Heldensabbat
müssen längst erfaßt haben, was die deutsche Kampfgruppe vorhat.
Er biegt in einem harten 90-Grad-Winkel ab. Die stählernen Ungetüme rollen jetzt in breiter Front, gestaffelt. Leutnant Hartwig übernimmt die Sicherung am rechten Flügel. Da sich die Panzer mit Beutesprit versorgen konnten, haben die Männer wenigstens keine Treibstoffprobleme.
Vorsichtig sichernd schaffen sie die nächsten 3 Kilometer.
Dann passiert es: Pakdirektbeschuß aus kürzester Entfernung. Vielleicht nur 200 Meter. Eine gut getarnte Panzerfalle auf einer Anhöhe. Die Kampfwagen mit dem Balkenkreuz können das Feuer nicht erwidern, weil in der Senke der eigene Neigungswinkel zu groß ist. Sie liegen auf einem Präsentierteller, genau im Schnittpunkt von zwei russischen Pakstellungen. Ein Durchbruchsversuch ist genauso sinnlos wie ein Rückzug.
Die ersten Fahrzeuge drehen Pirouetten in Schnee und Eis. Einschläge links und rechts von ihnen. Die ersten Volltreffer. Wabernde rote Lohe. Schwarzer Qualm quillt vom Boden hoch. Panzerplatten platzen wie Glas. Das Gesicht Hauptmann Fabers wirkt schwarzgrau unter der Pulverbeize: Was ist noch zu retten?
Nicht mehr viel. Die Stahlungeheuer, die den erbarmungslosen Pakgranaten in Zickzackfahrt entkommen wollen, werden erfaßt und von Geschossen plattgedrückt, als wären sie aus Pappe. Besatzungen, die herauskommen, versuchen, hinter Schneehaufen Deckung zu finden.
Leutnant Hartwigs Fahrzeug bleibt bewegungslos liegen. Kettentreffer. Dem Fahrer rasselt ein Splitter zwischen die Augen. Das linke spritzt heraus, bleibt am Geschwindigkeitsmesser kleben, verdeckt die Marke 10 Stundenkilometer. Mit diesem Tempo fährt der Panzer im Halbkreis weiter. Der Feind verkürzt das Feuer.
Ringsum spritzen die Detonationen hoch.
»Schicht!« brüllt Stefan, reißt den Turmdeckel auf, steigt aus, läßt sich über das hintere Deck rutschen. Zwei Männer der Besatzung folgen ihm. Der ramponierte Panzer IV wird zum kochenden Teekessel, der unter einer Wolke Wasserdunst verschwindet.
Der junge Zugführer erfasst die Situation: Er muß es riskieren. Zu den zwei Überlebenden seiner Besatzung liest er noch vier andere Ausgebootete auf. Hartwig verfügt über eine MP, die anderen über Handfeuerwaffen, und einige haben sich vor dem Einsatz Eierhandgranaten in die Taschen geschoben, für alle Fälle.
Der Leutnant deutet auf den Hang. »Los!« befiehlt er. »Geschlossener Sprung!«
Im Kampfgetümmel gelangen sie an den Fuß der Anhöhe und keuchen im Halbkreis im toten Blickwinkel hoch. Sie kommen unbemerkt bis auf wenige Meter an die Pakstellung heran, ziehen die Eierhandgranaten. Stefan feuert mit der MP. Neben ihm schießt einer mit der 0,8. Sekunden später ist die Stellung aufgerollt und die rechte Pak zum Schweigen gebracht. Stefan und seine Männer geraten in schweren Beschuss russischer Infanteristen der zweiten Linie und müssen sich wieder zurückziehen.
Die Kanoniere der linken Pak wechseln überstürzt das Ziel. Das nutzt Oberfeldwebel Schulz, rollt auf die Stellung zu, bis er sie endlich anvisieren kann. Schon mit der zweiten Granate erledigt er die Panzerabwehrstellung.
Die dezimierte Kampfgruppe hat die Falle gesprengt, aber die Sowjets werden gleich nachdrängen, um die Lücke wieder zu schließen. Hauptmann Faber zieht sich an den Rand der Mulde zurück. Der Schauplatz des Gemetzels wird zum Niemandsland, in dem bewegungslose Kampfwagen und verwundete wie versprengte Soldaten liegen.
In der Abenddämmerung zieht der Chef der Kampfgruppe Bilanz: Er hat fast die Hälfte seiner Panzer verloren, jeder dritte seiner Männer ist gefallen, versprengt oder verwundet. Daß zu ihnen auch Stefan Hartwig gehört, der durch seinen Handstreich auf die Pakstellung die Kampfgruppe vermutlich gerettet hat, trifft ihn hart, aber Hans Faber würde auch dann einen selbstmörderischen Rettungsversuch starten, wenn es nur um die anderen ginge. »Wir warten noch ein paar Minuten, bis es ganz dunkel ist«, quetscht er hervor. »Dann gehen wir nach vorne und versuchen, unsere Leute zu bergen.« Er konstatiert bestürzte Zustimmung. »Wir können sie doch da nicht einfach liegen lassen.«
»Sicher«, erwidert Oberfeldwebel Schulz. »Aber genau darauf wartet der Iwan.«
Der Offizier ist gewohnt, mit seinen Schülern zu diskutieren, nicht mit seinen Soldaten. »Schnauze!« knurrt er und sieht auf die Uhr. »Wir starten in zehn Minuten. Zu Fuß. Wir holen die Verwundeten heraus, vielleicht bekommen wir auch Fahrzeuge
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