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Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)

Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)

Titel: Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Kraus
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eine Ordnungsmaßnahme der Schule geht (etwa die Versetzung in eine Parallelklasse oder den Ausschluss von einer Klassenfahrt). Das kommt die Eltern unter Umständen ganz schön teuer zu stehen. Der Streitwert für ein Abiturzeugnis liegt in der Regel bei 5000 Euro, bei einem Rechtsstreit fallen dann rund 1000 Euro an Gebühren an – die man sich in den allermeisten Fällen hätte sparen können. Denn der Großteil der Klagen wird abgelehnt oder durch Klagerücknahme erledigt. Die Aussichten, dass einer Klage stattgegeben wird, sind sehr gering. Bei den meisten deutschen Verwaltungsgerichten, die angefragt wurden, tendieren diese Aussichten gegen null. Das hat nichts mit der Art der Rechtsprechung der Gerichte zu tun, sondern damit, dass schulischen Entscheidungen in der Regel keine formalen Fehler angelastet werden können.
    Ein besonders beliebtes Feld elterlicher Einmischung sind die Hausaufgaben. Manchmal hat man den Eindruck, Eltern wollen sich mit perfekten Hausaufgaben sowie mit optimalen Vorbereitungen auf den Unterricht und auf Prüfungen ihrer Kinder selbst beweisen. Entgegen dem Grundsatz, dass all dies in die Verantwortung der Kinder, nicht der Eltern fällt, mischen sich Eltern hier über Gebühr ein. Laut erster und zweiter JAKO-O-Bildungsstudie – in Auftrag gegeben vom Hersteller von Spielwaren und Kinderkleidung namens Habermaaß GmbH und durchgeführt von Emnid 2010 und 2012 – geben von den jeweils 3000 befragten Eltern 74 bzw. 77 Prozent an, sie würden gezielt vor Klassenarbeiten und Referaten helfen. Laut Monitor Familienleben 2011 des Instituts für Demoskopie Allensbach meinen 27 Prozent der Eltern, in der Schule werde heute so viel verlangt, dass man die Kinder zusätzlich fördern müsse.
    Eigentlich sollten sich Eltern aus den Hausaufgaben heraushalten. Die Lehrer wollen nicht sehen, wie toll Vater und Mutter eine Matheaufgabe oder eine Übersetzung hinkriegen, sondern Lehrer wollen sehen, wie gut ein Kind mit einer Aufgabe zurechtkommt, um im Bedarfsfall im Unterricht nachzusteuern. Sogar die Kinder selbst wissen darum, dass ein Zuviel an elterlicher Hausaufgabenbetreuung und Hausaufgabenerledigung schädlich ist. In einer Umfrage der Zeitschrift Eltern family vom Oktober 2007 gab das Gros der befragten Schüler an, dass viele ihrer Mitschüler deshalb in der Schule nicht gut seien, weil ihre Eltern ihnen bei den Hausaufgaben immer helfen würden.
    Aufgabe der Eltern ist es, in Absprache mit dem Kind für einen sinnvollen zeitlichen Rahmen zu sorgen, in welchem das Kind seine Schularbeiten ungestört erledigen kann. Hat sich das Kind in einen festen Hausaufgabenrhythmus eingefunden, genügt es, nur noch stichprobenweise zu kontrollieren. Erledigt ein Kind seine Aufgaben aus Nachlässigkeit oder aus Trotz nicht, sollte man es dem Lehrer überlassen, das Kind zur Verantwortung zu ziehen.
    Nicht selten bemitleiden die Eltern ihre Kinder sogar ob deren Hausaufgabenpflichten – oder sie kritisieren die Lehrer, weil sie angeblich zu viel aufgegeben oder den Stoff nicht gut genug erklärt hätten. Dabei wissen manche Eltern, die sich über ein Zuviel an Hausaufgaben beschweren, gar nicht, dass ihr Kind deshalb so lange braucht, weil es die Zeit in der Schule vertrödelt.
    Eltern mischen sich als «pressure group» sogar weit über die Schule hinaus in das Leben ihrer mittlerweile erwachsenen Kinder ein. Ein führendes US-Unternehmen aus dem Bereich «Business-Service-Management» namens «nGenera Corporation» berichtete im Jahr 2007 von «Helicopter Parents in the Workplace». Danach werden Eltern bei Arbeitgebern, Universitäten, ja sogar bei der Armee vorstellig, um für ihre Kinder etwas herauszuholen. Es wird ferner berichtet, dass den Kindern diese Interventionen der Eltern nicht einmal peinlich seien. Manche Eltern verlangten nach der Ablehnung einer Bewerbung sogar eine Mediation unter Beteiligung von Firmenchef, Eltern, Sohn bzw. Tochter und Anwalt. Die Michigan State University stellte im Rahmen einer Befragung von 700 Firmen fest, dass bei einem Drittel der Bewerbungen die Eltern und nicht die eigentlichen Aspiranten die Unterlagen eingereicht hatten. Begonnen hat diese Attitüde laut Autoren bereits in den 1980er Jahren, als die Wunschkinder ab der Zeit der Antibabypille ins junge Erwachsenenalter kamen. Auch für Deutschland berichten Firmen- und Personalchefs davon, dass Eltern ein Schnupperpraktikum in der Firma machen wollten, um zu sehen, ob das die richtige Stelle für

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