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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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einen Fisch an der Angel, läßt nach seiner Anfrage am Nachmittag das abendliche Rendezvous noch immer offen. Gegen 18 Uhr erlöst sie ihn von den Wallungen der Eifersucht.
    »Fein«, sagt der Industrielle erleichtert. »Fahr schon voraus und zieh dich um. In einer Stunde hol' ich dich ab.«
    Er kommt pünktlich, starrt sie an, reißt sie an sich.
    »Nicht jetzt«, versetzt Cora. »Ich bin hungrig.«
    Sie fahren an den südlichen Stadtrand, erreichen die Olympiastraße nach Garmisch, Bertrams Hand tastet sich im Fahren nach ihr durch. »Schwierig, die Absage?« fragt er.
    »Das kann man wohl sagen«, erwidert sie lachend. »Welcher Mann läßt sich schon gern im letzten Moment verschaukeln?« Sie sieht ihn an und lacht. »Nun mach nicht schon wieder dein Nußknackergesicht«, bittet sie. »Ein Jugendfreund, ganz harmlos.«
    »Der Teufel soll deine Jugendfreunde holen, auch die harmlosen«, entgegnet der Begleiter, und sie lachen beide.
    »Seehotel oder Undosa?«
    »Im Seehotel war ich noch nie«, erwidert Cora. »Gut«, entscheidet er. »Dann sind wir auch schon gleich da.«
    Sie erhalten sofort den besten Platz. Die Ober scharwenzeln um den Industriellen herum und mustern seine Begleiterin mit ergebenen Hundeaugen. Die Speisenkarte ist ellenlang, enthält aber auch den vom Regime propagierten Eintopf, der eine Spende von 50 Pfennig für die Bewegung einbringen soll. Für eine halbe Mark ist hier nichts zu haben, aber was man in diesem Hause bekommt, ist hervorragend, ob es aus der Küche oder aus dem Keller kommt.
    Sie dinieren exzellent, gehen vom schweren Rheinwein auf einen trockenen Sekt über, der ihre Stimmung anheizt. »Darf ich bitten?« fragt der Chef höflich und entführt seine Direktionsassistentin auf das Parkett in der kleinen Bar nebenan.
    Cora schmiegt sich an ihn, dreht sich wie hingegossen. Er tanzt schlecht und recht, aber der Tanz ist nur eine Ausdrucksform der Erotik, und dieser Mainbacher bevorzugt andere Spielarten. Unmerklich schiebt sie ihren Unterleib dichter an den Partner und merkt sofort, wie sehr sie ihn erregt. Sein Kopf schwillt an, wird rot, sieht aus wie ein Dampfkessel, der gleich platzen muß.
    »Du machst mich verrückt«, raunt er ihr zu und reißt sie in die Drehung.
    »Genau das will ich«, erwidert Cora. »Ich bring' dich auf Trab. Weißt du eigentlich, wie jung du bist?«
    »An deiner Seite –«, keucht er.
    Die Flammendrote schürzt die Lippen. Je mehr sie die Glut steigert, desto weniger Arbeit wird sie später mit ihm haben. Die Musik endet. Die Paare trennen sich. Bertram geleitet seine Direktionsassistentin an den Tisch zurück, vorbei an ein paar Geschäftsfreunden, die ihm zunicken und sicher auch nicht ihre Legitimen dabeihaben. Der erste Mann der »Bertrag« reckt sich stolz wie ein Großwildjäger, der die Trophäe vorweist. Welch eine Frau! Was für ein Glück! Und dann diese Zukunftsperspektive.
    Der Kellner öffnet die nächste Flasche.
    »Ist doch hübsch hier«, lobt Bertram. »Wirklich ein schöner Abend! Ich hab' eine Stimmung zum Bäumeausreißen.«
    »Dann möchte ich dir deine gute Laune nicht verderben«, entgegnet Cora behutsam.
    »Wieso?« fragt er. »Etwas Unangenehmes? Hat es mit uns zu tun?«
    »Mit uns nicht«, erwidert sie gedehnt. »Aber vielleicht mit deiner Familie.« Sie entnimmt ihrer Handtasche das KdF-Schreiben und stellt fest, daß die Adern an seiner Stirne anschwellen, während er liest. Er wird rot wie ein zorniger Puter, schlägt mit der Faust auf den Tisch.
    »Das gibt's doch nicht«, sagt er. »Eine Verschwörung in der Familie – und das mit diesem Dr. Faber, diesem Miesling, diesem –«
    »Ich hätte dir diesen Brief wirklich nicht zeigen sollen«, wirft sich die Berlinerin vor. »Aber kann ich ihn unterschlagen?« fragt sie.
    »Das hätte ich mir verdammt verbeten«, erwidert Bertram. »Ich werd's ihnen zeigen!« sagt er wütend und springt vom Tisch hoch.
    »Aber doch nicht jetzt, Gustav«, ruft ihm Cora nach. Sie nimmt die Puderdose aus ihrer Tasche, schlägt sie auf, lächelt ihrem Spiegelbild zu.
    Der Kugellagerfabrikant verlangt Mainbach, dringend. Er erhält sofort eine Verbindung. Ohne Begrüßung sagt er zu seiner Frau: »Hast du gewußt, daß Sibylle mit diesem Faber in Italien ist?«
    »Ja«, erwidert Mathilde Bertram gelassen. »Guten Abend, Gustav.«
    »Wo ist Rolf?«
    »Er bereitet sich in Klausur auf das Abitur vor.«
    »Und unser Flittchen hurt in Italien mit diesem Schweinehund herum.«
    »Drück dich

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