Heldenwinter
musste ein Zwerg her, koste es, was es wolle. Galt – und nun könnt ihr selbst entscheiden, ob ihr da von Glück oder Pech reden wollt – fand nicht irgendeinen Zwerg, der sich bereiterklärte, ihn zu begleiten. Nein, er fand den gelangweilten Sohn einer Sippenmutter, der es überdrüssig war, nur Gänge zu graben, den Blasebalg zu pumpen und Steine zu klopfen.
So lernte Galt Eisarn kennen, und ich habe euch schon davon berichtet, was für ein gewinnendes Wesen Galt hatte. Sie wurden Freunde, und sie blieben es auch, nachdem Eisarn das Schloss für ihn öffnete. Obwohl die Frau hinter der Tür sich als greulich genug herausstellte, dass Milch sauer wurde und Katzen einen Buckel machten, wenn sie in der Nähe war. Eisarn war das vermutlich ganz recht, denn ich hatte immer die leise Ahnung, dass der kleine Kerl einen gehörigen Narren an Galt gefressen hatte – einen Narren von der Sorte, die nicht zu verdauen sind und einem im Bauch herumhüpfen und nachts nicht mehr schlafen lassen. Deshalb hat er ihm auch den Herzfinder geschenkt, als sie auseinandergingen. Vermutlich hoffte er, Galt könnte sich seinerseits ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen. Nun ja, ich wurde schon Zeuge noch ungewöhnlicherer Begierden, aber das gehört nicht hierher …
Was hierher gehört, ist, dass Galt auf uns einredete, bis wir ihm zur Binge der Bärensippe folgten. Dort bin auch ich dann Eisarn zum ersten Mal begegnet. Damals war er noch nicht verstoßen. Das sollte sich bald ändern, und wahrscheinlich werdet ihr denken, ich wäre nicht ganz unschuldig daran. Denkt, was ihr wollt. Jeder trifft seine eigenen Entscheidungen. Keiner von uns ist eine Handpuppe, in die ein anderer ungefragt seine Finger stecken und sie nach seinem Willen bewegen kann.
Abgesehen davon käme mir selbst im Traum oder im Suff nie der Einfall, meine Finger in jemanden wie Eisarn zu stecken. Ich hätte viel zu viel Angst, dass sich meine Finger in ihm verlaufen könnten. Am besten stellt ihr ihn euch vor wie ein Fass, an das ein irrer Küfer viel zu kurz geratene Arme und Beine geschraubt hat. Und der seiner Schöpfung ein protziges Kettenhemd übergestreift und einen Helm auf den Deckel gesetzt hat. Einen prächtigen Helm mit allerlei Schnickschnack: ein halbes Dutzend Hörner, ein goldener Schutz für die mächtige Nase, links und rechts zwei silberne Spangen für die knolligen Ohren, hinten ein Kettengeflecht für den Stiernacken.
Galt erklärte dem Zwerg wortreich, weshalb wir ihn aufgesucht hatten.
»Ihr habt doch alle einen Stein zu viel auf den Kopf bekommen«, lautete Eisarns erstes Urteil. »Ihr wollt die Welt der Menschen retten, indem ihr sie in die Verdammnis stürzt. Ihr wollt einen einstürzenden Stollen mit morschen Balken stützen. Lasst das bleiben!«
Ein wahrlich vernünftiger Einwand. Allerdings hatte Eisarn die Rechnung ohne gleich zwei Wirte gemacht: seine Gier und Waldurs verführerische Zunge.
Waldur erwähnte nämlich, dass der König sich bestimmt für jede geleistete Unterstützung bei der Rettung seines Landes auf großzügigste Weise erkenntlich zeigen würde.
»Euer König hat eine gut gefüllte Schatzkammer«, meinte Eisarn da.
Nicht nur Waldur, wir alle nickten eifrig.
Eisarn strich sich den Bart länger, als ein alter Mann braucht, um nachts sein Wasser loszuwerden, und ich musste mich zusammenreißen, damit ich seine Entscheidung nicht aus ihm herausprügelte.
Und dann stellte er seine Forderung: »Ich will die freie Auswahl aus allen Schätzen, die euer König und seine Ahnen angehäuft haben.«
»So viel wie du tragen kannst«, kam ihm Waldur sofort entgegen.
Das zog. Wahrscheinlich hätte es bei jedem Zwerg gezogen. Eisarn machte sich also auf, um mit seiner Mutter zu sprechen und um die Herausgabe des Schlüssels für das Tor zu bitten, mit dem die Grotte des Plagenvaters verschlossen worden war.
Bei seiner Rückkehr hatte Eisarn keine guten Neuigkeiten für uns.
»Meine Mutter weigert sich, den Schlüssel herzugeben«, erklärte er. »Sie versteht eure Verzweiflung, aber sie will nicht riskieren, für einen Streit auf der Oberwelt die Zukunft der Unterwelt zu gefährden. Das ist das eine. Das andere ist, dass sie so oder so nicht daran glaubt, dass man dem Slahis Sabba mir nichts, dir nichts die Ketten abnehmen könnte. Er wird von den ruhelosen Toten bewacht, die sein Treiben geschaffen hat, und diese Toten kennen nur die Toten. In alle, die sie nicht kennen, schlagen sie nur ihre Zähne.«
»Wie
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