Helle Barden
irgendwohin .«
»Ja.«
Mehr oder weniger trockener, schwarzer Schlamm bildete einen Pfad
im Tunnel. Von den Wänden tropfte Schleim, was darauf hindeutete,
daß vor nicht al zu langer Zeit Wasser den Tunnel gefül t hatte. Hier und dort wuchsen große Fladen Schimmelpilze, von denen ein mattes Glü-
hen ausging.*
Knuddel fühlte, wie al e Sorgen von ihm abfielen, als er durch die Dü-
sternis stapfte. Im Boden fühlten sich Zwerge immer besser als darüber.
»Wir finden bestimmt einen Ausweg«, sagte er.
»Ja.«
»Nun… wie bist du zur Wache gekommen?«
»Meine Freundin Rubin sagen, wenn du willst heiraten, so mußte du
haben richtigen Dschob, ich nicht heiraten Troll, von dem Leute meinen,
er sein so dumm wie… wie… wie ein Trol .« Detritus’ Stimme hal te
durch die Dunkelheit. »Und du?«
»Ich habe mich gelangweilt. Arbeitete früher für meinen Schwager Be-
harrlich. Er verdient eine Menge Geld, indem er Zwergenrestaurants mit
sogenannten Glücksratten beliefert. Du weißt schon: Ratten mit kleinen
Zetteln drin, auf denen die Zukunft geschrieben steht.« Knuddel seufzte.
»Meiner Ansicht nach ist das keine richtige Arbeit für Zwerge.«
»Klingt nicht wie anstrengende Tätigkeit.«
»Es fiel mir nicht leicht, dafür zu sorgen, daß die Ratten die verdamm-
ten Zettel schluckten.«
Knuddel blieb stehen. Eine Veränderung in der Luft verriet einen grö-
ßeren Tunnel weiter vorn. Der Schlamm bildete nun eine dicke Schicht
auf dem Boden, in der Mitte floß ein wenig Wasser. Ratten trippelten
* Das Glühen war nicht notwendig. Knuddel gehörte zu einem Volk, das unterirdisches Ambiente bevorzugte, und was Detritus anging: Als nachtaktive Geschöpfe konnten Trolle selbst im Dunkeln gut sehen. Doch in geheimnisvollen Höhlen und Tunneln gibt es immer matt glühende Schimmelpilze, schimmern-de Kristalle oder zumindest ein geisterhaftes Leuchten – nur für den Fall, daß ein menschlicher Held kommt und ein wenig Licht braucht. Seltsam, aber wahr.
durch die Dunkelheit – zumindest hoffte der Zwerg, daß die Geräusche
von Ratten stammten. Er glaubte, sogar durch den Filter des Erdreichs
den dumpfen Pulsschlag der Stadt zu hören.
»Hier ist es wie in einem Tempel«, sagte er, und seine Stimme bewirkte
Echos in der dunklen Ferne.
»Ich sehen Schrift an Wand«, verkündete Detritus.
Knuddel betrachtete die tief in den Stein gemeißelten Symbole.
»›VIA CLOACA‹«, las er. »Hm. ›Via‹ ist ein altes Wort für Straße oder
so. Und ›Cloaca‹ bedeutet…«
Er starrte in die Finsternis.
»Wir sind in der Kanalisation«, sagte er schließlich.
»Kanali-was?« fragte Detritus.
Knuddel zögerte kurz. »Wo deponieren Trolle ihre… Abfälle?«
»Auf Straße«, antwortete Detritus. »Wegen Hügiene.«
»Dies ist eine unterirdische Straße für… Abfälle persönlicher Art«, er-
klärte Knuddel. »Ich wußte gar nicht, daß es in Ankh-Morpork so etwas
gibt.«
»Viel eicht auch Ankh-Morpork nichts wissen davon«, vermutete De-
tritus.
»Mag sein. Dieser Ort ist alt. Wir sind hier sozusagen tief im Bauch der Stadt.«
»In Ankh-Morpork selbst Scheiße haben eine Straße al ein«, staunte
Detritus. »Wahrhaftig Land der unbegrenzten Möglichkeiten.«
»Hier steht noch mehr geschrieben«, sagte Knuddel und strich Schleim
beiseite.
»Cirone IV me fabricat«, las der Zwerg laut. »Er war einer der frühen Könige, nicht wahr? He, verstehst du, was das bedeutet?«
»Seit gestern niemand mehr hiergewesen«, entgegnete Detritus.
»Nein! Dieser Tunnel ist mehr als zweitausend Jahre alt. Wer weiß,
wann hier zum letztenmal jemand durchgegangen ist?«
»Gestern«, sagte der Troll.
»Gestern? Was hat gestern damit zu tun?«
»Fußspuren noch frisch«, meinte Detritus.
Er deutete in eine bestimmte Richtung.
Jemand hatte deutliche Spuren im Schlamm hinterlassen.
»Wie lange bist du schon in der Stadt?« fragte Knuddel. Trotz der
Dunkelheit glaubte er plötzlich, auf einem Präsentierteller zu stehen.
»Neun Jahre. Das die Anzahl der Jahre ich schon leben in Ankh-
Morpork. Neun«, betonte Detritus stolz. »Es sein eine von vielen Zah-
len, die… ich kann zählen.«
»Hast du jemals von Tunneln unter der Stadt gehört?«
»Nein.«
»Aber jemand weiß darüber Bescheid.«
»Ja.«
»Was machen wir jetzt?«
Eigentlich erübrigte sich diese Frage. Sie hatten einen Mann bis zum
Zukunftsschweinlager verfolgt und dafür fast mit dem Leben bezahlt.
Kurz darauf
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