Hellas Channel
zu.«
»Schön. Schreib einen Bericht über das Ganze.«
»Bericht?«
Er erwartete ein Lob von mir, doch mir geht es einzig und allein um die Rechtfertigung meines Vorgehens. Ich werde seinen Bericht zusammen mit meinem eigenen an Gikas schicken, damit er erkennt, daß ich nicht auf Petratos fixiert bin, sondern auch weiterhin nach Kolakoglou fahnde. Ich möchte, daß er einsieht, daß er mir unrecht getan hat. Darüber hinaus kann er tun und lassen, was ihm beliebt. Thanassis blickt mich nach wie vor verdutzt an. Etwas liegt ihm auf der Zunge, doch er schluckt es hinunter und verläßt mein Büro.
Lustlos, mehr aus Gewohnheit, beiße ich in mein Croissant und schreibe weiter. Ich frage mich, ob ich in der Gegend, in die sie mich verbannen werden, überhaupt Croissants vorfinden werde oder ob ich mich mit einfachen Käsedreiecken werde begnügen müssen. Wahrscheinlich wird Adriani gezwungen sein, mir Stullen zu schmieren, die ich dann in Alufolie verpackt mit zur Arbeit bringen werde.
Als ich gestern nach Hause kam, stellte sie sich schlafend. Ich fand jedoch den Tisch gedeckt und das Essen vor sich hin köchelnd vor. Auch eine Art, mir zu zeigen, daß sie sich, obgleich wir zerstritten sind, um mich sorgt. Ich tat die ganze Nacht kein Auge zu. Sie merkte, wie ich mich neben ihr von einer Seite auf die andere wälzte, doch sie sagte kein Wort. Als ich am Morgen aufstand, schlummerte sie noch, vielleicht weil sie erst spät eingeschlafen war. Bevor ich ging, ließ ich auf dem Tisch das Haushaltsgeld und einen Fünftausender zusätzlich liegen. Keine ganz eindeutige Botschaft: Ich hätte mich ja verzählen können. Ich überließ es ihr, sich einen Reim darauf zu machen.
Ich habe bereits zwei Seiten des Schreibblocks vollgeschrieben und bin gerade beim Schlußabsatz, als Sotiris mein Büro betritt.
»Nicht jetzt«, sage ich, ohne meinen Kopf zu heben, wie ein Gymnasiast beim Verfassen einer Klausur.
»Draußen ist eine junge Frau, die Sie sprechen mochte.«
»Sobald ich fertig bin.«
»Sie sagt, sie sei Janna Karajorgis Nichte.«
Ich höre mitten im Satz auf zu schreiben. Anna Antonakaki ist die letzte, die ich heute morgen erwartet hätte. »Soll reinkommen«, sage ich zu Sotiris.
Sie trägt schwarze enganliegende und in Cowboystiefel gestopfte Hosen, einen grauen Pullover und darüber eine schwarze Lederjacke. In der Hand hält sie eine Plastiktüte. Und wieder beeindruckt mich ihre Ähnlichkeit mit Janna. Mit demselben stolz erhobenen Haupt steht sie da. Nur, daß sie sehr jung ist und sich der Spott noch nicht in ihren Blick eingeschlichen hat. Sie ist bloß kühl und hält sich die anderen vom Leib. Sie steht neben der Tür und blickt mich an. Ich frage mich, ob sie von ihrer Tante auch die Abneigung gegen Männer übernommen hat.
»Kommen Sie, setzen Sie sich.«
Sie setzt sich auf den Stuhlrand und blickt mir direkt in die Augen. »Ich weiß nicht, ob es richtig ist, was ich tue«, sagt sie nach einer kleinen Weile zu mir.
Sie verstummt, als erwarte sie etwas von mir. Vielleicht will sie, daß ich ihr entgegenkomme. Was sollte ich ihr aber sagen? Ich kenne weder den Grund, warum sie hierherkam, noch weiß ich, was sie vorhat. Deshalb lasse ich sie mit ihrem Entschluß allein.
»Ich habe mir die ganze Nacht den Kopf darüber zerbrochen und kein Auge zugetan.«
»Da Sie aber hergekommen sind, heißt das vermutlich, daß Sie sich entschlossen haben, mit mir zu sprechen. Sagen Sie mir also, warum Sie gekommen sind, und dann sehen wir weiter.«
Sie ergreift die Plastiktüte und zieht einen dick verschnürten Aktenordner heraus. Er sieht wie einer von denen aus, die wir in Karajorgis Wohnung gefunden hatten. Sie will ihn mir schon überreichen, als sie es sich noch einmal überlegt und ihn fest umklammert.
»Diesen Ordner hat mir meine Tante gegeben, damit ich ihn ohne Wissen meiner Mutter aufbewahre. Sie sagte, daß ich ihn, falls ihr etwas zustoßen sollte, Martha Kostarakou überbringen sollte.«
Da haben wir die Erklärung für Karajorgis mysteriösen Telefonanruf bei der Kostarakou. Sie wollte, daß die Kostarakou die Reportage mit der Enthüllungsstory sah, damit sie wußte, worum es sich handelte, falls der Aktenordner in ihre Hände gelangen sollte. Und wir durchstöberten Karajorgis Rechner, während das besonders leckere Häppchen sich in den Händen ihrer Nichte befand.
»Gestern, als ich erfuhr, daß die Kostarakou – gestorben ist –«
Das Wort ›ermordet‹ bleibt ihr im Halse
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