Hello Kitty muss sterben
leisten.«
»Jack.«
»Jack.«
Sean schob sich eine California Roll in den Mund, während er das kleinere Segelboot und dessen Passagiere an Bord musterte, ein Pärchen – er in fortgeschrittenem Alter, sie sehr jung. Ein März-Dezember-Paar.
Die verführerische junge asiatische Frau warf Sean einen Blick zu und strich sich die langen schwarzen Haare über die Schulter, bevor sie wieder zu ihrem älteren Begleiter schaute, der mit dem Rücken zu uns saß. Sehr jung – so etwa siebzehn oder achtzehn, aber einen auf dreißig machend. Sonnenstudiogebräunt, nicht gebleicht wie Cousine Katie. Lang und geschmeidig, in einem gestreiften Bikini. Das Gesicht mit einer Kruste aus MAC -Make-up überzogen. Rote manikürte Acrylnägel. Sie verkörperte genau das, was Sean hasste.
Mir war unbehaglich zumute, und ich betete, dass sie nicht herüberkäme. Sie tat so, als bemerke sie nicht, dass er sie mit seinem unverwandten, verunsichernden Blick anstarrte.
»Vergiss es, Sean.«
»Vergiss was? Sie hat angefangen.«
Zehn Minuten später kam sie herüber, nichts von der Gefahr ahnend. Man kann dem Wolf keinen Vorwurf machen, wenn das Lamm darauf besteht, ihn zu begrüßen.
»Hallo, nettes Boot!«, sagte sie und klimperte nachdrücklich mit den Wimpern.
»Danke«, erwiderte Sean.
Der Begleiter der Frau erhob sich dort, wo er sich an Deck gerekelt hatte, und drehte sich zu uns um. Ich wünschte, er hätte es nicht getan.
Jack Betner. Mein neuer Seniorpartner, in einem Hawaiihemd mit riesengroßen Tukanen und Shorts, auf seinem Segelboot mit seiner Süßen.
Ich errötete und hoffte, dass er mich in meinem Polohemd und den Shorts nicht wiedererkennen würde. Doch er tat es.
»Sie ist wirklich wunderschön«, sagte er zu Sean, wobei er sich auf das Boot bezog. »Ja, Fiona! Wenn das keine nette Überraschung ist!«
War es nicht.
Dem neuen Boss am Wochenende über den Weg zu laufen ist nie eine nette Überraschung. Ich hätte ein Jack-freies Wochenende vorgezogen, zumal ich ganz bestimmt an all meinen zukünftigen Wochenenden bei Beamer & Hodgins LLP eine Überdosis Jack abbekäme.
»Mr Betner. Jack. Hi, habe nicht gedacht, dass ich Sie vor morgen sehen würde. Sean, das hier ist mein Boss in der neuen Kanzlei, von dem ich dir erzählt habe. Jack Betner.«
»Hi, ich heiße Sean.«
»Schön, Sie kennenzulernen. Fiona, Sie haben mir gar nicht gesagt, dass Sie gern segeln.«
»Nur wenn Sean Zeit hat, mich auf eine Partie mitzunehmen.«
»Das hier ist meine Freundin, Mei«, sagte Jack und legte den Arm um Mei. Jack hatte also einen Asia-Fetisch. Er stand auf Hello Kittys.
»Tja, Fiona, ist das also Ihr …«
»Überfürsorglicher großer Bruder, ja«, warf Sean ein.
Jack und Mei sahen mich an. Und lachten.
»Ja, das stimmt. Ich bin seine Schwester. Sehen Sie denn nicht die Familienähnlichkeit?«, witzelte ich, wobei ich Mei die Hand hinhielt.
»Natürlich. Absolut«, sagte sie.
»Hätten Sie Lust auf einen Drink? Wir haben viel zu viel Wodka und Apfel-Preiselbeer-Saft dabei. Lust auf einen Cosmo, Mei?«, fragte Sean.
»O mein Gott, ich liebe Cosmos.«
»Ja, tut sie«, sagte Jack. »Die Dame hier wird Sie noch um Haus und Hof trinken.«
»Sean, kannst du mir auch einen machen? Ich liebe Cosmos auch«, sagte ich.
»Aber sicher doch, Schwesterchen«, erwiderte er mit einem Zwinkern.
Sean ging unter Deck zur Kühlbox. Nach ein paar Minuten kam er mit den Drinks nach oben. Er streckte den Arm über den Verbindungssteg aus und reichte Jack und Mei die Drinks. Auf einmal rümpfte Jack die Nase und schnupperte.
Der Geruch nach totem Eichhörnchen war immer noch da.
Der schlechte, süßliche Duft nach Fäulnis. Der Geruch, an den ich mich auf dem Weg zu der Insel gewöhnt hatte. Der Geruch, der ein wenig nachgelassen hatte, als Sean seine biologisch abbaubare Fracht in die Bucht entladen hatte, der aber immer noch wahrnehmbar war. Mir drehte sich der Magen um. Ich sah Jack an, wie Sean mich angesehen hatte, als hätte ich gerade eben mitten in einer wichtigen Mandantenbesprechung laut gefurzt.
Doch Jack hustete nur und nippte an seinem Cosmo.
»Guter Drink. Chopin Wodka, Sean?«
»Aber selbstverständlich. Alles andere ist Mist.«
Jack lachte und achtete nicht auf den Furzgeruch, den Geruch nach Tod und Zerfall. Mei kicherte vor sich hin und leerte ihren Drink in ein paar Zügen.
»Bitte, Herr, kann ich noch etwas mehr haben?«, fragte sie, wobei sie versuchte, ihr Kichern im Zaum zu halten.
»Mehr?«,
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