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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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groß.«
    »Wieso?«
    »Weil die andere Hälfte fehlt! Weil du in Athen bleibst.«
    »Hör mal, wenn man dir den kleinen Finger gibt, nimmst du gleich die ganze Hand«, scherze ich, um meine Rührung zu verbergen.
    »Ach was! Du hast mir beigebracht, auch mit wenig auszukommen.«
    Ich weiß, warum sie das sagt. Weil ich ihr das Taschengeld stets in kleinen Dosen verabreichte, um sie nicht zu verwöhnen.
    »Ich hab dich sehr lieb.«
    »Ich hab dich auch lieb, mein Schatz.« Dieses Geständnis rutschte mir heraus, ich hatte das Ehepaar ganz vergessen. Ich höre die Leitung knacken und lege den Hörer auf.
    »Meine Tochter«, sage ich zum Ehepaar Gonatas. »Sie studiert in Thessaloniki und rief an, um mich auf dem laufenden zu halten.« Einerseits, damit sie nicht meinen, daß ich mit meiner Geliebten konferierte, und andererseits, damit das Eis zwischen uns schmilzt. Letzteres gelingt schließlich, da ich sie beide verständnisvoll lächeln sehe.
    »Herr Gonatas, am 15.3.1992 sind Sie nach Budapest gereist.«
    »Richtig.«
    »Können Sie mir sagen, was der Grund für diese Reise war? War es eine Erholungsreise? Eine berufliche Fahrt? Was war es?«
    »Ich bin aus gesundheitlichen Gründen verreist, Herr Kommissar. Ich habe mich einer Nierentransplantation unterzogen.«
    Das war es also. Sie alle waren aufgrund einer Organtransplantation ins Ausland gereist. So erklärt sich auch Petassis Erkrankung an Aids. Sie muß durch eine Bluttransfusion angesteckt worden sein.
    »Transplantationen werden doch auch in Griechenland durchgeführt. Wieso sind Sie dafür nach Budapest gefahren?«
    »Weil wir bereits sieben Jahre auf einen Operationstermin gewartet und alle Hoffnung verloren hatten, Herr Kommissar«, wirft die Frau ein. »Sieben Jahre lang, die wahre Hölle. Und dabei rennen wir zweimal wöchentlich zur Dialyse, und kein Licht war am Ende des Tunnels zu sehen. Gesegnet sei diese Frau. Sie hat uns gerettet.«
    »Welche Frau?«
    »Eines Mittags, als ich gerade aus der Dialysestation kam, sprach mich eine Frau an«, sagt Gonatas. »Das war im November ’91.«
    »Nein, im Oktober war’s. Ich erinnere mich sehr gut daran«, verbessert ihn seine Frau.
    »Na, auch egal. Sie fragte mich, ob ich im Ausland eine Transplantation durchführen lassen wollte. In Budapest, Warschau oder Prag. Für drei Millionen. Eingriff, Klinik- und Hotelaufenthalt, Fahrkarten, alles inbegriffen. Zahlbar in Drachmen in Griechenland. Jitsa und ich setzten uns zusammen und haben darüber nachgedacht. Wenn wir hierblieben, könnte es sein, daß wir noch einmal sieben Jahre warten müßten. So finanzkräftig waren wir schließlich nicht, daß wir nach Paris oder London fahren konnten. Wir ergaben uns in unser Schicksal und sagten zu. Das war meine Rettung.«
    »Wie heißt denn diese Frau?«
    Gonatas wirft seiner Gattin rasch einen Blick zu. Nun schauen mich beide wieder bang und betreten an.
    »Glauben Sie, daß Sie etwas Illegales getan haben?« frage ich mit Unschuldsmiene.
    »Um Gottes willen!« ruft die Frau aus. »Mein Spyros hat seine Gesundheit wiedererlangt, das ist alles!« Offensichtlich weiß sie nichts vom Tod der anderen vier. Denn sonst würde sie begreifen, daß ihr Mann nur durch ein Wunder überlebt hat.
    »Warum sagen Sie mir dann ihren Namen nicht? Weder Sie noch diese Frau haben etwas zu befürchten.«
    »Dourou heißt sie«, sagt Gonatas kurz entschlossen. »Eleni Dourou.«
    Wo habe ich diesen Namen schon einmal gesehen? Ich kann mich nicht entsinnen. »Haben Sie ihre Adresse? Ihre Telefonnummer?«
    »Wir haben gar nichts in Händen«, entgegnet die Frau. »Sie hat unsere Telefonnummer aufgeschrieben und mit uns Verbindung aufgenommen. Sie hat uns die Fahrkarten mit der Buchungsbescheinigung des Hotels und einer Aufnahmebestätigung der Klinik überbracht. Sie setzte uns auch über das genaue Datum unseres Aufenthalts in Budapest in Kenntnis. Alles andere haben wir über das Reisebüro geregelt.«
    »Um welches Reisebüro handelte es sich?« frage ich, obgleich ich die Antwort schon ahne.
    » Prespes Travel . Wir sind im Reisebus hingefahren und mit dem Flugzeug zurückgeflogen. So kam es uns billiger.«
    Ich verharre wortlos und blicke auf das Ehepaar, das mir gegenübersitzt. Sie fuhren nach Budapest, der Mann erlangte seine Gesundheit und sie beide ihren Seelenfrieden wieder. Und jetzt komme ich daher, reiße die alten Wunden wieder auf und streue das Salz des Mißtrauens hinein.
    »In Ordnung, das war’s bereits. Sie können

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