Helle Barden
Zwerg.«
»Oh.«
»Das Innere einer Zwergenwerkstatt ist wie… wie das Innere seiner Kleidung, wenn du verstehst, was ich meine. Die Zwerge hier… sie haben gesagt, daß du dich in der Werkstatt umsehen darfst, solange ich bei dir bin. Aber du sollst nichts anrühren. Sie sind nicht sehr glücklich darüber.«
Ein Zwerg – vielleicht Frau Hammerhock – holte ein Schlüsselbund hervor.
»Ich bin mit Zwergen immer gut zurechtgekommen«, sagte Mumm.
»Sie sind alles andere als begeistert, Hauptmann. Ähm. Sie glauben, wir bringen nichts zustande.«
»Wir geben uns alle Mühe!«
»Vielleicht hätte ich mich etwas klarer ausdrücken sollen. Sie halten uns nicht etwa für unfähig oder so. Derartige Annahmen liegen ihnen fern. Sie bezweifeln nur, daß unsere Ermittlungen Ergebnisse erzielen dürfen.«
»Au!«
»Tut mir leid, Hauptmann«, sagte Karotte, der wie ein umgedrehtes L ging. »Nach dir. Und stoß nicht mit dem Kopf an…«
»Au!«
»Du solltest dich besser setzen und es mir überlassen, mich hier umzusehen.«
Die Werkstatt war lang und niedrig und hatte am gegenüberliegenden Ende eine Tür. Eine große Werkbank stand unter einem Oberlicht… Hinzu kamen eine kleine Schmiede, ein Werkzeuggestell… und ein Loch.
Etwa einen halben Meter über dem Boden hatte sich ein Putzbrocken aus der Wand gelöst, und die Steine darunter waren gesplittert. Risse gingen wie Strahlen von dem Loch aus.
Mumm rieb sich den Nasenrücken. Er hatte heute keine Zeit gefunden, auszuruhen und zu schlafen. Das war ein weiteres seiner zukünftigen Probleme: Er mußte lernen, im Dunkeln zu schlafen. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zum letztenmal des Nachts unter die Bettdecke gekrochen war.
Er schnupperte.
»Hier riecht’s nach Feuerwerkskörpern«, stellte er fest.
»Vielleicht liegt das an der Schmiede«, sagte Karotte. »Außerdem haben Trolle und Zwerge überall in der Stadt mit Böllern herumgespielt.«
Mumm nickte.
»Na schön«, brummte er. »Was sehen wir hier?«
»Jemand hat ziemlich fest an die Wand geklopft«, erwiderte Karotte.
»Das könnte zu jedem beliebigen Zeitpunkt geschehen sein«, meinte Mumm.
»Nein, Hauptmann. Der Putz liegt noch auf dem Boden, und Zwerge halten ihre Werkstätten immer sauber.«
»Tatsächlich?«
Mumm bemerkte einige Waffen auf der Werkbank, die meisten von ihnen erst halb fertiggestellt. Er griff nach einer Armbrust.
»Herr Hammerhock hat ausgezeichnete Arbeit geleistet. Offenbar kannte er sich gut mit Mechanismen und so aus.«
»Er genoß einen hervorragenden Ruf«, sagte Karotte. Vorsichtig betastete er die anderen Gegenstände auf der Werkbank. »Er galt als sehr geschickt. In seiner Freizeit konstruierte er Spieldosen. Er konnte einer mechanischen Herausforderung nie widerstehen. Äh. Wonach suchen wir hier eigentlich, Hauptmann?«
»Keine Ahnung. He,
das
ist wirklich beeindruckend…«
Mumm deutete auf eine Kriegsaxt, die so schwer war, daß er sie kaum heben konnte. Komplexe Muster schmückten die Klinge. Dieses Objekt war ganz offensichtlich das Ergebnis mehrerer Wochen Arbeit.
»Scheint nicht gerade für den alltäglichen Einsatz bestimmt zu sein.«
»O nein«, sagte Karotte. »Das ist eine Grabwaffe.«
»Damit kann man jemanden ohne Zweifel ins Grab bringen.«
»Ich meine, sie dient als Grabbeilage. Jeder Zwerg wird mit einer Waffe bestattet. Sie soll ihn in das… Leben nach dem Leben begleiten.«
»Diese Axt ist ein Kunstwerk! Ihre Schneide – aargh.« Mumm saugte an seinem Finger. »Rasiermesserscharf, die Schneide.«
Karotte wirkte überrascht. »Natürlich. Für den toten Zwerg wäre es kaum von Vorteil, wenn er ihnen mit einer schlechten Waffe gegenübertreten muß.«
»Wem gegenübertreten?«
»Irgendwelchen Halunken, denen er bei seinen Streifzügen im Jenseits begegnet«, entgegnete Karotte ein wenig unbeholfen.
»Ah.« Mumm zögerte. Dieses Thema bereitete ihm ein gewisses Unbehagen.
»Es ist eine uralte Tradition«, erklärte Karotte.
»Ich dachte, Zwerge glauben nicht an Teufel und Dämonen und so.«
»Stimmt. Aber wir sind nicht sicher, ob…
sie
davon wissen.«
»Oh.«
Mumm legte die Axt beiseite und griff nach einem etwa zwanzig Zentimeter großen Ritter. Ein Schlüssel steckte in seinem Rücken. Er drehte ihn – und ließ die Figur fast fallen, als sich ihre Beine plötzlich bewegten. Mumm stellte den kleinen Ritter auf den Boden, und der marschierte steifbeinig los und schwang dabei das Schwert.
»Bewegt sich wie
Weitere Kostenlose Bücher