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Heldenwinter

Heldenwinter

Titel: Heldenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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ihn jetzt töten und dich gleich mit. Und die ganze bunte Bande dort drüben. Doch ich tue es nicht. Und weißt du auch, wieso?«
    Namakan schüttelte den Kopf.
    »Weil ich ein Mann bin, der sein Wort hält.« Er warf einen Blick auf die Lache unter Dalarr. »Und weil unser Blut viel, viel dicker ist als eures.«
    Namakan war zu überrumpelt, als Waldurs Hand vorschoss und ihm eiskalte Fingerspitzen zärtlich über die Wangen strichen. »Dein Vater wird noch stolz auf dich sein«, sagte der Tegin sanft.
    Er wandte sich lächelnd von Namakan ab, um ruhigen Schrittes auf seine jubelnden Getreuen zuzugehen, die sich vor der Bastion versammelt hatten.
    »Halt!«, gellte Kjells Stimme über den Platz, als Waldur schon fast bei den anderen Skra Gul angekommen war.
    Plötzlich wuchs aus Waldurs linker Schulter ein Pfeil. Das Geschoss hatte sowohl die Schlaufe des Rucksacks als auch das weiße Skaldat der Rüstung glatt durchschlagen. Waldur taumelte nach vorn, dann fuhr er herum, einen Schrei auf den Lippen, der halb aus Schmerz und halb aus Wut geboren war.
    »Spürst du, was da in dir brennt?«, rief Tschumilal, den nächsten Pfeil bereits aufgelegt.
    »Smarna! Smarna! Smarna!«, brüllte Eisarn, in dessen Blick nackte Angst flackerte. »Du verfluchtes irres Spitzohr!«
    Die Skra Gul heulten vor Zorn auf, die restlichen Zuschauer taten entsetzt.
    Waldurs linker Arm hing schlaff herab, doch sein rechter war trotz der Last des Rucksacks unfassbar schnell. Er wischte Tschumilals zweiten Pfeil mit der Hand beiseite wie ein lästiges Insekt, aber er hatte die Härte des Elfenholzes unterschätzt.
    Rubinrot und golden fielen die Reste seines zaubermächtigen Reifs in den Staub.
    »Flikka mek!«, fluchte Waldur. Die Bruchstücke des Reifs schmolzen, und dünne Rauchfädchen stiegen von ihnen auf. »Ihr habt es so gewollt!«, zischte Waldur. Seine nächsten Worte galten den schmelzenden Überbleibseln des Kleinods. »Hol es dir! Das ganze Geschmeiß!«
    Einen Wimpernschlag lang war es totenstill. Sämtliche Zuschauer – hüben wie drüben, die Wanderer und die Skra Gul, die Passanten vom einen Rand des Platzes und die Leute aus dem Hafen vom anderen – waren verstummt. Sie spürten, dass gerade eine Macht entfesselt worden war, deren Wüten kein Ende kennen würde.
    Erste Flämmchen schlugen dort aus dem Boden, wohin der zerschmetterte Reif gefallen war. Flämmchen, die binnen eines einzigen Augenblicks zu einer Feuersäule aufloderten. Unter den einsetzenden Schreien der Menge und dem Trampeln Hunderter Füße wuchs die Feuersäule auf eine Höhe an, die es mit den Masten der Segler auf dem Fluss aufnehmen konnte.
    Unter sengender Hitze beobachtete Namakan von Grauen gebannt, wie sich aus der Feuersäule zwei lange, lodernde Arme ausstülpten, während ihre Spitze sich zu einer Kugel rundete.
    Morritbi hat mir nie gesagt, was für ein Riese ihr Vater ist.
    Der Feuergeist röhrte, fauchte und brüllte, als er begann, sich große Stücke seines brennenden Fleisches aus dem Leib zu reißen. Er schleuderte sie in alle Richtungen von sich und kannte weder Freund noch Feind. Die Geschosse zerstoben an den Mauern der Bastion, inmitten der fliehenden Menschen, zwischen den Häusern jenseits des Platzes. Die Skra Gul, die wohl nicht damit gerechnet hatten, dass Waldurs Zorn auch sie treffen würde, wurden zur leichtesten Beute für Morritbis Vater. Erst als die Ersten von ihnen brannten, wandten sie sich zur Flucht, doch es gab kein Entkommen für sie. Arm um Arm bildete der Feuergeist aus, umschlang die Skra Gul und stopfte sie in sein glühendes Maul. Was er ausspie, war nichts als Asche und verkohltes Fleisch.
    Glocken wurden geläutet, als die Brandwächter auf ihren Türmen überall in der Stadt den Rauch aufsteigen sahen. Die verirrten Feuerbälle, die über ihre eigentlichen Ziele – die Menschen, das Geschmeiß – hinausgeschossen waren, fanden in den Hütten des nahen Armenviertels und in den Lagerhäusern am Hafen unendliche Nahrung. Es wurde ein wahres Festmahl für die Flammen.
    Namakan warf sich über Dalarr, nicht nur, um seinen Meister zu schützen. Er suchte den Halt an ihm, den Dalarr ihm sein gesamtes Leben über geboten hatte. Es ist alles vorbei! Alles! Er wird uns verbrennen. Bitte lass es schnell gehen, bitte!
    »Namakan …«, flüsterte Dalarr rau. »Namakan …«
    »Es wird schnell gehen, Meister«, wisperte Namakan. »Ich verspreche es.«
    »Er ist ihr Vater … ihr Vater … Namakan …«
    Dalarr schloss

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