HelHeg-AxoRoa
über Musik und sonst nichts. Also eben über alles. Und nichts. Es hat nichts mit Heterosexualität zu tun.« »Warum kannst du eigentlich nur noch dümmlich lachen, Mifti?« »Es ist auch eine Geschichte über Aids, vergiss das nicht.« »Ich kann einfach nichts anderes mehr zu dieser Situation beitragen als dümmliches Rumgelache. Ich weiß, es wird nie wieder etwas Geileres in meinem Leben geben als Heroin. Alles, was von nun an passiert, werde ich mit diesem morbiden großbürgerlichen Heroinflug vergleichen, der gerade am Start ist. Ich kapiere nicht mal mehr, dass ihr da seid, ihr seid mir alle so scheißegal, in meinem kompletten Leben wird kein einziger Moment mehr an die Perfektion heranreichen, die gerade vorherrscht. Wie lange dauert das noch?« »Ich schätze: allerhöchstens siebzig Minuten.« »Die beste Zeit meines Lebens ist also in siebzig Minuten vorbei?« »Spätestens.« »Wir können dem MDMA-Mann vertrauen. Er ist sich selbst sein bester Kunde. Er ist kein Pferd.« »Hat irgendjemand eine alternative Taxinummer? Hier ist die ganze Zeit besetzt!« »Ach so, krass, ich dachte du hättest vorhin gesagt, dass das MDMA kein Pferd ist, Mann.« »Der MDMA-Mann ist kein Pferd.« »Naja, o. k. Siebzig Minuten.«
20 Uhr 40. Nachdem Ophelia die Wohnungstür hinter sich zugeschlagen und festgestellt hat, dass sich ihr Schlüssel nicht in der Handtasche, sondern auf dem Küchenboden befindet, geben wir uns kurz vor dem endgültigen Aus noch ein bisschen Socializing-Terror. Es wird bei der zweihundertjährigen Nachbarin geklingelt, die uns anstatt mit dem Satz: »Hallo, ich bin zweihundert Jahre alt und habe viel erlebt« in Unterwäsche begrüßt, ein dickes Pflaster auf dem rechten Auge. Es wird sich gegenseitig angeflucht was das Zeug hält, es wird irgendein Kleiderbügel ausgehändigt, den es morgen früh um sieben so zu verbiegen gilt dass er ins Schloss passt, es wird sich im Endeffekt gegenseitig für die zustande gebrachte Notfallnormalität auf die Schultern geklopft, und spätestens ab jetzt steht unleserlich auf der saubreiten, mit hundertvierzig dB in die Scheiße knallende Tanzfläche: Ein Haus, ein Leib und ein Verderben. Anstatt eine alternative Taxinummer rauszufinden, entschließen wir uns in gemeinschaftlicher Ideenvielfalt für einen Mietwagen, weil das ist sowieso irgendwie cool. Foxi kennt da wen in Lichtenberg, wir spazieren also gemächlich und total geistesgestört nach Lichtenberg, es dauert Jahrhunderte, bis wir endlich vor einem im Dunkelgrau der anbrechenden Nacht vor sich hin schimmelnden Autohaus stehen. Über den zurückgelegten Fußweg hat sich ein milchiger Schleier gelegt. Ein dickzahniger Kerl mit unregelmäßigem Bartwuchs steuert mit offenen Armen auf Foxi zu und sagt: »O Mann, das letzte Mal habe ich dich mit angeklebten Rastas gesehen und jetzt trägst du plötzlich schwarze Kurzhaarfrisur, Alter!«
Die beiden nölen sich gegenseitig zu, fünf Meter von uns entfernt neben einem BMWler-Cabrio. Vier Minuten später kommt der Typ dann mit dem Autoschlüssel für den BMW auf uns zu. Weil ich nur noch tue, was man mir sagt, beobachte ich mich plötzlich bei der Eingabe meiner Geheimzahl in den mir ent gegengestreckten EC-Karten-Leser. Mir werden aus einem unerfindlichen Grund hundertsechzig Euro abgebucht. Bevor ich mich schließlich neben Ophelia auf dem Rücksitz kauernd bemühe, Foxi dabei zu beobachten, wie er gleichzeitig den Motor startet und das Dach zurückdingst, sitzen wir noch mal alle zusammen auf einer Bordsteinkante hinter verschiedenen kleinen VWs und ziehen gefühlte drei Kilo Koks weg. Ich merke, wie es inzwischen nicht mehr um die Wirkung geht, sondern nur noch um so eine Art nasale Befriedigung, und gleichzeitig erinnere ich mich auch an die von Ophelia vor wenigen Wochen geäußerte Idee, gegen Suizidversuche immer nur mit einer Kokainüberdosis vorzugehen. Noch bevor man genug konsumiert hat, um ernsthaft daran zu verenden, sollte sich das persönliche Weltbild ihrer Auffassung nach so zum Positiven hin verändert haben, dass man keinen Bock mehr hat drei Tage später unter der Erde von bescheuerten Maden verdaut und wieder ausgeschissen zu werden. Ich habe gesagt: »Kann ich mitmachen bei eurem Club?« Und sie so: »Ja.«
So viel dazu.
Die Hochzeit steigt in einer 400 Quadratmeter großen Wohnung im Westen.Wir haben uns sechs Stockwerke hochgequält und stehen schwer atmend vor einem offenen Türspalt, durch den sich eine vertretbare Bassline
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