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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ich noch etwas anderes für Euch.« Bayaz hielt inne wie ein Hofnarr, der gleich zur Pointe seiner Geschichte kommen will. »Das Leben Eures Bruders.«
    Calder fühlte einen Muskel in seinem Gesicht zucken. Hoffnung? Oder Enttäuschung? »Scale ist tot.«
    »Nein. Er hat bei der Alten Brücke seine rechte Hand verloren, aber er lebt. Die Union lässt alle Gefangenen frei. Eine Geste guten Willens, als Teil der Friedensvereinbarungen, denen Ihr gerade so großmütig zugestimmt habt. Ihr könnt den … Holzkopf morgen Mittag in Empfang nehmen.«
    »Was soll ich denn mit ihm?«
    »Es läge mir fern, Euch sagen zu wollen, was Ihr mit Eurem Geschenk anfangt, aber Ihr werdet kaum König werden, ohne dafür Opfer zu bringen. Und Ihr wollt doch König werden, oder nicht?«
    »Ja.« Zwar hatte sich im Verlauf dieses Abends vieles geändert, aber dass er das wollte, das wusste Calder jetzt mit noch größerer Gewissheit als zuvor.
    Der Erste der Magi erhob sich und nahm seinen Stab, während sein Diener den Tisch abräumte. »Dann ist ein älterer Bruder natürlich ein recht lästiges Hindernis.«
    Calder sah ihm eine Weile zu, wie er ruhig den Blick über die dunklen Felder schweifen ließ, als seien sie voller Blumen und nicht voller Leichen. »Hast du deswegen hier gegessen, einen Pissestrahl von einem Massengrab entfernt … nur um mir zu zeigen, wie gewissenlos du bist?«
    »Muss denn hinter allem ein finsterer Beweggrund stecken? Ich habe hier gegessen, weil ich Hunger hatte.« Bayaz neigte den Kopf ein wenig, als er zu Calder hinuntersah. Wie ein Vogel auf einen Wurm. »Gräber bedeuteten mir ohnehin nichts.«
    »Messer«, raunte Calder, »und Drohungen und Bestechungen und Kriege?«
    Bayaz’ Augen schimmerten im Licht der Lampe. »Ja?«
    »Was für eine verdammte Art von Zauberer bist du eigentlich?«
    »Die Art, der Ihr gehorchen werdet.«
    Der Diener griff nach dem anderen Teller, aber Calder packte sein Handgelenk, bevor er abräumen konnte. »Lass ihn stehen. Vielleicht bekomme ich später noch Appetit.«
    Der Magus lächelte. »Was habe ich gesagt, Yoru? Er kann mehr vertragen, als du denkst.« Er winkte über seine Schulter hinweg, als er davonschritt. »Im Augenblick ist der Norden in sicheren Händen.«
    Bayaz’ Diener nahm den Korb und die Lampe und folgte seinem Herrn.
    »Wo ist der Nachtisch?«, rief Calder ihnen nach.
    Der Diener lächelte ihn noch einmal süffisant an. »Den hat der Schwarze Dow.«
    Das Schimmern der Lampe folgte ihnen, als sie ums Haus herumgingen, dann waren sie verschwunden, und Calder lehnte sich in der Dunkelheit auf dem wackligen Stuhl zurück, schloss die Augen, atmete schwer und empfand eine Mischung aus tiefster Enttäuschung und noch tieferer Erleichterung.

WUNSCHERFÜLLUNG
    Mein lieber und treuer Freund,
    Mit großer Freude teile ich Ihnen mit, dass sich die Lage dergestalt verändert hat, dass ich Sie nach Adua zurückbeordern kann und Sie bitte, erneut Ihre alte Stellung bei den Rittern der Wacht einzunehmen und vor allem wieder als mein oberster Leibwächter zu dienen, wie es Ihnen gebührt.
    Sie wurden sehr vermisst. Während Ihrer Abwesenheit waren mir Ihre Briefe eine ständige Quelle des Trostes und der Freude. Was auch immer Sie sich einmal haben zuschulden kommen lassen, habe ich Ihnen längst vergeben. Was auch immer ich mir je zuschulden kommen ließ, ich bitte Sie, es ebenso zu halten. Bitte sagen Sie mir, dass wir dort wieder anknüpfen können, wo wir vor Sipani standen.
    Ihr Souverän
    der Hochkönig von Angland, Starikland und Midderland, Bewahrer von Westport und Dagoska, Seine Ehrwürdige Majestät …
    Gorst konnte nicht mehr weiterlesen. Er schloss die Augen, Tränen brannten unter seinen Lidern, und er drückte das zerknüllte Blatt so innig gegen seine Brust, wie man vielleicht eine Geliebte umfassen mochte. Wie oft hatte der arme, zurückgewiesene, ins Exil verbannte Bremer dan Gorst von diesem Augenblick geträumt? Träume ich jetzt immer noch? Er biss sich auf die wunde Zunge und stellte erleichtert fest, dass er Blut schmeckte. Zwang sich, die Augen wieder zu öffnen, ließ den Tränen freien Lauf und starrte durch ihren Schleier wieder auf den Brief.
    Mein lieber und treuer Freund … mein oberster Leibwächter, wie es Ihnen gebührt … des Trostes und der Freude … dort anknüpfen, wo wir vor Sipani standen … Anknüpfen, wo wir vor Sipani standen …
    Dann runzelte er die Stirn. Wischte sich die Tränen mit dem Handrücken weg und sah auf das

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