Hellas Channel
an ihn noch an Pylarinos herangemacht. Folglich kann er nicht wissen, daß wir Nachforschungen anstellen. Ob ihm jemand zugeflüstert hat, daß wir die Dourou hoppgenommen haben? Wer bloß? Derjenige, der jede Information weitergibt, solange dafür bezahlt wird? Derselbe, der auch Chourdakis verständigte? Aber andererseits, warum sollte er aus der Versenkung auftauchen, statt in aller Gemütsruhe die Dinge auf sich zukommen zu lassen? Ich wüßte gerne eine Antwort auf all diese Fragen, um mir klarzuwerden, wie ich ihm gegenübertreten soll. Doch ich weiß keine.
»Herr Sovatzis möchte Sie sprechen«, höre ich Thanassis’ Stimme.
Ich trete zur Seite und lasse die beiden herein. Sie gehen voran und nehmen auf zwei Stühlen Platz. Ich folge ihnen in mein Büro nach, ohne ihnen die Hand zur Begrüßung zu reichen.
»Das ist mein Rechtsanwalt, Herr Starakis«, sagt Sovatzis zu mir. »Ich habe heute morgen erfahren, daß Sie meine Schwester festhalten, Herr Kommissar.«
Da ist sie ja, die Antwort auf meine Fragen. Die Dourou ist Sovatzis’ Schwester. Das ist die einzige Antwort, die mir niemals in den Sinn gekommen wäre. Ich lasse sie langsam und genüßlich wie einen Löffel Eiscreme auf meiner Zunge zergehen.
»Wir behalten sie für ein Verhör vorläufig hier.«
»Unter welcher Anklage?« fragt der Rechtsanwalt.
»Wir haben sie nicht unter Anklage gestellt. Noch nicht.« Ich möchte meine Karten nicht aufdecken und setze vage hinzu: »Es war bloß eine Anzeige bei uns eingegangen, daß sie angeblich in ihrem Kindergarten kleine Albaner aufnimmt, die illegal nach Griechenland eingereist und für den Kinderhandel bestimmt sind.«
»Wer hat diese Anzeige erstattet?« fragt Sovatzis.
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Und aus diesem Grund nehmen Sie eine diplomierte Erzieherin fest, die auf völlig legale Weise einen Kindergarten leitet, nur weil irgend jemand Anzeige erstattet?« wirft der Rechtsanwalt ein. »Möglicherweise dient diese Anzeige anderen Zwecken. Vielleicht wurde sie aus Neid, beruflicher Konkurrenz oder bösem Willen erstattet. Sie können es sich aussuchen.«
»Wir haben Frau Dourou ersucht, uns die Namen und Adressen der Eltern, die ihr die Kinder überlassen haben, bekanntzugeben. Bislang hat sie uns keinen einzigen Namen genannt. Sie behauptet, die Eltern kämen nach Griechenland, ließen die Kinder bei ihr und kehrten anschließend wieder nach Albanien zurück.«
»Und das kommt Ihnen seltsam vor in Zeiten wie diesen?« fragt mich Sovatzis höhnisch.
»Es kommt mir unwahrscheinlich vor. Kein Elternteil läßt sein Kind einfach so zurück, ohne nicht einmal eine Telefonnummer für Notfälle zu hinterlegen.«
»Telefone in Albanien, Herr Kommissar?« Sovatzis findet das witzig und lacht. »In Albanien gibt es nicht einmal in den Ministerien Telefone.«
Jetzt lacht auch der Rechtsanwalt. Ich öffne meine Schublade und ziehe Karajorgis Fotografie heraus. Diejenige, die ihn und seinen Busenfreund zeigt, wie sie sich gerade in dem Café eingehend unterhalten. »Kennen Sie diesen Mann?« frage ich, während ich ihm die Fotografie überreiche.
Das Lachen gefriert auf seinen Lippen. »Woher haben Sie diese Fotografie?« fragt er, sobald er sich wieder etwas in der Gewalt hat.
»Ist ja unwichtig, woher wir sie haben. Den Mann, kennen Sie den?«
»Um mit ihm zusammenzusitzen, muß ich ihn wohl kennen.« Er hat seine Kaltschnäuzigkeit wiedergefunden. »Es ist Gustav Krenek, ein sehr guter Freund aus Prag. Ich bin in der damaligen Tschechoslowakei aufgewachsen und habe dort auch studiert. Ich habe dort viele Bekannte.«
»Kannte Ihre Schwester diesen Krenek?«
»Ja. Sie hat ihn kennengelernt, als Gustav nach Griechenland zu Besuch kam.«
»Wir hegen den ernsthaften Verdacht, daß diese Person hinter dem Kinderhandel steckt und daß Ihre Schwester mit ihm zusammengearbeitet hat.«
»Meinen Sie das im Ernst?« sagt er, während er mir die Fotografie zurückgibt. »Gustav Krenek ist ein seriöser Geschäftsmann.«
»Viele seriöse Geschäfte sind nur ein Vorwand für andere Aktivitäten. Sowohl in Griechenland als auch im Ausland.«
»Sie können doch nicht jemanden mit solchen dahingesagten und unbestimmten Anschuldigungen anklagen, ohne irgendeinen konkreten Anhaltspunkt zu haben. Ich verlange, daß Sie meine Schwester sofort auf freien Fuß setzen.«
»Das werden wir tun, sobald wir uns abgesichert haben, daß keine Anklagepunkte gegen sie vorliegen.«
»Wann kann ich meine
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