Heldin wider Willen
kannte.«
»Sie sollte überhaupt nicht der technischen Laufbahn folgen«, meinte Seveche. »Dieser Vortrag vor der Taktikgruppe der Führungsoffiziere wurde von einem Verstand entwickelt, der in Kommandobegriffen denkt.«
»Sie hat sich um die technische Laufbahn beworben«, wandte Admiral Dossignal ein, aber das Zucken im Mundwinkel verriet seinen Untergebenen, dass er den Advokat des Teufels gab.
»Ich denke, das liegt an der kolonialen Herkunft«, sagte Seveche. »Ich habe den Kulturindex von Altiplano nachgeschlagen. Auch wenn sie die Tochter eines Generals ist, hat diese Kultur keine Tradition weiblicher Kommandeure.«
»Keine von Frauen im Militär, Punkt«, sagte Dossignal. »Ich habe denselben Bericht gelesen.«
»Naja, dann. Und die Subalternoffiziere umschwärmen sie
wie Bienen den Honig.«
»Wobei sie sich nicht wohl fühlt«, gab Pitak zu bedenken.
»Sie hat mir gegenüber darüber geschimpft und behauptet, sie verstünde es nicht. Falls das ehrlich gemeint ist, und ich denke, das ist es, dann hat sie keinen Begriff von den eigenen
Fähigkeiten …«
»Die Ihrer Feststellung nach nicht technischer Natur sind.«
»Naja …« Pitak dachte nach. »Ich möchte es nicht über—
treiben. Sie hat den nötigen Grips, und sie bringt ihn ein. Ich kann nichts über ihre Fähigkeiten mit Scannern sagen, aber so weit es R&A anbetrifft, ist sie nur ein fleißiger Amateur. Und da 298
bleibt noch ihre Gewohnheit festzustellen, alles unter
Einsatzgesichtspunkten zu sehen.«
»Zum Beispiel?«
»Nun … Sie hat den zweiten Kurs in Rumpfkonstruktion
abgeschlossen, und ich habe sie beauftragt, eine These über die Modifikationen zu erstellen, die man braucht, um die neue Tarntechnik zu unterstützen. Ich habe das Übliche erwartet, wie ich es von Ensign Zintner erhielt: Wo man die Systeme einbaut, je nach Energiebedarf, Auswirkungen auf das Schwerkraftzentrum und so weiter. Alles technische Überlegungen. Was Suiza hervorbrachte, war eine Analyse der veränderten
Leistungsdaten im Hinblick auf die Einsatzfähigkeit. Ich habe sie darauf hingewiesen, und sie hat zweimal geblinzelt und gesagt: ›Oh – aber ist das nicht der entscheidende Punkt? ‹«
Seveche und Dossignal lachten. »Ja«, sagte der Admiral, »ich verstehe, was Sie meinen. Sie gewichtet alles nach seinem Nutzen im Gefecht…«
»Worauf es auch uns ankommen sollte«, sagte Pitak. »Das ist mir klar … Aber ich weiß auch, dass ich persönlich immer wieder in sauber umrissene technische Probleme abgleite, in technische Feinheiten um ihrer selbst willen. Bei ihr ist das anscheinend nicht der Fall, und ich frage mich, ob das je so war, selbst in ihrer Zeit mit den Scannern.«
»Ich bezweifle es«, sagte Dossignal. »Wegen ihrer Leistungen bei Xavier hat man uns ihre komplette Dienstakte
übermittelt. Zusammen mit all den üblichen Tauglichkeitsdaten, die in ihrem Fall ausdruckslos und farblos und mittelmäßig ausfallen, sind ihre Akademienoten gekommen. Raten Sie mal, in welchen Kursen sie die besten Noten erzielt hat.«
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»Nicht Taktik und Manöver?«
»Nein … obwohl sie auch dort unter die besten fünf Prozent kam. Probieren Sie es mal mit Militärgeschichte. Sie hat eine Analyse des Braemar-Feldzugs verfasst und erhielt daraufhin die Einladung, nach dem Abschluss eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Sie lehnte das ab und bewarb sich stattdessen für die technische Offizierslaufbahn, wo sie niemals überragende Ergebnisse erzielte.«
»Das ist seltsam«, fand Pitak und runzelte die Stirn.
»Es ist mehr als seltsam«, sagte Dossignal. »Es ergibt keinen Sinn. Ich finde in der Datei nicht den geringsten Hinweis darauf, dass man ihr geraten hätte, nicht die Kommandolaufbahn einzuschlagen, obwohl ich in ihren Akten aus der Vorbereitungsschule die üblichen Bemerkungen über eine familiäre Herkunft von außerhalb der Flotte entdeckt habe. Trotzdem hat man sie in die technische Laufbahn versetzt, allein aufgrund ihrer
Bewerbung und ihrer recht durchschnittlichen Ergebnisse.«
»Welche Einschätzung hat man über sie verfasst?«
»Das, was man bei einer Außenstehenden, die sich auch nicht um die Kommandolaufbahn bewarb, erwarten würde … Ich
weiß gar nicht, warum wir uns nach wie vor um solche Kriterien scheren. Falls sich die Personalabteilung je die Mühe machen würde, die Leistungen der Offiziere mit den Vorhersagen in den Personaleinschätzungen zu vergleichen, müsste sie zugeben, dass Letztere nutzlos sind.
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