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Heldenwinter

Heldenwinter

Titel: Heldenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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sie nicht leben!
    Namakan sah sich nach den anderen um. Er erwartete fast, Kjell von hölzernen Händen in Stücke gerissen zu sehen. Stattdessen war es ihm mit Ammornas Hilfe gelungen, die Statue, in der sein Schwert steckte, zu Fall zu bringen. Ammorna hielt den hilflos um sich schlagenden Wächter mit ihrem Krallenstab nieder, während Kjell seine Waffe freizerrte.
    Wo ist Morritbi? Da! Da ist sie! Da die Wächter sich nur langsam bewegten, war es der flinken Morritbi irgendwie gelungen, ihren Kreis zu durchbrechen. Sie stand nun geduckt hinter einer Gruppe von fünf oder sechs Statuen, die ihr den Rücken zuwandten.
    »Ihr seid nur Holz!«, schrie die Hexe. Ihre Hände schossen an ihren Gürtel.
    »Nicht!«, warnte sie Dalarr, doch es war zu spät.
    Eine Wolke rotes Skaldatpulver flirrte in der Luft, Morritbi stieß kräftig Luft aus, und eine Flut aus Flammen wusch über die Wächter hinweg. Ihr Holz mochte hart sein, aber es war auch trocken wie Zunder und bot dem Feuer reichlich Nahrung.
    Ja! Ja!, jubelte Namakan innerlich auf. Das ist es! Verbrenn sie alle! Der Jubel währte nur kurz. Obwohl die Handvoll Wächter, die von dem Feuerstoß erwischt worden waren, in Flammen standen, wankten sie immer noch voran wie Feuersäulen, denen plötzlich Beine gewachsen waren. Sie hat alles nur noch schlimmer gemacht!
    »Atschil Nimarisawi!« Dalarr setzte über seine kriechenden Gegner hinweg, um sich der neuen Bedrohung in den Weg zu stellen. »Atschil Galt!«
    »Katalik!«, gellte es mit einem Mal über das Prasseln der Flammen, das Keuchen der Kämpfenden und das Knacken der Wächter hinweg.
    Namakan wusste nicht, woher der schrille Schrei kam. Es scherte ihn auch nicht. Was ihn scherte, war seine Wirkung: Sämtliche Statuen, die auf erschreckende Weise zu einem Scheinleben erweckt worden waren, verharrten mitten in der Bewegung. Selbst die Wächter, aus denen die Flammen schlugen, blieben stehen und ließen sich einfach vom hungrigen Feuer verzehren.
    Auch Namakan und die anderen Eindringlinge ins Elfenreich waren einen Moment lang wie gelähmt. Dalarr überwand seine Überraschung über das unerwartete Ende des Gefechts als Erster.
    »Das wurde aber auch Zeit«, grollte er und steckte Blotuwakar zurück in die Scheide. Er schaute sich suchend um. »Empfangen die Kinder des Dunstes neuerdings so einen alten Freund?«
    Namakan bemerkte eine Gestalt, die sich aus dem Schutz einer nahen Ruine löste. »Dort, Meister!«
    Wer da mit gespanntem Bogen auf sie zukam, war eine Frau, die eine jener engen Holzrüstungen trug, wie Dalarr sie erwähnt hatte. Sie kann keine Elfe sein, dachte Namakan. Sonst würde ich doch nicht gleich sehen, dass sie eine Frau ist, denn der Meister hat ja gesagt, Männlein und Weiblein wären unter den Elfen arg schwer auseinanderzuhalten. Und ihre Hüften sind breit, und ihre Brüste … Außerdem hat sie kein langes Haar. Elfen müssen doch feines, langes Haar haben, glänzend wie Silber. Ihres ist kurz und struppig und stumpf wie billiges Messing. Nicht mal richtig spitze Ohren hat sie. Namakan stellte sich eine höchst unbequeme Frage: Was, wenn sie zu denen gehört, die die Elfen von hier vertrieben und ihr Reich verwüstet haben?
    Dalarr teilte die Bedenken seines Schülers offenbar nicht. »Nichts für ungut, ja? Ich weiß, dass ich nicht mehr so stattlich bin wie früher. Man kann mich leicht für jemand anderen halten.« Er breitete die Arme aus und machte einen Schritt auf die Frau zu. »Ich würde vorschlagen, wir …«
    Der Pfeil sirrte von der Sehne und bohrte sich keinen Fingerbreit vor Dalarrs Stiefelspitzen in die Erde.
    »Würdet ihr euch besser nicht bewegen?« Die Frau hatte bereits den nächsten Pfeil aufgelegt. Sie hatte einen sonderbaren Akzent, in dem sie die Zischlaute über Gebühr betonte. »Oder wollt ihr aussehen wie Stachelschweine?«
    Sie ist schnell. Namakan zeigte sich wider Willen beeindruckt. Und sie sieht zwar nicht aus wie eine Elfe, aber sie redet wie eine.
    »Wer seid ihr? Was wollt ihr hier?«, fragte sie, und sie klang dabei wie der erfahrene Oberst einer Stadtwache, der schon so manchen Landstreicher mit einem kräftigen Fußtritt davongejagt hatte.
    »Ich bin Dalarr att Situr.« Dalarr verneigte sich. »Ich bin ein ewiger Freund der Elfen. Und dies sind meine Begleiter, für deren Ehrbarkeit ich bürge.«
    »Ein Atschil Bekischak willst du sein?« Die Worte troffen vor Verachtung.
    »Hätte sich die Setom Kisch sonst vor mir geöffnet? Tut sie sich nicht

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