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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Sibylle. Ich hab' sie längst aus meinem Gedächtnis gestrichen«, stellt er fest. »Außerdem waren es keine Rivalinnen.«
    »Du Schwindler«, erwidert sie. »Aber ein Mann braucht wohl seine Erfahrungen«, setzt sie ein wenig altklug hinzu. »Du hast mich verführt, und du mußt nun die Folgen tragen.«
    »Pronto, Signora«, albert Faber. »Ich konnte ja nicht wissen, daß du mit zweiundzwanzig noch so ein – so ein unbeschriebenes Blatt bist.«
    »Ich habe auch schon befürchtet, daß ich als alte Jungfer enden könnte«, lacht Sibylle heraus. »Ich könnte ja nun behaupten, daß ich mich für dich aufgespart habe, Hans«, wird sie wieder ernsthaft. »Aber ich will dich nicht belügen. Mit siebzehn hatte ich die ersten Küsse im Mondschein mit einem Tanzstundenpartner und mit neunzehn die erste Enttäuschung. Wenn ich es mir so recht überlege, eine harmlose Geschichte, aber sie machte mich wählerisch. Und dann – ich muß dir gestehen, daß mein Vater einiges dazu getan hat, das starke Geschlecht in meinen Augen anzuschwärzen.«
    Faber nimmt ihre Hand, dreht sie um, küsst die Innenfläche. »Wie ich deinen Geschmack schätze, Sibylle«, stellt er fest.
    Ihre Apartments gehen auf den Garten, über dem die erste Morgensonne steht. Hans Faber schaltet das Radio ein. Die Canzoni d'amore werden wohl eigens für sie aufgelegt. Dann endet die Musik.
    Nachrichten, der Unrat der Zeit: Gräuel an der polnischen Grenze. Italienisch klingt die Hetze weniger grausam, unwirklicher, ändert aber nichts an der Brisanz.
    Faber steht auf und schaltet das Radio aus.
    »Bravo«, ruft Sibylle. »Du machst dich, Hans, du macht dich phantastisch.«
    Die Luft duftet wieder nach Meer, nach Erde, nach Frühling. Die Vögel zwitschern, die Schmetterlinge vertändeln ihr kurzes Leben – und Polen liegt wieder weit im Osten. Die Wirtin winkt ihnen schon von weitem zu. Sie schneidet Blumen, kommt langsam näher, ein fraulich wissendes Lächeln spielt um ihren Mund. »Un giorno meraviglioso«, lobt sie den großartigen Tag.
    »Dawero«, bestätigt Faber.
    »Sag ihr bitte, daß wir verlobt sind«, fordert ihn Sibylle auf.
    »Che dice la signora?«
    »Siamo fidanzati adesso«, erklärt Faber.
    Und die Hexenfee geht auf die Kindfrau zu und umarmt sie stürmisch. »Auguri, auguri!« ruft sie, bis sie beide außer Atem sind. Die Italienerin läßt Sibylle langsam los, fährt mit der Hand über die langen braunen Haare. »Che bella«, wendet sie sich wieder an Faber. »Una bellissima signorina.«
    Dann fragt die Wirtin, was sie zur Feier des Tages kochen soll.
    Eigentlich sei es gleich, entgegnet Hans Faber, weil jeder Tag eine Feier sein werde. Er spricht weiter mit der Wirtin italienisch. Sie nickt, lacht und eilt diensteifrig davon.
    »Was hast du ihr gesagt?« fragt Sibylle.
    »Gleich«, versetzt er, »sie kommt gleich zurück, dann wirst du ja sehen.«
    Die Italienerin bringt ein Telegrammformular.
    Hans Faber schiebt die Frühstücksbrötchen beiseite und schreibt in Blockbuchstaben: »Signor und Signorina Gustav Bertram, Mainbach. – Wir haben uns soeben verlobt. Stop. Herzliche Grüße von Sibylle und Hans Faber.«
    »Richtig?« fragt er.
    »Ja«, bestätigt sie. »Seit wann so couragiert?«
    »Seit heute nacht«, erwidert er. »Dafür aber für immer.«
    Sie liest den Text noch einmal durch und streicht den Nachnamen. »Erstens einmal«, erklärt sie, »brauchst du deinen Nachnamen nicht zu nennen, Mutter weiß in jedem Fall, wer du bist –«
    »Und zweitens?«
    »Ein Eilbrief tut es auch, ein Telegramm würde Mama nur erschrecken. Außerdem«, Sibylle lächelt leicht perfide, »gibt ein ausführliches Schreiben mehr Gelegenheit, dich etwas weniger unverbindlich zu äußern. Wir werden einen Gemeinschaftsbrief schreiben, du die Vorderseite, ich die hintere – und jede Seite ist streng geheim. Einverstanden?«
    Faber nickt.
    »Und dann auch nicht an meine Eltern, sondern nur an meine Mutter.«
    »Ich werde mich deinem Vater stellen, und zwar sofort.«
    »Tu das nach unserer Rückkehr«, erwidert Sibylle. »Du weißt ja sicher schon, daß die Ehe meiner Eltern nicht sehr gut ist, aber unterschätze Mama nicht. Wenn es darauf ankommt, werden hinter ihr starke Bataillone stehen.«
    »Dann gib mir Briefpapier«, bittet der Pädagoge.
    Er hat es wohl leichter. Er wiederholt schriftlich, was er Frau Bertram schon mündlich erklärte, daß er Sibylle liebe und sie heiraten möchte und hiermit formell um ihre Hand anhalte, zunächst

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