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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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anständig aus«, erwidert Mathilde, »sonst lege ich auf.«
    »Anständig«, brüllt er in die Muschel. »Das sagst du, eine Intrigantin, die die eigene Tochter mit so einem Kerl verkuppelt und –« Der Unternehmer schreit und tobt, ohne zu merken, daß er ins Leere brüllt, weil seine Frau längst eingehängt hat.
    Einen Moment sieht sie ins Leere, strafft sich, wählt, wartet, bis sich der Teilnehmer meldet. »Guten Abend, Herr Dr. Fendrich«, sagt sie. »Entschuldigen Sie bitte, daß ich so spät noch störe, aber ich denke, es ist jetzt soweit.«
    »Gut«, erwidert der Jurist. »Ich stehe zur Verfügung.«
    »Wir starten morgen früh um acht Uhr nach München, Herr Fendrich«, sagt Mathilde Bertram und legt auf.
    Der Kampf hat begonnen – sie ist gerüstet.
    Ohne jedes Zutun wird Fähnleinführer Stefan Hartwig zum Funken im Pulverfaß, das an diesem Abend hochgeht. Seit langem schwelen Querelen zwischen dem Kreisleiter und der SD-Außenstelle. Eisenfuß, Hitlers Satrap in Mainbach, zugleich Oberbürgermeister und Kreisleiter, weiß seit langem, daß Hauptsturmführer Panofsky auch ihn und seine Kumpane ausspioniert. Zwar sind die SD-Monatsberichte, die er an Berlins Prinz-Albrecht-Straße schickt, streng geheim, doch für den Ortsgewaltigen, der die Partei durch die Saalschlachten an die Macht mitgeprügelt hatte, nicht so vertraulich, daß er nichts über ihren Inhalt erführe. Ein Alter Kämpfer hat auch in der SS-Zentrale seine Freunde sitzen, und vor allem in Mainbach, dessen Goldfasane ziemlich geschlossen hinter der Nummer eins stehen. Ein paar Abweichler gibt es überall, und die SS-Einheiten sind ohnedies ein Staat im Staate. Auch Martin Greifer, der Bannführer, hat einen SS-Rang und wird häufig mit Panofsky zusammen gesehen.
    Überraschend taucht Eisenfuß am Montagabend im Gebäude des Ruderclubs auf. Sport ist zu fördern; der Oberbürgermeister erscheint gelegentlich unangemeldet an den Trainingsplätzen. Als er im Vorbeigehen Stefan Hartwig sieht, stutzt er.
    Der Junge springt sofort auf und grüßt zackig.
    »Wieso bist du nicht im HJ-Osterlager, Stefan?« fragt der Parteimann.
    »Ich wurde beurlaubt, Herr Kreisleiter.«
    »Von wem?«
    »Von Bannführer Greifer.«
    »Strafweise?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    Der Junge zögert.
    »Setz dich«, sagt Eisenfuß, nimmt selber am Tisch Platz und winkt seinen Begleitern weiterzugehen. »Was war los?« fordert er den Zögernden noch einmal auf.
    Dann entlad sich Stefans Grimm offen und voll, und er berichtet die Vorgänge, die man ihm anlastet.
    »Warum bist du nicht zu mir gekommen?« fragt der Kreisleiter.
    »Wenn ich nicht in der Lage bin, meinen Onkel zu denunzieren, kann ich auch den Bannführer nicht verpfeifen, Herr Kreisleiter.«
    »Du bist ein prima Junge, Stefan«, lobt der Hoheitsträger. »Ich bring' das in Ordnung«, verspricht er und geht zu seinem Gefolge. »Ich möchte Greifer sprechen«, sagt er. »Heute Abend noch. Seht zu, daß ihr ihn auftreibt.«
    Sie holen ihn aus dem Kino und schaffen ihn in das Büro von Eisenfuß, der an seinem Schreibtisch sitzen bleibt und den Eintretenden zornig mustert, ohne ihm einen Stuhl anzubieten. »Sie haben Stefan Hartwig beurlaubt?« beginnt er.
    »Ja. Wegen Befehlsverweigerung«, entgegnet Greifer.
    »Und der Befehl war, seinen eigenen Onkel auszubaldowern.«
    »Unter anderem«, versetzt Greifer kleinlaut.
    Eisenfuß tippt sich an die Stirn, schüttelt den Kopf. »Schließlich ist Stefan selbst zu mir gekommen und hat sich über den Geschichtsunterricht seines Klassenleiters Dr. Faber beschwert. Wenn Sie Verstand hätten, würden Sie daraus schließen, daß es gar nicht nötig ist, diesen Jungen zu einem unwürdigen Verhalten anzustiften. Außerdem sehe ich nicht die geringste Veranlassung, ihn zu beurlauben. Diese Fehlentscheidung werden Sie rückgängig machen, Greifer.«
    »Aber dabei verlier' ich doch mein Gesicht«, versetzt der Bannführer zwischen Trotz und Unterwerfung.
    »Das ist mir scheißegal«, brüllt ihn der Parteirepräsentant zusammen. »Denken Sie sich gefälligst aus, wie Sie die Sache am besten deichseln, und zwar mit Beeilung. Mit und ohne Gesichtsverlust. Verstanden?«
    »Jawohl, Herr Kreisleiter«, erwidert Martin Greifer. »Ich darf aber bemerken, daß ich mich an den Fähnleinführer auf ausdrücklichen Wunsch des SS-Hauptsturmführers Panofsky –«
    »Dacht' ich mir's doch«, unterbricht ihn Eisenfuß. Er geht an die Tür, reißt sie auf, ruft Wimmer, seine rechte Hand.

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