Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
Vom Netzwerk:
nach Hause gehen. Sie müssen sich nicht nochmals herbemühen.«
    Meine letzte Äußerung beruhigt sie wieder, und sie erheben sich erleichtert. Sobald sie den Raum verlassen haben, rufe ich Sotiris herein.
    »Notier dir folgenden Namen: Eleni Dourou. Ich will alles über sie wissen.«
    Ich nehme mir die beiden Namenregister vor. Am 25.6.91 verläßt ein Reisebus Tirana in Richtung Prag. Am 30.6.91 reist Jannis Emiroglou von Athen nach Prag. Am 30.10.91 fährt ein Reisebus von Bukarest nach Budapest. Am 5.11.91 fährt Alexandras Fotiou nach Budapest. Spyros Gonatas, der am 15.3.1992 Athen verlassen hat, ist mit einem Reisebus, der am 6.3.1992 von Bukarest abfährt, in Verbindung zu bringen. Man muß kein großer Philosoph sein, um dahinterzukommen, was vor sich ging. Man schnappte sich ein paar arme Schlucker, Albaner, Rumänen oder Bulgaren, und kaufte ihnen eine Niere ab. Die Albaner brachte man nach Prag, die Rumänen nach Budapest und die Bulgaren nach Warschau. Danach verständigte man den jeweiligen Patienten in Griechenland, der sich daraufhin in Bewegung setzte. Vor Ort entfernte man dem Spender die eine Niere und pflanzte sie dem Patienten ein. Der Grieche kehrte geheilt und der Albaner oder Rumäne mit einer Niere weniger und ein paar Geldscheinen mehr in der Tasche nach Hause zurück. Na schön, vier von fünf haben den Eingriff nicht überlebt, aber es handelt sich schließlich um eine Organtransplantation. Das ist kein Kinderspiel. Im Endeffekt kann jeder, der Einwände vorzubringen hat, in Prag, Budapest oder Warschau Strafanzeige erstatten. In Griechenland kann man gar nichts dagegen unternehmen. Nicht einmal illegale Deviseneinfuhr kann man den Leuten anhängen.
    So weit, so gut. Doch warum wurden die Karajorgi und die Kostarakou umgebracht, gesetzt den Fall, daß diese Leute sie auf dem Gewissen haben? Und warum hat die Dourou keinerlei Spuren hinterlassen? Mag sein, weil sie keine Auseinandersetzungen mit den Angehörigen wünschte, wenn die Patienten den Eingriff nicht überstanden. Aber warum hat dann die Karajorgi sogar jemanden dafür bezahlt, damit er sie mit Informationen über die Fälle von Kinderhandel aus dem Archiv des Polizeipräsidiums versorgte? Was hatten die Transplantationen mit den Kindern zu tun? Man kann diesen Knoten lösen, doch ich weiß nicht wie.
    Mit einem Mal schießt mir ins Gedächtnis, wo ich Dourous Namen schon einmal gesehen habe. Ich hole Karajorgis Aktenordner nochmals aus der Schublade und durchsuche die Kopien der Polizeiberichte. Auf einer hatte die Karajorgi am Rand den Namen ›Eleni Dourou‹ notiert.
    Ich rufe die Antonakaki an und kündige ihr an, daß ich sie sprechen muß.
    »In Ordnung, aber kommen Sie nicht vor sieben, denn vorher bin ich außer Haus.«
    Draußen wütet ein Nordwind, der bereits zwei Blumentöpfe auf dem gegenüberliegenden Balkon umgeworfen hat. Die Alte tritt heraus, um sie wieder aufzustellen. Die Katze sitzt in der Wohnung und sieht ihr durch die geöffnete Tür zu – sie ist doch nicht von allen guten Geistern verlassen und wagt sich wegen zweier lausiger Blumentöpfe hinaus, nur um sich eine kalte Abreibung zu holen!

31
    D ie Antonakaki empfängt mich ganz in Schwarz gekleidet.
    »Ich war gerade an Jannas Grab«, sagt sie zu mir, als wolle sie sich dafür rechtfertigen, daß sie sich während des Trauerjahres auf der Straße herumtreibt.
    Ich nehme auf dem Sofa Platz, auf derselben Stelle wie das letzte Mal. Ich bin hundemüde, und mir steht der Sinn nicht nach einem gemütlichen Schwätzchen.
    »Frau Antonakaki, haben Sie jemals Ihre Schwester von einem gewissen Pylarinos sprechen hören? Christos Pylarinos?«
    »Ist das nicht der Inhaber dieser Reisebürokette? Wir hatten eine Städtereise in seinem Reisebüro gebucht.«
    »Wann haben Sie diese Reise unternommen?«
    »Entweder Ende August oder Anfang September ’90.«
    »War auch Ihre Schwester mit von der Partie?«
    »Ja. Janna, ich und Anna, meine Tochter. Janna hatte ihr eine Reise als Belohnung versprochen, wenn sie die Aufnahmeprüfung für das Medizinstudium schafft. Wir unternahmen eine zehntägige Rundreise nach Wien, Budapest und Prag.«
    Die Erinnerung wühlt sie auf. Sie schnieft, und ihre Unterlippe beginnt wieder zu zittern. »Diese Reise wird mir unvergeßlich bleiben. Und nicht genug mit den Stadtführungen tagsüber, Janna bestand darauf, daß wir auch abends ausgingen. Ich versuchte sie davon abzubringen, einerseits weil ich erschöpft war, andererseits aber

Weitere Kostenlose Bücher