Helle Barden
sie.
»Ich kenne ein Lokal, wo man ausgezeichnet frühstücken kann«, erwiderte Karotte sofort. »Gimlets Feinkostbude in der Ankertaugasse.«
»Es ist Mittag.«
»Für Mitglieder der Nachtwache genau die richtige Zeit zum Frühstücken.«
»Ich bin praktisch Vegetarierin.«
»Gimlet bietet auch Sojaratte an.«
Angua gab nach. »Ich hole meine Jacke.«
»Har, har«, erklang eine zynische Stimme. 15
Sie senkte den Kopf. Gaspode saß hinter Karotte und versuchte, spöttisch zu blicken, während er sich nahezu verzweifelt kratzte.
»In der vergangenen Nacht haben wir Katzen gejagt«, sagte Gaspode. »Du und ich. Verstehste? Das Schicksal hat uns zusammengeführt.«
»Geh
weg
.«
»Wie bitte?« fragte Karotte.
»Ich meine den Hund.«
Karotte drehte sich um.
»Stört er dich? Ist doch ein lieber Kerl.«
»Wuff, wuff. Keks.«
Karotte klopfte automatisch auf seine Taschen.
»Siehst du?« ließ sich Gaspode vernehmen. »Herr Simpel, stimmt’s?«
»Sind Hunde in Zwergenlokalen erlaubt?« fragte Angua.
»Nein«, sagte Karotte.
»Nur im Backofen«, meinte Gaspode.
»Ach?« erwiderte Angua. »Klingt gut. Gehen wir.«
»Vegetarierin, wie?« grummelte Gaspode und watschelte hinter ihnen her. »Meine Güte…«
»Sei still.«
»Was?« fragte Karotte erstaunt.
»Ich habe nur laut gedacht.«
Mumms Kissen war kalt und hart. Er befühlte es vorsichtig. Das Kissen war kalt und hart, weil es ein Tisch war. Seine Wange schien daran festzukleben, und Mumm wollte gar nicht wissen, was dafür verantwortlich war. Er trug noch immer die Uniform.
Nach einer Weile gelang es ihm, ein Auge zu öffnen.
Er hatte in sein Notizbuch geschrieben und versucht, einen Sinn in den jüngsten Ereignissen zu erkennen. Dann war er eingeschlafen.
Wie spät mochte es sein? Er fand nicht die Kraft, einen Blick auf die Sanduhr am Gürtel zu werfen.
Gekritzelte Buchstaben weckten seine Aufmerksamkeit.
Von der Assassinengilde geschtolen: Gefähr. >
Hammerhock ermordet. Geruch von Foierwerkskörpern. Bleiklumpen. Alchemische Symbole. 2te Leiche in Fluß. Ein Clown. Wo war seine rote Nase? Weg.
Mumm starrte auf seine eigene Handschrift.
Ich bin auf dem richtigen Weg, dachte er. Ich brauche mir keine Gedanken darüber zu machen, wohin der Weg führt; ich muß nur seinem Verlauf folgen. Es gibt immer ein Verbrechen, wenn man nur sorgfältig genug nachforscht. Und die Assassinen stecken irgendwie in dieser Sache drin.
Man gehe allen Hinweisen nach. Man überprüfe jedes Detail. Man sammle Indizien wie Mosaiksteine, um sie nach und nach zu einem einheitlichen Bild zusammenzusetzen.
Ich habe Hunger.
Mumm stand auf, wankte zum Waschbecken und betrachtete sich in dem gesprungenen Spiegel darüber.
Erinnerungen an die Ereignisse des vergangenen Tages tropften durch die klebrige Gaze seines Gedächtnisses. Einen zentralen Platz nahm Lord Vetinaris Gesicht ein. Zorn erwachte in Mumm, als er sich entsann. An die kühlen Worte des Patriziers, mit denen er den Hauptmann aufforderte, sich nicht um den Diebstahl bei der Assassinengilde…
Mumm beobachtete sein Spiegelbild…
Etwas streifte sein Ohr und zertrümmerte das Glas.
Der Hauptmann starrte auf das Loch im Putz, begrenzt von den Resten des Spiegelrahmens. Um ihn herum rieselten Glassplitter zu Boden.
Ein oder zwei Sekunden lang stand Mumm stocksteif.
Dann erkannten seine Beine, daß sich das Gehirn bereits an einem anderen Ort befand, woraufhin sie einknickten und den Körper zu Boden warfen.
Erneut klirrte es, und auf dem Schreibtisch platzte eine halb gefüllte Bärdrücker-Flasche. Mumm konnte sich nicht erinnern, sie gekauft zu haben.
Auf Händen und Knien kroch er zum Fenster und zog sich daneben hoch.
Bilder huschten durch seinen Geist: der tote Zwerg, das Loch in der Wand…
Ein Gedanke entstand im verlängerten Rücken und wuchs von dort ins Gehirn. Die Wände bestanden aus Latten und Gips und waren außerdem ziemlich alt. Wenn man sich
ein wenig
anstrengte, konnte man sie mit dem Finger durchstoßen. Ein Klumpen Metall…
Er ließ sich im selben Augenblick fallen, als es
Plock
machte und neben dem Fenster ein Loch in der Wand erschien. Eine Wolke aus Gipsstaub löste sich nur widerstrebend auf.
Mumms Armbrust lag in der Nähe. Er war kein Meisterschütze, aber wer konnte das schon von sich behaupten? Man zielte und drückte ab. Er griff nach der Waffe, rollte sich auf den Rücken, stemmte den Fuß gegen den Bügel und zog an der Sehne, bis der
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