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Heldin wider Willen

Heldin wider Willen

Titel: Heldin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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einen Vorschlag hören möchte?«
    »Nur zu.«
    »Man kann immer zur Wand gehen«, sagte er. »Oben in den
    Gärten.«
    »Und ein Garten ist nicht zweideutig?«, fragte Esmay und zog die Brauen hoch. Auf Altiplano war das ganz klar so, denn dort führte die Redewendung Sie sind im Garten zu wissendem Grinsen.
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    »Nein … die Wand. Die Kletterwand. Selbst wenn Sie noch
    nie auf einen echten Berg gestiegen sind …«
    »Ich bin es«, stellte Esmay fest. »Sie meinen, dort findet man eine nachgemachte Felswand?«
    »Ja, Sir. Und das Parpaun-Spiel läuft schon.«
    Esmay lächelte und verblüffte sich damit selbst. »In Ordnung.
    Ich würde gerne mal diese nachgemachte Klippe probieren.«
    Als sie an der Felswand eintrafen, hing sie voller Möch—
    tegern-Bergsteiger, die das ganze Handwerkszeug ihres Sports mitführten. Esmay starrte zu den Sicherungsleinen hinauf, die von der Decke herabhingen. »Verzeihung«, sagte Barin. »Ich dachte, sie wären inzwischen gegangen – wir sind schon über die Zeit hinaus, zu der der Bergsteigerclub normalerweise Schluss macht, und niemand sonst scheint sie jemals zu
    benutzen.«
    »Egal«, sagte Esmay. »Sie kümmern sich nicht um uns.« Sie nahm die Felswand gründlich in Augenschein. Die Ver-tiefungen, die die Kletterer für Hände und Füße benutzten, bestanden aus Formkeramikfasern und waren mit Metall-klammern an der Klippe befestigt. »Sieht aus, als würde es Spaß machen.«
    »Das tut es, obwohl ich nicht sehr gut bin.« Barin blickte forschend nach oben. »Aber einer meiner Kabinenkameraden ist ein echter Kletterfan und hat mich ein paar Mal mitgenommen.
    Daher weiß ich auch, wann sie normalerweise aufhören.«
    »Kommen Sie herauf!«, schrie jemand von weit oben.
    Esmay schob die Hand in eines der Grifflöcher. »Lieber
    nicht… Ich habe keine Ausrüstung dabei, und außerdem … Wir 307
    hatten gerade ein Gespräch.«
    »Ein Gespräch oder eine Auseinandersetzung?«, fragte Barin und wurde dann wieder rot. »Entschuldigung, Sir.«
    »Nicht weiter schlimm«, sagte Esmay. Um die Basis der
    nachgemachten Felswand hatte man dekorative Pseudosteine platziert, um die Kletterzone vom Garten abzutrennen. Esmay fand eine behagliche Nische und setzte sich.
    »Ich lasse Sie allerdings nicht so einfach davonkommen.
    Falls Sie mir die Entschuldigungsprotokolle der Flotte erklären können, bin ich Ihnen auf ewig dankbar.«
    »Naja, wie ich schon sagte, was Sie eine Beleidigung
    nannten, ist nicht so wichtig … Ich meine, es sei denn, Sie hätten sich wirklich eine freundschaftliche Beziehung zu mir gewünscht, und das ist eine persönliche Angelegenheit. Ist das auch auf Ihrem Planeten so?«
    Auf ihrem Planeten hätte man für die Entschuldigungen, mit denen man sich bei der Flotte nie die Mühe machte, Duelle ausgefochten und Satisfaktion herbeigeführt. Ob er ihr Volk wohl für barbarisch hielt, weil es sich daraus etwas machte? »Es läuft anders«, sagte Esmay und überlegte sich, wie sie es ausdrücken sollte, ohne anzudeuten, was sie tatsächlich von den dortigen Verhaltensweisen hielt. »Wir haben wirklich die Neigung, uns schnell für allerlei zu entschuldigen …«
    Er nickte. »Also deshalb hält Sie Comm … halten einige
    Leute Sie für vorsichtig.«
    Esmay ging nicht auf diesen Ausrutscher ein, aber sie fragte sich doch, welcher Commander es war. »Tun sie das?«
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    »Ja… Zumindest habe ich einige Leute das sagen hören, denn Sie entschuldigen sich für Dinge, für die wir – Verzeihung, die meisten Flottenfamilien – es nicht täten, die wir einfach hinnehmen würden. Das erweckt den Anschein, Sie wüssten
    nicht recht, was Sie tun.«
    Esmay blinzelte und dachte an all die Jahre bei der Flotte zurück, von der Vorbereitungsschule an. Sie hatte viele Fehler gemacht und auch erwartet, dass sie es tun würde. Leitstern waren ihr die Regeln der eigenen Familie gewesen: Sage die Wahrheit, gestehe deine Fehler ein, mach nicht den gleichen Fehler zweimal, entschuldige dich für deine Irrtümer sofort und umfassend. Wie konnte man das nur für Schwäche und
    Unsicherheit halten? Es war die Bereitschaft zu lernen, die Bereitschaft, sich führen zu lassen.
    »Ich verstehe«, sagte sie langsam, obwohl sie es nach wie vor nicht verstand. »Also … wenn man einen Fehler macht,
    entschuldigt man sich nicht?«
    »Nicht, solange er nicht ganz schön heftig war … Oh, man sagt schon, dass es einem Leid tut, wenn man jemandem auf den Fuß tritt, aber man macht keine große

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