Heldin wider Willen
Pferd mit den Beinen zum Kanter und schließlich zum Galopp. Wind brannte auf
ihrem Gesicht; ihr Haar flog; sie spürte jedes einzelne Zupfen an der Kopfhaut, und die Kraft das galoppierenden Pferdes unter ihr hob sie über Angst oder Wut hinaus.
Die letzten anderthalb Kilometer legte sie zu Fuß zurück, wie sie es gelernt hatte, und sie lächelte Luci an, die gerade vom Polotraining kam, als sie sich auf dem Feldweg trafen.
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»War es ein schöner Ausritt?«, fragte Luci. »Warst du es, die wir auf den oberen Feldern haben galoppieren sehen?«
»Ja«, sagte Esmay. »Ich denke, ich weiß jetzt wieder, wie man reitet.«
Luci wirkte besorgt, und Esmay lachte.
»Die Abmachung steht, Luci… Ich kehre zur Flotte zurück.
Aber ich hatte glatt vergessen, wie viel Spaß man beim Reiten haben kann.«
»Du … warst anscheinend nicht sehr glücklich.«
»Nein, war ich auch nicht, aber ich werde es wieder sein.
Mein Platz ist da draußen, wie deiner hier ist.«
Sie ritten gemeinsam nach Hause; Esmay brauchte nichts
weiter zu sagen, weil Luci stundenlang über die Talente der braunen Stute und ihre eigenen Pläne reden konnte.
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Kapitel sieben
Das Team von Special Materials Analysis verließ den kommerziellen Liner zusammen mit allen anderen Passagieren auf Comus, insgesamt um die hundertdreißig Menschen. Hier im inneren Territorium der Familias erfolgten Zollkontrollen nur der Form halber. Ein kurzer Blick auf die ID, ein kurzer Blick aufs Gepäck – die gleich aussehenden Aktentaschen und
Reisetaschen, alle mit dem Emblem des Unternehmens.
»Consultants, hm?«, fragte der Zollinspektor, eindeutig stolz auf seine Vermutung.
»Das stimmt.« Gori lächelte den Mann an, schenkte ihm
dieses freundliche, offene Lächeln, das manchmal doch ein bisschen zu erinnerungswürdig war. Arhos fragte sich, ob sie Gori nicht lieber zu Hause gelassen hätten – aber Gori konnte am besten mit solchen Geräten umgehen, war dabei um dreißig Sekunden schneller als jeder andere. Damit steigerte er auch die Gewinne aus dem Flottenvertrag – wenn man hundertmal am
Tag dreißig Sekunden herausholte, waren das insgesamt fünfzig Minuten.
»Was für ein Leben!«, sagte der Zöllner. »Ich wünschte, ich könnte auch als Consultant arbeiten …« Er winkte sie durch.
»Sie denken immer, es wäre besonders reizvoll«, murrte Losa und war leicht genug zu verstehen. »Falls sie die ganze Zeit unterwegs sein und sich zu Hause die Klagen anhören müssten
…«
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»Du brauchtest diese Niete ja nicht zu heiraten«, wandte Pratt ein. Das war ein altes Manuskript, auf dessen Grundlage sie eine Stunde lang improvisieren konnten.
»Er ist keine Niete; er ist nur – empfindsam.«
»Künstler!«, sagte Gori. »Ich weiß nicht, warum intelligente Frauen immer wieder auf Nieten hereinfallen, die sich als kreativ ausgeben …«
Losa reagierte eingeschnappt, etwas, worin sie gut war. »Er ist keine Niete! Er hat drei Arbeiten verkauft…«
»In welchem Zeitraum?«, wollte Gori wissen.
»Schluss damit!«, verlangte Arhos, wie es jeder andere
Manager auch getan hätte. »Das ist unwichtig … Gori, lass sie in Ruhe. Sie hat Recht; die Leute halten unseren Job für besonders toll, und falls sie wüssten, wie er wirklich ist –
ständig unterwegs, endlos lange Arbeitszeiten für Leute, die schon sauer darauf sind, dass sie uns überhaupt anmieten mussten –, dann wäre ihnen klar, auf welchem Holzweg sie sind. Aber keine persönlichen Probleme mehr auf dieser Reise, okay? Wir bleiben schon lange genug hier draußen, auch ohne dass wir es subjektiv für uns noch mehr in die Länge ziehen.«
»In Ordnung«, sagte Gori mit einem Seitenblick auf Losa.
»Ich muss mal kurz hier hinein«, sagte Losa und duckte sich in eine Damentoilette, ohne Gori überhaupt anzusehen. Arhos funkelte Gori an, der die Achseln zuckte. Pratt schüttelte den Kopf. Die beiden jüngeren Frauen waren Technikerinnen, die von einer großen Firma angeheuert worden waren, wo sich
ihnen nicht genug Herausforderungen boten; sie blickten sich jetzt gegenseitig an und trafen zögernd Anstalten, ebenfalls die Damentoilette aufzusuchen.
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»Nur zu«, sagte Arhos. »Wir haben genug Zeit.«
»Sie ist die Empfindliche«, fand Pratt und setzte den Streit auch ohne Losa fort.
»Schluss damit! Es hilft nichts, und wir können ihr nicht vorschreiben, was sie aus ihrem Leben macht.« Der Rest des Teams holte sie inzwischen ein und bildete ein Knäuel in dem Gang,
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