Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)
haben selbst einen Karriereeinstieg hinter sich, der massiv von ihren Eltern mitbegleitet war – bis hin zu Vorstellungsgesprächen und Gehaltsverhandlungen. Diese Generation vertraut sehr auf die Eltern, die sie als Helikopter-Eltern kennengelernt hat. Ihre Chefs haben oft das Gefühl, sie müssten weiterhin die Babysitter ihrer Mitarbeiter sein, selbst bei harmlosen Entscheidungen. Sind sie selbst bereits junge Eltern, so setzen sie bei aller Leistungsbereitschaft im Beruf sehr auf Familie. Eine ihrer typischen Fragen lautet nach Alsop: «Warum soll ich bis fünf Uhr im Büro bleiben, wenn mein Kind zur selben Zeit ein Fußballmatch hat?» Jedenfalls sind diese Adultoleszenten Aspiranten für eine neue Generation von Helikopter-Eltern.
Die «Generation Me», die «Generation Ich», stammt aus nahezu denselben Geburtsjahrgängen, sie unterscheidet sich von den Millennials kaum. Das Individuelle ist der «Generation Ich» zur wichtigsten Norm geworden. Während ihre Alten, die 68er oder Spät-68er, (noch) auf Regierungsbänken oder anderen Schaltzentralen in Wirtschaft oder Exekutive sitzen, setzen sie auf Leistung und Erfolg. Sie arbeiten selbst sehr viel und verdienen ordentlich dabei. Recht zutreffend hat die US-Professorin für Psychologie Jean Twenge 2006 die «Generation Me» in einem gleichnamigen Buch beschrieben. Für diese jungen Leute, so Twenge, ist ihr Selbstwertgefühl – nicht ohne einen gewissen Narzissmus – wichtiger als alles andere. Als Eltern sind sie vor allem deshalb äußerst nachsichtig und nachgiebig, weil sie der Überzeugung sind, dass es der nachfolgenden Generation ohnehin erheblich schlechter gehen wird. Auch diese Ich-Generation stellt bestimmt zahlreiche Aspiranten für eine neue Generation von Helikopter-Eltern.
Cora Stephan ist diese Generation nicht geheuer, sie greift sie mehr oder weniger frontal an, indem sie sie in einem Beitrag in der Welt am 2. April 2012 zur «Generation Spießer» ernennt und damit die Sorge verbindet, dass diese «Generation überbehütet» in der Übermacht ist. Der FAZ -Journalist und Buchautor Florian Illies («Generation Golf») fragt sich und seine Leser: Wie sollen neokonservative Jugendliche, die «mit 23 das Leben haben, das unsere Eltern mit 45 führen, eine Gesellschaft innovativ gestalten»?
Spießig verhalten sich aber erst einmal die Eltern, zum Beispiel wenn sie ihren Kindern um jeden Preis einen Vorteil verschaffen wollen. Ein gleichermaßen lustiges und erschreckendes Beispiel dafür ist ein belangloses Ereignis in den USA, über das Zeitungen weltweit berichteten. Zu Ostern 2011 hatte man in Colorado Springs ein großes Ostereiersuchen veranstaltet. Was als Spaß für die Kinder gedacht war, artete völlig aus, weil viele Eltern ausrasteten. Sie übersprangen bereits vor dem Startschuss die Absperrung, weil sie in Sorge waren, ihre Kinder könnten nicht genug Eier erhaschen. Für 2012 hat man diese Aktion übrigens abgesagt.
Wer meint, so etwas könnte in Deutschland nicht vorkommen, der war noch nicht bei Karnevals- und Faschingsumzügen dabei und hat noch nicht miterlebt, wie Eltern für ihre Kinder um die von den «Narren» unters Volk geworfenen Süßigkeiten kämpfen.
Zurück zu den Generationen «Millennials» und «Ich». Basis für das Entstehen dieser beiden verwandten und beinahe Synchrongenerationen war neben der fortschreitenden Entwicklung unserer Gesellschaften zu Wohlstandsgesellschaften das Erziehungsverhalten der Eltern dieser Generationen. Es ist deshalb sinnvoll, gut ein Jahrzehnt zurückzugehen und zu fragen: Wie wurden die heute jungen Erwachsenen und Noch-nicht- oder Bereits-Eltern selbst als Kinder und Jugendliche erzogen?
Der Spiegel gibt darüber für 1999 Auskunft. Danach bezeichneten damals 63 Prozent der Befragten ihre Erziehung als liebevoll, 24 Prozent als liberal, 9 Prozent als streng, 3 Prozent als nachlässig. Ältere dagegen wurden erheblich strenger erzogen. Die Aussage «Ich bin ziemlich streng erzogen worden» bestätigten beim Generationenbarometer 2009 des Allensbach-Instituts 64 Prozent der Befragten, die 60 Jahre und älter waren, aber nur 23 Prozent der 16- bis 29-Jährigen. Von den unter 30-Jährigen gaben 61 Prozent an, dass ihnen ihre Eltern viel Aufmerksamkeit und Zuwendung haben zukommen lassen, bei den 45- bis 59-Jährigen waren es nur 39 Prozent, bei den über 60-Jährigen 34 Prozent.
Der größte Teil der Heranwachsenden, um die 70 Prozent, gibt an, die eigenen Kinder
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