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Heldenwinter

Heldenwinter

Titel: Heldenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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sprach Dalarr. »Galt ist tot. Ich habe ihn erlöst. Gestern Nacht. Es war richtig so.«
    »Und du hattest nicht vor, uns das irgendwann zu erzählen?« Es war schwer abzuschätzen, worüber sich Kjell erschütterter zeigte: über Dalarrs Geständnis oder über dessen Zeitpunkt.
    »Der alte Wanderer hat viele Geheimnisse, die er lieber für sich behält, nicht wahr?«, merkte Ammorna an.
    Dalarr schwieg.
    »Was sorgst du dich so?«, erkundigte sich Tschumilal bei Kjell. »Ist die Einsamkeit meiner Mutter nicht bald vorüber? Wird sie nicht noch heute zu ihren Geschwistern gehen?«
    »Heißt das …?« Kjells Blicke wanderten suchend von Tschumilal zu Dalarr. »Heißt das das, was ich befürchte?«
    »Ja.« Dalarr nickte. »Nimarisawi wird den Leichnam Galts in ein Tuch hüllen und ihren toten Gatten zu den Fallenden Nebelwassern bringen. Sie wird denselben Sprung wagen, den die anderen Kinder des Dunstes vor ihr gewagt haben. Und glaub mir, du könntest eher den Lauf der Gestirne anhalten, als Nimarisawi von ihrem Vorhaben abzubringen.«
    »Sollen wir gemeinsam durch die Setom Kisch gehen?« Tschumilal deutete auf die Hecke.
    »Es wäre mir eine Ehre, dich an unserer Seite zu wissen.« Kjell verbeugte sich tief. »Und du sollst wissen, dass ich deine Trauer teile. Deine Mutter war eine ehrbare Frau und dein Vater ein tapferer Mann. Du kannst stolz auf sie sein.«
    Tschumilal erwiderte die Verbeugung nicht. Stattdessen drehte sie sich zur Hecke und flüsterte: »Bajisch!«
    Die dornigen Ranken gerieten in Bewegung und schufen rasch jenen Durchlass, durch den die Wanderer zuvor das Elfenreich betreten hatten. Tschumilal schritt voran auf die Öffnung zu, und die anderen folgten ihr.
    »Was war das Wort?«, wollte Namakan von seinem Meister wissen.
    »Verdorren«, entgegnete Dalarr dumpf. »Bajisch bedeutet verdorren.«
    Auf der anderen Seite der Hecke war es erneut Dalarr, der die Führung der Gruppe übernahm. Sie gingen über die schneebedeckte freie Fläche zurück in den Schwarzen Hain, und Namakan konnte sich nicht des beunruhigenden Gefühls erwehren, dass sein Meister mehr oder minder ziellos zwischen den Bäumen umherzog. Schließlich steuerte er auf einen großen Felsen zu, der sich in nichts von den anderen Findlingen unterschied. Dort angekommen, setzte er seinen Rucksack ab, schnürte ihn auf und begann, darin herumzuwühlen.
    »Warum halten wir an?«, stellte Morritbi die Frage, die gewiss allen auf den Lippen lag.
    »Damit ich das hier benutzen kann.« Dalarr holte einen kleinen Gegenstand aus dem Rucksack, der sich gut als Forke für einen Däumling geeignet hätte: Aus einem fingerlangen Stiel wuchsen drei dünne Zinken. Ein blauer Schimmer überzog das Metall, aus dem das winzige Ding geschmiedet war, auf dem Stiel befanden sich fremde Schriftzeichen.
    Skaldat! Blaues Skaldat! Namakan hielt ehrfürchtig den Atem an.
    »Ich habe mir erlaubt, etwas an mich zu nehmen, was deinem Vater gehört hat«, erklärte Dalarr Tschumilal.
    »Habe ich es nicht oft an ihm gesehen?« Sie machte einen Schritt auf Dalarr zu, um das sonderbare Werkzeug zu mustern. »Wozu ist es gut?«
    »Es ist ein Bigitan Hajirthera«, sagte Dalarr. »Ein Herzfinder. Ein Zwerg hat ihn gemacht.«
    »Der Zwerg, der der Freund meines Vaters war?«
    »Deine Mutter hat dir von ihm erzählt?«
    »Was hat mir meine Mutter nicht erzählt über jene Zeit, in der ihr Glück am größten war?«
    »Bitte sag mir nicht, dass wir in eine Zwergenbinge müssen«, mischte sich Morritbi ein. »Ich war bei den Spinnen nun wirklich lange genug unter der Erde und habe den Himmel vermisst.«
    »Ich weiß nicht, wo wir hinmüssen, aber der Herzfinder wird es mir verraten.«
    »Wie das, Meister?«, fragte Namakan. Das kleine Ding birgt Zauberkraft. Aber welche?
    »Wenn ein Zwerg einen anderen Zwerg sehr schätzt und sich ihre Wege trennen, gibt der eine dem anderen einen Herzfinder mit«, erklärte Dalarr. »Wenn der, der den Herzfinder hat, nun Sehnsucht nach seinem Freund bekommt und er nicht weiß, wohin es diesen verschlagen hat, führt ihn der Herzfinder an den richtigen Ort.« Dalarr zog verächtlich die Oberlippe hoch. »Warum man nicht gleich zusammenbleiben kann, wenn einem so viel aneinander liegt, wissen die Zottelbärte wahrscheinlich selbst nicht. Sie haben mehr sinnlose Traditionen als ein Straßenköter Flöhe.«
    »Wie hilft einem diese winzige Mistgabel dabei, jemanden zu finden?«, fragte Kjell.
    »Ganz einfach«, feixte Morritbi. »Du

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