Heldenwinter
der Klingen erklang erneut. Immer mehr Staub wirbelte auf und drohte, die Kontrahenten hinter einem dichten Schleier zu verbergen. Dagegen hatten die Untrennbaren das Skaldat gesetzt: Wo die Klingen aufeinandertrafen, glühten sie auf und zogen leuchtende Lichtbahnen hinter sich her, verwischten zu weißen und blauen Ringen und Kreisen.
Skaldat ruft nach Skaldat …
Der Staub legte sich vorübergehend, weil Waldur und Dalarr plötzlich dicht Rücken an Rücken standen, die Beine angewinkelt und fest in den Boden gestemmt. Beide hatten ihre Klingen über den Schulterblättern gekreuzt, sodass sie zwischen ihnen ein verkantetes Gewirr aus Stahl und Skaldat bildeten. Keuchend drückten und schoben die Tegin gegeneinander an, um ihre Kräfte zu messen, wie Bullen auf einer Weide.
Es war Dalarr, der unterlag, wenn auch nur durch ein unlauter scheinendes Mittel Waldurs: Der Krieger in Weiß trat blitzschnell nach hinten aus, traf seinen Gegner in der Kniekehle, und Dalarr sackte ein. Um nicht zu stürzen, stützte er sich auf Blotuwakar. Einen Moment war sein ganzer Körper gespannt wie auf einer Streckbank. Mehr brauchte Waldur nicht. Er drehte sich auf dem Standbein um die eigene Achse. Swiputir schrammte über Waldurs gepanzerte Flanke, ohne dass das Kurzschwert Schaden angerichtet hätte. Gleichzeitig wischte der Parierdolch über Dalarrs Stirn. Namakans Meister gewann die Balance zurück und richtete sich auf, doch er wankte.
Er blutet! Ein tiefer Schnitt klaffte über Dalarrs Brauen, aus dem sich ein roter Sturzbach über sein verzerrtes Gesicht ergoss. Ihr Untrennbaren, steht ihm bei!
Statt zum womöglich entscheidenden Stoß anzusetzen, tänzelte Waldur einen Schritt von Dalarr weg und lachte höhnisch auf. Es war das Lachen, mit dem ein Knabe beim Fechten mit Weidenruten über den anderen lachte, wenn er ihm einen pfeifenden Schlag genau zwischen die Beine verpasst hatte.
Ein begeistertes Raunen ging durch jenen Teil der Zuschauer, die nicht einmal wussten, worum hier gestritten wurde. Die Skra Gul heulten vor Freude. Auf Seiten der Wanderer herrschte nur stumme Erschütterung.
»Du hast dreißig Sommer Vater und Schmied gespielt«, spottete Waldur, »und vor lauter Windelnwechseln und Essefegen vergessen, dass wir Krieger sind.«
Dalarr fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Ein ohnmächtiger Reflex, um das Blut fortzuwischen, doch ebenso gut hätte man versuchen können, einen ganzen Herbstschauer in einem Fingerhut aufzufangen. »Ich habe dreißig Sommer Glück erfahren, während du nur Unheil über die Welt gebracht hast.«
Nach diesen Worten setzten sie ihren zweimal unterbrochenen Tanz fort, im Takt des verhaltener werdenden Donners und der nachlassenden Blitze.
Namakan wünschte sich zwar sehnlichst, er hätte sich nur an die rasende Geschwindigkeit des Gefechts gewöhnt, doch dem war nicht so. Der Meister wird langsamer! Es war noch schlimmer, wie Namakan zu ahnen begann. Er will den Meister vorführen! Waldurs erster Treffer, der ein wenig wie ein Fehlschlag gewirkt hatte, weil dem wehrlosen Dalarr nur die Stirn anstelle der Kehle aufgeschlitzt worden war, war nur Teil einer verschlagenen List gewesen. Er hat den Meister vor eine Wahl gestellt, die keine ist. Das Blut läuft ihm in die Augen. Entweder er wischt es weg, oder er kämpft blind. Aber wenn er es wegwischt, gibt er sich damit eine Blöße.
Namakan wurde ein Opfer der Starre, die einen Menschen so oft lähmte, wenn er Zeuge eines verheerenden Ereignisses wird, das er nicht verhindern kann. Die Starre eines Menschen, der eine feurige Sternschnuppe auf sich zurasen sieht.
Letztlich war Dalarr wohl zu stolz für die Blöße, was ihn jedoch der Blindheit überantwortete. Es kam, wie es kommen musste. Er übersah einen Streich von Waldurs Langschwert. Swiputir landete im Staub, und bevor das Kurzschwert auf dem Boden aufgeschlagen war, stieß Waldur seinen Dolch bis zum Korb in Dalarrs ungeschützte Achsel.
Dalarr brach in die Knie. Der Dolch glitt rot aus seinem Leib. Ein schwacher Blitz huschte wie ein Schemen über die Wolken, ohne seinen Weg zur Erde zu finden. Ferner Donner murmelte enttäuscht.
Meister!
Waldurs Schergen stimmten Jubelgesänge an. Wieder und wieder riefen sie den Namen, der ihrer und der ihres Gebieters zugleich war. »Skra Gul! Skra Gul!«
An den Rändern des Platzes lichteten sich die Reihen der anderen Zuschauer erstaunlich rasch. Nun, wo der Ausgang des Zweikampfs entschieden war, verloren sie das
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