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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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weiß, wie man die Naturgewalten steuert. Er tritt die erste Spur in das Neuland. Die Spur wird haften bleiben, und es soll unverkennbar seine bleiben.
    Sie liegen nebeneinander, Sibylle mit dem Kopf an seiner Schulter. Faber spürt, daß ihm ihr Körper so entgegenwächst, wie der seine zu ihr hindrängt. Eigentlich ist die Premiere der Intimität ein Nachvollzug, denn in ihren Gedanken und Träumen haben sie sich längst gehabt, nicht einmal, hundertmal.
    Ein Verführer ist Hans Faber, ein Eroberer will er nicht sein. Sibylle spürt seine Hände auf ihrer Haut, Hände, die sensibel und doch kräftig sind. Und von jeder Stelle, die sie berühren, wird die Gänsehaut zu einem Lauffeuer, das den ganzen Körper versengt. Längst bevor sie sich ihm hingegeben hat, spürt ihn Sibylle in jeder Pore, hört Worte, die der Freund nicht ausspricht, und findet solche, die ihr noch nie über die Lippen gekommen sind.
    Seine Hände streicheln ihren Nacken, gleiten abwärts, verharren auf Wölbungen, die schon längst süchtig nach der Berührung sind.
    »Ich hab' dich lieb«, raunt Sibylle ihm zu, »aber du quälst mich.«
    »Ich quäl' dich nicht«, erwidert er, »weil ich dich liebe.«
    Wellen schrubben leise gegen das Ufer. Grillen zirpen im Garten. Der Wind säuselt. Gedämpftes Mondlicht fällt durch das Fenster in die Folterkammer der Zärtlichkeit mit den beiden Opfern, die nicht glücklicher sein könnten.
    Fabers Hände rotieren wieder, gleiten tiefer. Sibylle merkt, daß der Freund am Ende seiner Selbstbeherrschung ist. Ihr Lächeln kommt von innen; es ist selbstvergessen und eine Spur kokett, mädchenhaft und doch urweiblich. Sie hört seinen Atem an ihrem Ohr, spürt, wie heiß er ist. Sie drängt sich noch fester an ihn.
    »Du«, keucht er, »du weißt, was du tust –«
    »Ich weiß es nicht«, entgegnet sie, »aber ich tu's.«
    Ihre Worte machen Faber, der die Naturgewalten steuern will, zum Spielball der Elemente. Sein Bewußtsein ertrinkt im Verlangen. Die Sehnsucht reißt seinen Körper in kleine Stücke und setzt sie wieder zusammen. Die Erfüllung wird zur Explosion, doch gleich folgt neues Begehren. Der Sturm flaut ab und ballt sich wieder zusammen.
    »So schön ist das?« sagt Sibylle außer Atem. »So wunderschön –«
    »Hab' ich dir weh getan?« fragt er behutsam.
    »Bist du verrückt?« erwidert sie. »Du hast mich glücklich gemacht, wie ich es nie zuvor im Leben war.«
    Der Sturm beginnt von neuem, endet nicht, nicht in dieser Nacht, und er soll es nie, das gelobt sich jedes der Liebenden zunächst selbst, und dann sagen – und erleben – sie es gemeinsam.
    Sie wehren sich gegen die Beglückung der Erschöpfung, stemmen sich gegen den Schlaf, geizen mit jeder Minute. Und verlieren fast zwei Stunden, jedoch Arm in Arm und Wange an Wange.
    Am Morgen erwacht Sibylle als erste, merkt, daß der Mann an ihrer Seite noch schläft. Sie möchte ihn streicheln, will den Freund aber nicht um den Schlaf bringen. Aber dann sieht Sibylle, daß auch er längst wach ist, sich nur schlafend stellt, um sie nicht zu stören. Sie springt behende aus dem Bett.
    »Langsam, Mädchen, sachte«, sagt er. »Du kannst mich doch nicht jetzt schon verlassen.«
    »Das werde ich nie«, erwidert sie. »Wie möchtest du die Frühstückseier?«
    »Ich mag dich und sonst nichts auf der Welt.«
    »Drei Minuten?« fragt Sibylle übermütig. »Vier Minuten?«
    »Ewig«, entgegnet Faber.
    »Da werden sie doch steinhart, du Dummkopf.«
    Während sich Faber rasiert, streicht Sibylle Panini mit Butter und Honig, gießt Kaffee ein.
    »Nur heute«, protestiert er, »ausnahmsweise. Selbst ist der Mann!«
    »Und was für ein Mann«, entgegnet sie.
    »Zufrieden?«
    »Für mich bist du der Größte.« Sibylle lächelt schelmisch mit ihren braunen, glänzenden Augen. »Freilich auch der erste, aber«, sagt sie und stupst ihn mit dem Zeigefinger, »sicher auch der letzte.«
    »Hört sich toll an«, versetzt Hans Faber.
    »Und du?« fragt sie. »Bist du zufrieden mit mir?«
    »Wie kannst du nur fragen.«
    »Ich meine«, fährt sie mit einer ganz kleinen Spur Verlegenheit fort, »hab' ich mich ungeschickt angestellt?«
    »Du«, lacht er, und seine Arme greifen nach Sibylle, ziehen sie auf seinen Schoß; er küsst sie, »du bist ein Naturtalent.«
    »Und du verstehst etwas von der Intimität?«
    »Ich denke«, bestätigt Faber.
    »Ich meine, du hast Vergleichsmöglichkeiten?«
    »Gehabt«, entgegnet er. »Du kannst deine Rivalinnen vergessen,

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