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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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mit Katerina gesprochen«, sage ich zu ihr.
    »Mensch, du hättest sie hören sollen, wie sie sich am Telefon aufgeführt hat, als ich ihr erzählte, daß ich nach Thessaloniki kommen würde. Sie hat sich gefreut wie ein kleines Kind.« Sie blickt mich an und setzt ganz schüchtern hinzu: »Könntest du nicht auch über Weihnachten mitkommen? Dieses Jahr fallen die Feiertage ohnehin auf ein Wochenende.«
    Ich beiße die Zähne zusammen, um nicht ja zu sagen. »Es geht wirklich nicht. Ich kann nicht wegfahren, solange dieser Fall nicht abgeschlossen ist. Kann sein, daß jederzeit irgend etwas Unvorhergesehenes eintritt und man mich stehenden Fußes zurückberuft.« Es dreht sich aber nicht nur um den Fall. Es geht auch um das Fahrgeld und die Hotelkosten, weil wir nicht alle in Katerinas Wohnung übernachten können. Wo kämen wir denn da hin! Dann müßte ich mir ja noch Geld leihen, um Katerina die Unterhaltskosten für den Januar zu schicken.
    Zum Glück läßt meine Miene keinen weiteren Widerspruch zu, und Adriani läßt daraufhin von mir ab. Bevor wir uns zum Abendessen an den Tisch setzen, läutet das Telefon. Adriani nimmt das Gespräch entgegen. »Ein gewisser Sissis«, flüstert sie und übergibt mir den Hörer.
    »Guten Abend, Lambros.«
    »Ich muß dich unbedingt sprechen. Kennst du Zur fröhlichen Einkehr , die Konditorei am Ende der Patission-Straße, deren besondere Spezialität türkische Eiscreme ist?«
    »Ja, klar.«
    »Ich erwarte dich dort in einer halben Stunde, dann darfst du mir einen Luxuseisbecher ausgeben«, sagt er und legt auf.
    Ich erkläre Adriani, daß ich jetzt nicht essen werde, da ich nochmals außer Haus muß. Mein Magen hat sich sowieso noch nicht wieder eingerenkt.
    »Wer ist denn dieser Sissis?«
    »Ein Arbeitskollege«, entgegne ich vage.

32
    W ir sitzen an einem Tischchen an der Fensterscheibe mit Blick auf die Patission-Straße. Sissis ißt seinen Eisbecher, während ich mich mit Sodawasser begnüge. Er kratzt mit dem Löffelchen den Boden der Glasschale dermaßen blitzblank, daß gar kein Abwasch mehr nötig ist.
    »Christos Pylarinos«, sagt er dann zu mir. »Kind politischer Flüchtlinge. Geboren in Prag. Dort aufgewachsen, Studium der Wirtschaftswissenschaften. Mit Parteiangelegenheiten hatte er nicht viel am Hut. Sowie er sein Studium beendet hatte, trat er eine Stelle in einem staatlichen Betrieb an. Ich glaube bei der tschechoslowakischen Fluggesellschaft. Aber das konnte ich nicht eindeutig nachweisen. Er war tüchtig und arbeitete sich rasch aus der mittleren Führungsebene in die höhere vor. In die höchsten Ränge konnte er nicht aufsteigen, weil man dort nur Parteifunktionäre einsetzte. Anfang der achtziger Jahre tauchte er plötzlich in Griechenland auf und eröffnete ein Reisebürounternehmen. Es stellt sich die Frage: Woher nimmt der Angestellte eines Betriebes aus einem Ostblockland das Geld, um in Griechenland ein Unternehmen zu gründen?«
    Er verstummt und blickt mich mit einem pfiffigen Grinsen an. Ich brauche mir nicht lange den Kopf zu zerbrechen, ich begreife sofort, worauf er hinauswill. »Er hat das Geld von den Tschechen.«
    »Genau. Alle Ostblockstaaten gründeten solche Unternehmen in kapitalistischen Ländern, weil sie Devisen brauchten. Einige Staaten gründeten sie via ihre Schwesterparteien in dem jeweiligen kapitalistischen Land, normalerweise jedoch benutzten sie Strohmänner. Pylarinos gehört zu letzteren.«
    »Und wieso sollten die Tschechen einem griechischen politischen Flüchtling vertrauen? Wie konnten sie sicher sein, daß er das Geld nicht in die eigene Tasche wirtschaftete?«
    Sissis lächelt nachsichtig, als spreche er zu einem geistig Behinderten. »Sie verfügten über ein ausgeklügeltes Kontrollsystem. Zunächst einmal stellten sie dem Strohmann einen zweiten Mann an die Seite, üblicherweise einen Parteisoldaten, der ihn rund um die Uhr beaufsichtigte. Außerdem übte die Schwesterpartei im betreffenden Land die Oberaufsicht aus und benachrichtigte regelmäßig die Genossen in der Heimat. Zusätzlich zu all dem behielten sie aber auch noch ein Pfand zurück.«
    »Was für ein Pfand?«
    »Pylarinos’ Vater war vor Jahren gestorben. Seine Mutter lebte jedoch noch. Sie kehrte Anfang 1990 aus der damaligen Tschechoslowakei zurück.«
    »Was soll denn das heißen? Daß sie Pylarinos’ Mutter die ganze Zeit als Geisel zurückbehalten hatten?«
    Sissis zuckt mit den Schultern. »Es geschähe nicht zum ersten Mal, aber Näheres

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