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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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weit. Eine leichte Brise erhob sich und kühlte die Tränen auf seinem Gesicht . Er legte den Kopf in den Nacken, kniff die Augen zusammen, zuckte und stöhnte, als ob er das Messer schon in seinen Rücken gleiten fühlte. Als ob das Metall schon in ihm sei. Wann würden sie es tun? Doch sicherlich jetzt gleich …
    Der Wind legte sich wieder, und er glaubte ein leises Klimpern zu hören. Stimmen erschollen aus der Richtung, in der das Haus stand. Dennoch blieb er einstweilen stehen und schluchzte bei jedem Atemzug wieder auf.
    »Als Vorspeise Fisch.«
    »Hervorragend.«
    Zitternd und bebend wandte sich Calder langsam um. Jede Bewegung fiel ihm entsetzlich schwer.
    Gründig und Hohl waren verschwunden, ihre Fackel flackerte einsam am Rand der Grube. Hinter dem verfallenen Zaun, auf der verfallenen Veranda hatte man ein Tuch über den Tisch gebreitet und fürs Abendessen gedeckt. Ein Mann packte aus einem Korb etwas zu essen aus. Ein anderer hatte auf einem der Stühle Platz genommen. Calder wischte sich die Augen mit dem Rücken seiner stark zitternden Hand und wusste nicht recht, ob er seinen Augen trauen konnte. Der Mann dort auf dem Stuhl war der Erste der Magi.
    Bayaz lächelte zu ihm herüber. »Wenn das nicht Prinz Calder ist!« Als ob sie sich gerade zufällig auf dem Markt begegnet wären. »Bitte setzt Euch doch zu mir!« Und dieser geradezu widerwärtig-unterwürfige Ton, der doch nichts anderes bedeutete als allergrößte Geringschätzung!
    Calder wischte sich Rotz von der Lippe; er erwartete immer noch, dass jeden Augenblick ein Messer aus der Dunkelheit geflogen kommen würde. Dann schritt er langsam, ganz langsam zurück durch die Lücke im Zaun. Seine Knie schlotterten dermaßen, dass er hören konnte, wie sie gegen seine nassen Hosenbeine schlugen.
    Der Diener richtete den umgekippten Stuhl auf, bürstete ihn ab und deutete mit der Hand darauf. Calder ließ sich auf die Sitzfläche fallen, völlig taub und gefühllos und mit immer noch tränenden Augen, und dann sah er zu, wie Bayaz ein Stückchen Fisch in den Mund schob, es langsam, gründlich und mit Hingabe kaute und dann hinunterschluckte.
    »Also. Die Weißflut soll die nördliche Grenze von Angland bleiben.«
    Calder saß da und war sich peinlich des leicht schnarchenden Geräuschs bewusst, das er bei jedem krampfhaften Atemzug machte, aber er konnte nichts daran ändern. Dann blinzelte er und nickte schließlich.
    »Über das Land zwischen Weißflut und Cusk mitsamt der Stadt Uffrith wird der Hundsmann als Statthalter regieren. Es wird ein Protektorat der Union und stellt sechs Vertreter im Offenen Rat.«
    Calder nickte wieder.
    »Der Rest des Nordens bis hoch zur Crinna gehört Euch.« Bayaz schob sich den letzten Bissen Fisch in den Mund und wedelte mit seiner Gabel. »Hinter der Crinna gehört das Land Fremder-klopf-an.«
    Am Tag zuvor hätte Calder vielleicht noch eine trotzige Bemerkung gemacht, aber nun konnte er an nichts anderes denken, als dass er sich glücklich schätzte, nirgendwo in einer Grube zu liegen und Blut aus ihm herausströmen zu fühlen … Und dass er sich diesen wonnevollen Zustand ums Verrecken möglichst lange erhalten wollte. »Ja«, krächzte er.
    »Dann braucht Ihr keine … Bedenkzeit, um Euch alles noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen?«
    Vielleicht eine Ewigkeit lang in einer Grube voller Leichen? »Nein«, flüsterte Calder.
    »Entschuldigung?«
    Calder holte aufschluchzend Luft. »Nein.«
    »Sehr schön.« Bayaz tupfte sich den Mund mit einem Tuch ab und sah auf. »Das ist schon viel besser.«
    »Eine sehr große Verbesserung.« Der lockenköpfige Diener hatte die Lippen zu einem Lächeln geschürzt, nahm Bayaz den Teller weg und stellte ihm einen neuen hin. Wahrscheinlich glich sein Gesichtsausdruck Calders eigenem arroganten Lächeln, aber an einem anderen gefiel es ihm ebenso wenig, wie es ihm gefallen hätte, wenn jemand anders seine Frau gevögelt hätte. Der Diener hob mit großer Geste die Haube von einer Servierplatte.
    »Ah, das Fleisch, das Fleisch!« Bayaz sah zu, wie das Messer blitzend hin und her zuckte und sein Diener ihm mit bestechender Geschicklichkeit hauchdünne Scheiben abschnitt. »Fisch ist ja nicht übel, aber das Abendessen beginnt erst richtig, wenn man etwas vorgesetzt bekommt, das ein wenig blutet.« Mit der Gewandtheit eines Taschenspielers legte der Diener Gemüse dazu, dann wandte er Calder wieder sein selbstzufriedenes Lächeln zu.
    Es war etwas eigentümliches,

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