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Heldenwinter

Heldenwinter

Titel: Heldenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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Skaldat stieß und sich durch dessen Einfluss in ein Geschöpf aus den übelsten Albträumen verwandelte? Niemand kann es sagen. Doch eines steht fest: Alles, was mit dem Plagenvater in Berührung kommt, läuft Gefahr, einen grässlichen Tod zu sterben. Einen Tod, der niemals endet. Sein Einfluss frisst sich durch jedes lebendige Fleisch wie eine Made. Nur verzehrt diese Made ihren Wirt nicht. Sie lässt ihn umgehen wie einen Geist, der nicht aus seiner Hülle entweichen kann, und wenn eines ihrer Opfer seine Zähne oder Krallen in anderes Fleisch schlägt, dann springt die Plage auch auf dieses Fleisch über und verflucht es mit einem unstillbaren Hunger.
    Der größte Held, mit dem Eisarns Sippe je gesegnet war, trotzte dem Plagenvater. Guloth Bairasunus stieg in die Grotte hinab, in der sich der Slahis Sabba wand, stellte sich dem Ungetüm und hieb ihm einen Zahn aus dem Maul. Heulend und zischend zog sich das Ungetüm in eine Spalte zurück, aber Guloth war sich bewusst, dass er keinen endgültigen Sieg über den Plagenvater errungen hatte.
    Dazu brauchte es die Macht des Skaldats. Guloth ließ den Zahn zermahlen und verband ihn in der Glut seiner Esse mit schwarzem Skaldat und Stahl, um daraus eine lange Kette zu schmieden – die Ketten der Ewigkeit. Der Wunsch, mit dem er sie besprach, war der, dass diese Ketten den Slahis Sabba auf ewig binden würden.
    Doch um etwas zu binden, das so gewaltig ist wie der Plagenvater, muss man es zunächst dazu bringen, still zu halten. Und dazu wiederum bedarf es einer ganzen Armee. Guloth fand sein Heer, indem er sich in die Grüfte seiner Binge aufmachte. Er schlang sich die Ketten um die Arme, denen nun ja ein Bruchteil jener Macht innewohnte, mit der der Plagenvater die Grenzen zwischen Leben und Tod verwischte. Ja, ihr habt richtig gehört: Guloth rief die Gefallenen, die Dahingerafften, die Entschlafenen zu den Waffen. Es muss eine schaurige Streitmacht gewesen sein, die da in die Schlacht zog: Reihe um Reihe fauliger Leiber in rostigen Panzern. Halbe Gerippe, die mehr krochen, als sie gingen. Gerade erst zur Ruhe Gebettete mit leeren Gesichtern und erloschenen Augen.
    Die holprigen Lieder der Zwerge schweigen sich darüber aus, wie viele dieser wandelnden Leichen letztlich vom Plagenvater zerquetscht, zerrissen und zermalmt wurden. Wahrscheinlich lohnt es sich nicht, zweimal um dieselben Toten zu trauern, oder eines der abwegigeren Gebote der Drauhati verbietet es ihnen.
    Wie dem auch sei … Guloth legte dem Plagenvater die Ketten der Ewigkeit an, seine Sippe versiegelte das Tor zur Grotte des Slahis Sabba mit dem vertracktesten Schloss, das sich je ein Stummelbein ausgedacht hat, und alles hätte gut geendet, wenn nicht wir gewesen wären.
    Wir. Dieser zusammengewürfelte Haufen aus Narren und Schurken, die in den Pferdestämmen das größere Übel als in Arvids noch junger Herrschaft sahen. Die Herde des Fetten Hengstes stürmte gegen die Feste Kluvitfrost, und wir suchten verzweifelt nach irgendeiner Möglichkeit, irgendeinem Wunder, irgendeinem Fluch, um die Flut von Reitern aufzuhalten, die auf das Blut unschuldiger Tristborner versessen war.
    Ich würde allen Göttern, an die ich nicht glaube, danken, wenn ich nur sagen könnte, es wäre dieser räudige Hund Waldur gewesen, der uns die Ketten der Ewigkeit als Ausweg aus unserer hoffnungslos scheinenden Lage aufzeigte. Das würde sich nur zu gut fügen. Doch es wäre eine Lüge. Ausgerechnet Galt war es – der sanftmütige, schöne Galt –, der uns davon überzeugte, dass etwas, das von der Widerwart selbst berührt worden war, zu etwas Hehrem benutzt werden konnte. Als ließe sich aus Pisse eine schmackhafte Suppe machen oder aus einem Mann ohne Arme ein guter Schütze …
    Galt kannte die Legende vom Slahis Sabba und seinem Bezwinger. Einige Zeitgevierte zuvor hatte es ihn einmal in die Binge der Bärensippe verschlagen. Wenn ich mich recht entsinne, ging es da um eine Maid, deren angeblichen Reizen Galt erlegen war. Bedauerlicherweise hatte der Vater des Mädchens sie in ihrem Turmzimmer einschließen lassen. Dem Hörensagen nach war sie so schön, dass man den Verstand verlor, sobald man sie erblickte. So etwas schreckte Galt nicht ab. Im Gegenteil. Es stachelte seine Lust nur weiter an. Deshalb suchte er nach jemandem, der ihm die Tür zu dieser Kammer auftat, von der es hieß, kein Mensch könnte das Schloss daran je öffnen. Und wie gesagt, Zwerge und Schlösser sind wie Arsch und Eimer. Folglich

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