatte General Jalenhorm es bis hinauf zu den Helden geschafft, und ein zweiter Versuch könnte sicherlich …«
    »Nein«, sagte Finrees Vater.
    Bayaz machte ein leicht irritiertes Gesicht. Als ob ein Hund, der normalerweise gut parierte, plötzlich nicht mehr bei Fuß gehen wollte. »Nein?«
    »Nein. Herr Leutnant, haben Sie eine Unterhändlerflagge bei sich?«
    Der Standartenträger sah nervös zu Bayaz hinüber, dann wieder zu Finrees Vater, dann schluckte er. »Selbstverständlich, Herr Marschall.«
    »Dann befestigen Sie diese an Ihrer Fahnenstange, reiten unter größter Vorsicht zu den Helden hinauf und bringen in Erfahrung, ob die Nordmänner dazu gebracht werden können, mit uns zu verhandeln.«
    Ein leises Raunen breitete sich unter den Umstehenden in Hörweite aus. Gorst machte einen Schritt nach vorn. »Marschall Kroy, ich denke, mit einem neuerlichen Vorstoß könnten wi…«
    »Sie sind der königliche Beobachter. Beobachten Sie.«
    Gorst stand kurz wie angewurzelt da, warf einen Blick auf Finree, klappte dann den Mund wieder zu und trat zurück.
    Der Erste der Magi sah zu, wie die weiße Fahne aufgezogen wurde, und sein grimmiges Gesicht verfinsterte sich in dem Maße, in dem sich der Himmel immer weiter aufhellte. Er trieb sein Pferd derart rücksichtslos voran, dass ihm ein paar erschöpfte Soldaten hastig ausweichen mussten.
    »Seine Majestät wird sehr enttäuscht sein, Herr Marschall.« Es gelang ihm, ein Gefühl der Bedrohung zu vermitteln, wie man es von einem untersetzten, alten Mann in einem durchweichten Mantel überhaupt nicht erwartet hätte. »Er verlangt, dass jeder Mann seine Pflicht erfüllt.«
    Finrees Vater stand vor Bayaz’ Pferd, die Brust herausgestreckt und das Kinn erhoben, und der Unmut des Magus schien sich wie ein erdrückendes Gewicht auf ihn zu

Weitere Kostenlose Bücher